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Herr Beckmann, der ARD-Vorabend ist in Bewegung. Seit vergangener Woche steht fest, dass der „Marienhof“ verschwindet und die „Verbotene Liebe“ ausgedehnt wird. Wie kam die Entscheidung genau zustande?

Die Entscheidungen bei „Marienhof“ und „Verbotene Liebe“ waren der erste Schritt, den „Tanker“ Vorabend in eine völlig neue Richtung zu lenken. Eine Leitfrage dabei war, wie viele Soaps wir in der ARD brauchen. Es gab mit „Eine für alle“ vor rund zwei Jahren auch Versuche, ein weiteres Format an den Start zu bringen. Das hat nicht funktioniert und war damit auch eines von vielen Indizien dafür, dass der Markt an Soaps derzeit deutlich übersättigt ist und uns keine neue Perspektive für den Vorabend liefert. Nun werden wir uns  mit „Verbotene Liebe“ auf eine einzelne starke Marke konzentrieren und glauben, dass das noch einmal neue Impulse geben kann. Das Hauptziel für uns bleibt aber nach wie vor die Beschäftigung mit regionalen Krimis.

Ist die Verlängerung der „Verbotene Liebe“ zunächst ein Provisorium, oder könnte es ein langfristiges Programmelement sein?

Nichts ist für die Ewigkeit, aber alles, was funktioniert, wird man gerne weiterführen wollen. Ich bin zuversichtlich, dass sich die Serie in der neuen Form gut entwickeln wird. Es gibt hier zwei Komponenten: Die Konzentration auf eine einzige Marke ist in einem übersättigten Markt das Gebot der Stunde. Es gibt auch einen finanziellen Aspekt, denn es ist günstiger, eine lange Soap zu herzustellen, als zwei kurze. Das Geld, das wir hier sparen, hilft uns, ein oder zwei regionale Krimis mehr zu finanzieren. Deswegen ist es auf Umwegen auch eine Entscheidung zu mehr regionaler und hochwertiger, repertoirefähiger Krimi-Produktion.

Die derzeitige Besetzung der beiden späteren Sendeplätze am Vorabend wurde aus der Not heraus geboren. „Das Duell“ war eine Übergangslösung nach dem Weggang von Jörg Pilawa und konnte sich etablieren. Wie geht es hier weiter?

Beim "Duell" gab es die positive Entwicklung, dass es die vorherigen Marktanteile nahezu verdoppelt hat. Wir werden im neuen Jahr eine neue Dramaturgie für die Sendung entwickeln, um nicht mehr mit Doppelfolgen arbeiten zu müssen. Zusätzlich werden wir ein zweites Quiz an den Start bringen. Am Ende wird man sehen, welche Formate sich durchsetzen.  Die Show-Unterhaltung wird vielfältiger am Vorabend.

Ist es für Programmmacher nicht frustrierend, wenn sich nach all der Arbeit, die am Vorabend geleistet wurde, ein kurzfristiges Provisorium besser etablieren kann?

Wir wollen aber mehr erreichen als wir jetzt haben! Wir wollen eine komplette Kurskorrektur. Alles, was wir tun, mündet in eine neue Struktur. Wir wollen, dass der Vorabend und das übrige Programm des Ersten stärker miteinander in Verbindung treten und dass wir auch Verzahnungen zu den regionalen Dritten schaffen. Bisher wurden die Vorabendprogramme – mit dem „Großstadtrevier“ als  Ausnahme – auch nur im Vorabend gezeigt. Das wird sich ändern. Hin zu einer gemeinsamen Programmentwicklung.

Das Grundkonzept regionaler Krimi wurde kürzlich als „Crime and Smile“ konkretisiert. Was darf man sich darunter vorstellen?

Die ARD hat eine große Stärke in der Serienkompetenz, die wir künftig auch wieder im Vorabend ausspielen wollen. Es wäre töricht, die Stärke in der regionalen Ausprägung, die wir nachweislich jeden Sonntag mit dem „Tatort“ belegen, nicht auch an anderer Stelle zu nutzen. Wenn wir in der fiktionalen Farbe dann auch noch das Thema Humor etwas stärker herausarbeiten als andere Sender, dann haben wir ein Format, das zum Vorabend passt und von dem wir hoffen, dass es mit etwas Zeit und Feinjustierung sehr stark werden kann. Es wird aber – und das muss ich immer wieder betonen – ein Prozess sein, der über mehrere Jahre gehen wird.

Also der endgültige Abschied davon, mit etwas hilflos anmutetenden Formaten wie „Bruce“  und Kuppelshow das private Programm zu kopieren?

Der Erfolg einer ARD-Marke im Gesamtmarkt korreliert mit einem Erfolg in der jungen Zielgruppe. Wir werden vom Markenkern des Ersten ausgehend Programme für jüngere Zielgruppen präsentieren. Mit „Tatort“, „Mord mit Aussicht“, „Tagesschau“ und „Sportschau“ haben wir bereits Sendungen, die beim jungen Publikum hervorragend funktionieren.