Aber für 2012 gilt dann sicherheitshalber: Nur Kurztrips?
(lacht) Ich sorge mich aber weniger um meine Reiseaktivitäten. Aber à propos Kurztrips: Wir glauben an den Standort Köln und NRW, aber es gibt notfalls genügend andere Gelegenheiten auch anderweitig Arbeit und Kapital zu investieren. Und hinsichtlich des Aufbaus neuer Studiokapazitäten prüfe ich selbstverständlich Anfragen, wenn es für uns am Heimatstandort keine Wachstumsperspektive gibt. Trotz Überkapazitäten gibt es sicherlich noch einige Erfolg versprechende Regionen: Unterföhring zum Beispiel ist ebenfalls ein sendernaher und dadurch interessanter Standort.
Dass es in Unterföhring keine entsprechenden Kapazitäten gibt, wundert mich ohnehin seit Jahren. Genügend Produktionsfirmen und Sender sitzen ja in Unterföhring bzw. München...
Diesen Gedanken trage ich schon länger mit mir herum, ob ich mir Unterföhring einmal näher anschaue. Aber die Frage ist, ob man das Risiko alleine trägt oder gemeinsam mit Sendern und Produktionsfirmen Investitionen tätigt und den Standort weiterentwickelt. Ich werde sicher nicht mit einem solchen Großprojekt die hochsolide Entwicklung der nobeo gefährden, nur um unbedingt einen zweiten Standort aufzubauen. Ich wiederhole: Da liegt mir das Wachstum in NRW näher. Aber wenn jemand von außerhalb NRWs kommt und die MMC übernehmen sollte, dann würde sich der Wettbewerb unter den Standorten so verschärfen, dass man die anderen Optionen in Betracht ziehen muss.
Nochmal zurück zur Nobeo selbst: Was hat sich denn in den drei Jahren unter Ihrer Führung geändert?
Als ich kam, habe ich ein gut laufendes Studio-Geschäft vorgefunden, aber auch Schwächen ausgemacht. Ohne ins Detail gehen zu wollen, gehörte dazu sicherlich das kaum genutzte Außengelände. Das konnten wir nun endlich bei diversen Produktionen mit einbeziehen. Zudem gab es einige Bürokapazitäten mit Leerständen. Besonders gefreut haben wir uns natürlich, dass wir 2010 Filmpool, sprich MME bzw. All3Media, mit ihrem Hauptsitz auf unserem Gelände ansiedeln durften. Aber wir haben auch zahlreiche weitere, etwas kleinere Produzenten gewonnen, die das Umfeld der nobeo für sich nutzen. Außerdem wurde fast gleichzeitig mit meinem Start unser HD-Ü-Wagen fertig gestellt und auch aufgrund meiner beruflichen Vergangenheit als WIGE-Vorstand wurde spekuliert, ob nobeo sich jetzt zur Ü-Wagen-Firma entwickeln werde. Ich habe immer gesagt: Für mich gibt es nicht entweder oder! nobeo ermöglicht Fernsehproduktionen, egal wo und wie sie realisiert werden. Wir richten uns dabei nach dem Markt und unseren Kunden. Wir produzieren Mario Barth im Berliner Olympiastadion genauso, wie eine „Wok WM“ oder die Champions League. In diesem Jahr haben wir die komplette technische Umsetzung von „Die Alm 2011“ für ProSieben übernommen und stehen mit unserem Ü-Wagen 2012 sogar bei den Olympischen Spielen in London. Nicht zuletzt haben wir in diesem Jahr erstmalig das Red Bull Cliff Diving produziert. Unter anderem an einem so exotischen Standort wie Jalta in der Ukraine, wo sie mit dem Equipment erstmal hinkommen müssen – wir können das, wir haben es bewiesen. Ich sehe eine vielfältige und positive Zukunft für nobeo – solange die gesamtwirtschaftliche Lage uns keinen Strich durch die Rechnung macht.
Also machen Sie sich wegen dem Studio-Geschäft keine Sorgen?
Am Ende müssen wir Geld verdienen, damit meine Mitarbeiter Gehalt und Sicherheit haben. Meine Aufgabe ist es, die Felder zu identifizieren, in denen uns das möglich ist. Wir sind froh über langjährige zufriedene Studiokunden und ich sehe keine generelle Abkehr von dieser Art des Fernsehens. Aber Sie haben natürlich Recht: Man muss sich als Dienstleister flexibler aufstellen als noch vor einigen Jahren, die Branche hat sich grundlegend geändert. Diese Flexibiltät ist ein furchtbar oft strapaziertes Wort, aber nötig, um für alle nachgefragten Produktionsarten und Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein. Studio-Produktion ist und bleibt das Standbein von nobeo. Aber auf einem Bein können nur Flamingos gut stehen, der Beo eher nicht. Deshalb wollen und werden wir neue Nischen finden, in denen man sich positionieren kann. Unsere Wertschöpfungskette ist schon heute recht vielfältig. Nehmen wir Grundy Light Entertainment. Natürlich wird „DSDS“, „Supertalent“ und „X Factor“ nicht in unseren Studios produziert - weil wir gar keine Studios dieser Größenordung anzubieten haben. Aber wir sind trotzdem an den Produktionen beteiligt - sei es bei den Castingtouren mit unserer mobilen Technik oder in der Postproduktion. Wir sind selten außen vor - das ist wichtig für uns.
Was steht denn für Nobeo 2012 im Fokus? Die MMC-Entscheidung mal außen vor gelassen...
Ein fortwährender Prozess wird weiterhin sicher die Suche nach der richtigen Balance aus Festangestellten und freien Mitarbeitern sein, denn wenn das Geschäft nach einer Restrukturierung wieder anzieht, steht man vor der wichtigen Frage, wie man dieser positiven Entwicklung am Besten Rechnung trägt. Des Weiteren stehen immer neue Investitionen an, um unseren Kunden die neuesten technischen Möglichkeiten bieten zu könnten. Dies ist immer verbunden mit der ständigen Fortbildung unserer Mitarbeiter. Leider wird mit „Richterin Barbara Salesch“ bekanntermaßen auch eine langjährige Produktion eingestellt. Für dieses Studio sind wir bemüht, einen adäquaten Ersatz zu finden. Und dann werden wir gerade im Hinblick auf die digitale Welt weiter experimentieren, ohne Neugier und eine gewisse Risikofreudigkeit funktioniert keine Weiterentwicklung: Wir haben in diesem Herbst zum Beispiel ein Web-Format für Vodafone umgesetzt. In „Gülcan und die Profis“ unterhält sich Frau Kamps mit Fußball-Experten und kommentiert mit ihnen zusammen die Samstagsspiele der Fußball-Bundesliga – so streamen wir jeden Samstag live direkt von unserem Gelände auf die Vodafone-Plattformen. Das ist eine schöne Idee, wie WebTV aussehen kann. Im Bereich Werbe- und Industriefilme waren wir u.a. für Haribo gerade erst wieder an einem Werbespot mit Thomas Gottschalk beteiligt. Das sind zwei Bereiche, die bei uns schon funktionieren und in denen wir auch weiteres Entwicklungspotenzial sehen.
Herr Hoff, herzlichen Dank für das Gespräch