Bei der Zukunft des Fernsehens im Web sprachen vor drei Jahren alle von Joost. Zattoo galt als altmodisch. Jetzt ist Joost längst vom Markt verschwunden, Zattoo gibt es noch. Was haben Sie besser gemacht?

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Zattoo und Joost war, dass wir sowohl die Rechtesituation der Broadcaster als auch die Bedürfnisse der Werbekunden besser verstanden. Für beide Gruppen haben wir länderspezifische Angebote entworfen: Zum einen bieten wir je nach Land unterschiedliche Sender an und zum anderen können unsere  Werbekunden, die im Umfeld unseres FreeTV-Angebots werben, länderspezifisch buchen. Die von Ihnen erwähnten Wettbewerber versuchten einen internationalen, globalen Markt zu schaffen.

Was ist das Ziel von Zattoo?

Wir wollen das populäre, lineare Fernsehen auf moderne Endgeräte transportieren und damit den starken Sendermarken zur Sicherung und Ausweitung ihrer Reichweite auf neuen Verbreitungswegen verhelfen. Ein stetig zunehmender Anteil der Generation „digital natives“ konsumiert Medieninhalte im Wesentlichen über das Internet. Wir wollen den Sendern helfen, den Kontakt zu diesen Nutzern zu halten, in dem wir das bekannte und bewährte lineare live TV auf genau solche Endgeräte bringen, auf denen verstärkt Medieninhalte konsumiert werden. Statt ein neues User-Verhalten mit neuen Formaten erschaffen zu wollen, ermöglichen wir das bekannte und beliebte Fernsehen auf alternativen, bequemen Wegen. Das ist aus unserer Sicht das bessere Geschäftsmodell, weil es sich an den aktuellen Interessen und Gewohnheiten der Nutzer orientiert und nicht an eher wagen Vorstellungen und Visionen.

Nur die beiden großen deutschen Sendergruppen sind davon noch nicht überzeugt - und fehlen im deutschen Zattoo-Angebot. Ist man in Gesprächen oder haben Sie sich damit abgefunden?

Abgefunden haben wir uns damit nicht. Natürlich hätten wir gerne die beiden großen privaten Sendergruppen in unserem deutschen Kanalangebot. Und natürlich ist das Fehlen dieser Sender für uns ein großes Wachstumshindernis in Deutschland. Zattoo hat den Sendern gute Angebote vorgelegt. Offenbar ist es für sie interessanter, selbst Distributionswege zu bauen, um ihre Kontrolle auszuweiten. Wobei ich mich nicht  Spekulationen hingeben möchte, was die Beweggründe der genannten Sender betrifft. Mit beiden Häusern sind wir immer wieder in Gesprächen. Wir sehen eine Reihe von Möglichkeiten gemeinsam Business-Modelle zu finden von denen alle profitieren, nicht zuletzt die Zuschauer. Im Augenblick ist allerdings noch keine Einigung absehbar.

Aber sie haben da Ausdauer?

Was die Ausdauer betrifft so hat Zattoo diese in den letzten Jahren bereits unter Beweis gestellt.  Auch Zattoo ist durch schwere Jahren gegangen in denen von uns viel Pionierarbeit im Bereich Live WebTV entlang der gesamten TV-Wertschöpfungskette geleistet wurde. Durch die in den letzten Monaten intensiver geführte Diskussion der Verschmelzung von Internet und TV haben sich die Marktbedingungen für uns klar verbessert. Im vergangenen Jahr haben wir  gezeigt, dass das Geschäftsmodell von Zattoo funktioniert - sowohl in der Schweiz als auch den  anderen Ländern, in denen wir aktiv sind. Darauf sind wir stolz, weil es zeigt, dass man mit einer derzeit im Wesentlichen noch werbefinanzierten Plattform im Internet schwarze Zahlen schreiben kann.

Die Kritik der deutschen Privatsender hat sich bislang an den von Zattoo eingeblendeten Werbespots beim Umschalten entzündet. Ist das kein berechtigter Einwand?

Mit Blick auf die Distribution von TV-Signalen verstehen wir uns als Kabel- oder IPTV-Betreiber. Allerdings kann der Kunde bei uns entscheiden, ob er mit seiner Aufmerksamkeit bei den Werbespots oder mit einer monatlichen Gebühr für unseren Service zahlt. Und selbstverständlich zahlen wir an unsere Rechtegeber entsprechende Gebühren, sei es an Verwertungsgesellschaften oderdirekt an die Sender. Wir verstehen uns ganz klar als Partner der Sender bei der Monetarisierung von linearen TV-Inhalten. Argumentationen, wir würden uns am Content der Sender bereichern, sind für mich nur insofern nachvollziehbar, als dass unser Geschäftsmodell natürlich auf der Verbreitung der von den Sendern bereitgestellten Inhalten beruht. Diese Logik würde dann aber auch für Kabelnetzbetreiber und sogar für die Sender an sich gelten, denn auch die Sender bauen ihr Programm um die von Dritten produzierten Inhalte herum.