Herr Piëch, der Trend geht derzeit ja eigentlich eher dahin, dass Free-TV-Sender einen Pay-TV-Ableger bekommen. Sie sind mit yourfamily schon seit Jahren im Pay-TV unterwegs - wieso jetzt mit RiC der umgekehrte Schritt ins Free-TV?

Wir sind ja eigentlich ein Urgestein des Privatfernsehens, sind Gründungsmitglied des VPRT, Ravensburger war bei der Gründung Gesellschafter von Sat.1, wir haben jahrelang den Vormittag von Super RTL mit Kinderprogrammen bestückt. Insofern ist das Free-TV kein völliges Neuland. 2007 haben wir dann unseren Pay-TV-Sender yourfamily gestartet, der sich seitdem extrem gut entwickelt und auch diverse Preise abgeräumt hat. Daher treten wir jetzt selbstbewusst den Gang ins Free-TV an. Dazu kommt: Es gibt keinen Markt, in dem so wenige frei empfangbare Kinder- und Familiensender vorhanden sind wie im deutschsprachigen Raum. Wir sehen mit RiC hier eine gute Chance, die vierte Kraft in diesem Bereich zu werden.

Aber wo sehen Sie denn die Nische, die Super RTL, Kika und Nickelodeon ihnen lassen?

Der Rabe „RiC“, das ursprüngliche Maskottchen der Ravensburger TV, steht auch bislang schon für pädagogisch anspruchsvolle und gute Unterhaltung, die aus dem deutschen Sprachraum kommt. Daran knüpfen wir an. Der Kika bringt für diese Bedürfnisse schon ein sehr gutes Programm, aber er bietet kein Werbeumfeld. Wir sind überzeugt, dass es viele Unternehmen gibt, die gerne in einem Umfeld wie dem Kika Werbung schalten würden, aber nicht können. Diese Möglichkeit wollen wir künftig bieten. Unsere Konkurrenten Super RTL und Nickelodeon zeigen aufgrund ihrer Gesellschafter Disney und Viacom viel amerikanische Ware. Die amerikanischen Kinder haben aber andere Sehgewohnheiten und wachsen auch anders auf als hier bei uns. Bei uns schauen die Eltern stärker als in anderen Märkten auf das, was ihre Kinder konsumieren. Da sehen wir unsere Chance.

Aber ist es nicht so, dass Eltern den Kika gerade auch wegen der Werbefreiheit schätzen?

Wir wollen auch keine Werbung, die dick und doof macht auf dem Sender. Das ist es, was Eltern nicht mögen. Eltern stört nicht jede Werbung, aber solche für fragwürdige Lebensmittel, gewaltverherrlichende Dinge oder völlig sinnbefreite Spielzeuge, nach denen die Kinder dann beim Einkaufen quengeln. Die wollen wir vermeiden. Da handelt es sich aber nur um eine ganz kleine Gruppe, die große Mehrheit ist uns natürlich willkommen. Wir wollen Werbetreibende, die auf Qualität abzielen.

In einer Pressemitteilung hieß es kürzlich, dass sie vor allem Kinder, die außerhalb von Ballungsräumen leben, als Zielgruppe anpeilen...

Fernsehen wird im deutschsprachigen Europa in der Regel von einer urbanen Kultur für eine urbane Kultur gemacht und ist ein städtisches Medium. Aber 70 Prozent der Haushalte liegen auf dem Land. Wenn Sie auf die Einschaltquoten achten, dann sehen Sie, dass im Ländlichen angesiedelte Themen wie der „Bulle von Tölz“, auf dem Land spielende „Tatorte“ oder auch ein Hansi Hinterseer ein großes Publikum erreichen. Das zeigt, dass einem großen Teil der Bevölkerung gar nicht die richtigen Angebote gemacht werden. Auch wenn sie sich die Charts anschauen, dann liegen die Verkäufe bei Volksmusik weit über denen der Popmusik. Hier besteht im Fernsehen ein noch nicht beackertes Feld. Und das passt ja auch zu uns: Ravensburg als Sitz unserer damaligen Mutter lag ja auch auf dem Land, unser Content ist daher in einem Umfeld entstanden, das lokal geprägt ist. Und wir denken auch, dass Instrumentalmusik, was gar nicht immer Volksmusik sein muss, für Familien und Kinder einen Unterhaltungswert darstellt. Auch das werden wir im Programm berücksichtigen.