Nun fällt der Feedback-Tenor der Followerschaft nicht immer positiv aus. Lernt man im Umgang mit direkter, unmittelbarer Kritik auch etwas über die eigene Toleranz oder die Toleranz anderer?
Da kann ich eine Geschichte erzählen, die ich indirekt mit Justin Bieber erlebt habe. In einer Moderation hatte ich mich leicht ironisch über ihn geäußert. Ein Bubi, der damals noch nicht im Stimmbruch war, seine lustige Frisur etc. Danach habe ich bei Twitter regelrechte Morddrohungen erhalten. Die Fans haben mich so beschimpft, wie ich es vorher noch nie erlebt hatte. So habe ich schon gemerkt, dass das auch wirklich eine Welle auslösen kann.
Wie reagieren Sie auf solche Art von Kritik?
Was die Justin Bieber-Geschichte angeht, habe ich mich auch beraten lassen und überlegt, wie ich darauf reagieren kann. Soll ich es einfach stillschweigend hinnehmen oder lieber veröffentlichen und somit andere darauf aufmerksam machen? Letztendlich habe ich mir einen ganz extremen Tweet herausgesucht, diesen veröffentlicht und kommentiert. Da ist die Stimmung gekippt. Viele Bieber-Fans zeigten sich erbost über die Kommentare ihrer Gruppe und haben mit mir den Dialog zu diesem Thema gesucht. Letztendlich habe ich hoffentlich erreicht, dass sich manche Jugendliche Gedanken gemacht haben, ob es in Ordnung ist, so etwas zu schreiben. Man muss sich schon wehren und darauf aufmerksam machen, dass das so nicht geht. Genauso wenig wie wir Gewalt auf der Straße tolerieren, dürfen wir bei verbaler Gewalt im Internet wegschauen. Das ist leider das Mobbing unserer Zeit.
Die schöne neue Kommunikationswelt und ihre Schattenseiten...
Twitter und auch Facebook bergen, was das angeht, eine große Gefahr für Jugendliche, die die Distanz dazu nicht mehr wahren können. Du kannst Leute über solche Plattformen anonym beschimpfen, beleidigen, mobben – wir mussten leider sogar über einen 13-jährigen Jungen berichten, der sich deswegen das Leben genommen hat. Bei solchen Sachen bekomme ich eine Gänsehaut. Gerade für Jugendliche, die die Bedeutung von anonymen Kommentaren noch nicht richtig reflektieren können, kann das sehr, sehr belastend sein. Es muss Grenzen geben, auch und gerade im Internet! In meiner Vorbildfunktion, die ich sehr ernst nehme, kann ich dazu beitragen. Ich trage in diesem Sinne durchaus Verantwortung und bin mir dessen wohl bewusst.
Man merkt, dass Sie sich intensiv mit dem Thema beschäftigen - mit seinen guten und schlechten Seiten. Jetzt gibt es aber auch TV-Kollegen, die das Web2.0, insbesondere Twitter und Facebook, generell verfluchen. Was würden Sie diesen Kollegen entgegenhalten?
Da sollten die Skeptiker ein bisschen toleranter sein! Als Telefon oder E-Mail erfunden wurden, gab es auch Leute, die sich diesen Dingen verweigert haben. Briefe schreiben sei doch das einzig wahre. Ich glaube jedoch, dass man sich solchen Dingen nicht verschließen darf. Unsere Welt entwickelt sich weiter und solche neuen Phänomene tauchen eben auf. Twitter und Co. haben doch nicht nur negative Seiten, siehe Ägypten, wo sich die jungen Leute auf diesem Wege zum Widerstand zusammenschlossen und zur Veränderung ihrer Gesellschaft beitragen konnten. Es gibt immer Vor- und Nachteile. Man muss nur halt daran arbeiten, dass letztere geringer werden und auf die Gefahren aufmerksam machen. Es passiert so oder so. Da ist es schlimmer, wenn man sich nicht damit auseinandersetzt und sich somit der Verantwortung entzieht.
Frau Panghy-Lee, herzlichen Dank für das Gespräch.