Herr Holtmann, die RTL-PayTV-Kanäle feiern fünften Geburtstag. Sind die Sender inzwischen erwachsen geworden?
Sie hatten ja gerade zehnten Geburtstag, wir jetzt unseren fünften Geburtstag. In dem Alter ist noch niemand erwachsen (lacht). Aber wenn man über so viele Jahre ein Projekt betreut, sie werden das auch kennen, dann entwickelt man ja fast väterliche Gefühle. Also lassen Sie es mich so sagen: Die Kleinen haben sich gut entwickelt. Wir sind genau im Plan. Die Sender sind profitabel, da kann man stolz drauf sein.
Profitabel sein ist das vorrangige Ziel, aber sicher als Programmveranstalter nicht das einzige, nehme ich an...
Es gibt unterschiedliche Ziele. Natürlich zum einen ein wirtschaftliches Ziel, dass man mit dem Sender profitabel ist. Das haben wir als Voraussetzung für eine gute Programmentwicklung erreicht. Ein weiteres Ziel ist natürlich das programmliche. Wir wollen ein gutes Programm machen, auf das man stolz sein kann. Es muss die Zielgruppen erreichen für die wir senden. Wir sind anders als die große Schwester RTL eben Zielgruppen-Fernsehen. Das Programm ist nischig, aber genau da funktioniert es sehr gut. Und dann gibt es noch ein drittes strategisches Ziel innerhalb der Mediengruppe RTL Deutschland. Da geht es darum, neben dem werbefinanzierten FreeTV ein weiteres Standbein mit einer konstanten Erlösquelle zu etablieren. Das haben wir geschafft, wenn auch zugegebenermaßen im Vergleich zum FreeTV noch ein eher schmales Standbein.
Und Sie ermöglichen innerhalb der Sendergruppe eine zusätzliche Verwertung von Senderechten, die schon in der Gruppe liegen. Zum Beispiel Serien, die im Rahmen von Output-Deals zur Familie gehören aber keinen Platz im FreeTV finden...
Das ist natürlich auch ein Aspekt. Man hat in Output-Deals oft gute Serien, deren Zielgruppe aber zu spitz ist fürs FreeTV. Da haben wir besonders mit RTL Crime eine Verwertungsmöglichkeit für diese Rechte geschaffen. Sie waren ja gerade bei den International Emmys und wissen, wie viel gutes Fernsehen es da draußen gibt, das vielleicht nicht mal aus den USA kommt und nur selten den Sprung ins FreeTV schafft. Es gibt starke Serien aus Belgien, Kanada, natürlich viel aus Großbritannien. Diese werden im FreeTV bei uns in Deutschland oft nicht gezeigt. Das wiederum bietet uns die große Chance, damit eine Nische erfolgreich zu besetzen. Dafür ist PayTV wie gemacht.
Welches Ihrer drei Kinder brauchte denn die meiste Aufmerksamkeit in den ersten fünf Jahren? Wo musste am meisten getan werden seit dem Start?
Wir haben eigentlich am Markenkern der drei Sender nichts geändert. Aber man lernt mit den Jahren innerhalb der klaren Positionierung, was besser funktioniert und was weniger. Bei RTL Crime dürfen z.B. die Crime-Dokus tendenziell schräger und auch mal härter sein, um sich auch von den Crime-Dokus abzuheben, die man im FreeTV zu sehen bekommt. Bei Living hat sich nicht viel geändert. Bei Passion haben wir anfangs allein auf Soaps und Telenovelas gesetzt. Da haben wir das Programm dann um Kostümfilme und Bollywood-Filme ergänzt. Wir bleiben beim Thema Liebe und Intrigen, aber haben auch hier Produktionen aus nicht so beachteten Märkten hinzugenommen.
Aber bei RTL Living sind Sie doch zur Nachjustierung gezwungen, weil viele der Service-Formate, die sie aus dem FreeTV übernommen haben, dort gar nicht mehr laufen: „Einsatz in vier Wänden“, „Voxtours“, „Wolkenlos“ und „Mein Garten“ beispielsweise.
Wir waren am Anfang natürlich sehr froh, dass wir in den Programmen von RTL und VOX zahlreiche Formate gefunden haben, mit denen wir das Programm von Living aber auch RTL Crime unterstützen konnten. Denn während es die Zuschauer gibt, die vielleicht wie Sie das Neueste vom Neuen sehen wollen, funktioniert im PayTV auch im wirtschaftlichen Sinne nur eine Mischung aus Premieren und bewährten Programmen, deren erneute Verfügbarkeit und vielleicht intensivere Programmierung für manche Abonnenten auch ein wichtiges Kriterium ist. Aber inzwischen kommen rund 40 Prozent des Programms von Living bereits von außerhalb der Mediengruppe RTL. Der Anteil an Einkäufen auf dem freien Markt nimmt bei einem neu gestarteten Sender naturgemäß erst mit der Zeit zu, weil sie erst einmal ein Gefühl dafür bekommen müssen, was funktioniert und was nicht. Außerdem dauern das Screening fremder Märkte, die Einkaufverhandlungen, die Vertragsabwicklung und vor allem die aufwändige deutsche Synchronisation sehr lange, so dass es manchmal viele Monate dauert, bis die ganz neuen Programme dann On-Air gehen können.