Herr Herres, wie lange wird es im September dauern, bis sich der erste ARD-Vertreter aus der zweiten oder dritten Reihe in der Presse negativ über Günther Jauchs Polittalk äußern wird?

(lacht) Ich glaube das gehört zum Wesen der ARD. Es gibt kein Angebot, dass so intensiv diskutiert wird wie Das Erste Deutsche Fernsehen, sowohl in der Öffentlichkeit als auch intern. Das zeigt erstens, dass das Programm viele Menschen und darunter auch viele Kritiker beschäftigt und es zeigt, dass wir intern lebhaft sind, dass wir miteinander über den besten Weg streiten. Das finde ich sehr positiv.

Das kaufe ich Ihnen jetzt nicht ganz ab, bei den kuriosen Einwürfen, die da von Hinterbänklern kommen...

Man darf sich nicht beirren lassen von manchmal auch recht harschen Einzelkritiken, sondern man muss immer im Blick behalten, ob die Gesamtausrichtung stimmt. Aber man kann aus jeder Diskussion eigentlich nur klüger hervorgehen.

Wollen wir denn mal auf die Schlagzeilen der Presse nach der ersten Sendung wetten? Da dürfte viel Erwartbares dabei sein...

Ich hoffe nicht, dass die Urteile von Journalisten vorgefertigt sind, sondern dass sie sich ihr Urteil im Angesicht der realen Sendung bilden. Aber ich bin mir ganz sicher, dass die neue Sendung von Günther Jauch bei uns große Aufmerksamkeit und große Resonanz finden wird. Günther Jauch ist einer der ganz Großen im Fernsehen. Aber man muss sich die Sendung erstmal on air entwickeln lassen. Jeder, der etwas Neues macht, muss sich erst einmal mit der Sendung, mit dem Sendeplatz vertraut machen. Das ist ein ganz normaler Prozess.

Ist es denn überhaupt etwas Neues, was Günther Jauch am Sonntagabend machen wird?

Wir werden das Fernsehen nicht neu erfinden. Sonntags nach dem Krimi ist ein etablierter Sendeplatz im Ersten Deutschen Fernsehen, auf dem wir mit einer im Kern politischen Gesprächssendung seit Jahren riesigen Erfolg haben. Das Neue wird sein, dass Günther Jauch als Gastgeber auftritt. Herr Jauch hat seine ganz eigene Art Fernsehen zu machen und mit Menschen umzugehen. Das ist neu auf diesem Sendeplatz.

Mit Jauch und der neuen Talkschiene sowie dem neuen Vorabend dürfte die nächste Saison anstrengender werden als die vergangene...

Sie wird zumindest spannend, weil wir dann sehen, wie das, was wir an Veränderungen jetzt vornehmen im Markt vom Publikum angenommen wird. Denn wir haben ja eine ganze Reihe von Veränderungen. Mit dem Start von Günther Jauch wird ein neues Programmschema in Kraft treten, das Veränderungen an fast jedem Wochentag mit sich bringt. Das ist mutig und wird ja offensichtlich nicht nur von uns selbst mit Spannung verfolgt.

So wird es sein. Ist man nach drei Jahren Programmdirektor des Ersten eigentlich noch Programmmacher oder längst Diplomat?

Ich verstehe mich in erster Linie als Programmmanager. Es ist die Hauptaufgabe eines Programmdirektors des Ersten Deutschen Fernsehens, mit neun Landesrundfunkanstalten ein möglichst qualitativ hochwertiges, attraktives und erfolgreiches Programm anzubieten. Das ist ein Gesamtkunstwerk. Aber wenn Sie das Stichwort Diplomat nennen – natürlich betrachte ich mich in diesem Sinne auch als  „Inkarnation von Gemeinsinn“ in der ARD. Die Interessen der Häuser sind gelegentlich divergierend. Aufgabe des Programmdirektors ist es, mit den neun Landesrundfunkanstalten immer wieder den bestmöglichen Konsens zu suchen. Diplomatie schadet da nicht, Seelenschwielen auch nicht. Ich halte es mit Antoine de Saint-Exupéry: Für mich ist die ARD-„Gemeinschaft nicht die Summe von Interessen, sondern die Summe an Hingabe.“

Schalten Sie denn dann im Sommerurlaub ihr Handy aus? Oder muss das Hotel WLAN haben, weil man in der ARD sonst zu viel verpasst?

Ich bin jemand, der sehr kommunikativ ist und der viele elektronische Möglichkeiten nutzt. Ich habe unheimlich viel Spaß an meinem Job und bin mit Leidenschaft Programmdirektor gewesen. Ich will gar nicht oft abschalten. Dafür bin ich einfach viel zu neugierig, will wissen was los ist, wie das Programm läuft und welche Reaktionen daraus resultieren. Selbst wenn ich Urlaub mache, würde es mir schwer fallen zu sagen, ich kümmere mich gar nicht drum.

Wie sieht es also aus mit WLAN oder Handyempfang?

WLAN muss nicht sein, aber Handyempfang wäre gut.