Frau Engelke, wieso machen Sie eigentlich etwas, das Sie hassen?

Sie meinen Fernsehen? Wenn ich das mal rausgehauen habe, dann hoffentlich differenzierter. Immerhin verdiene ich mein Geld mit Fernsehenmachen!

Dem Kollegen Stefan Niggemeier haben Sie vor einigen Monaten mal gesagt, sie hassen es, Shows zu moderieren. Und jetzt moderieren Sie am Samstag im WDR schon wieder eine...

Bei "Anke hat Zeit" handelt es sich nicht um eine klassische Moderation. Ich möchte keine Sachen stupide an- und abmoderieren, das wird mir immer wieder angeboten, aber das entspricht mir nicht. Ich bin an Menschen interessiert und an den Ideen und Talenten, die sie haben.

Es kommt also auch auf das Gespür für die Zwischentöne an?

Es kommt vor allem auf die Gäste an. Es steht und fällt damit, wie die miteinander auskommen, wie sie sich darstellen. Vasco Boenisch, unser Redakteur, bezeichnet die Sendung als "Kultursalon", was ich eigentlich sehr treffend finde, weil es keine klassische Talkshow oder Magazin-Sendung ist. Es ist der Versuch der Entwicklung einer neuen Form der Kulturvermittlung.

Der WDR selbst bewirbt "Anke hat Zeit" auch als "Kulturshow". In erster Linie ist das für viele Zuschauer aber doch erst mal beängstigend, wenn da plötzlich was mit Kultur kommt...

Man muss den Kulturbegriff womöglich neu definieren. Ich möchte niemandem Angst machen.

Wie würden Sie den Kulturbegriff für sich definieren?

Geht es bei Kultur nicht um all das, was einen fordert und fördert? Das ist es doch eigentlich! Wenn ich ein Buch lese, das mich packt. Wenn ich ein Konzert besuche - ganz gleich welcher Art -, das etwas in mir auslöst. Dann befinden wir uns in der Kultur.

Ich habe nur oftmals das Gefühl, dass die Zuschauer im Fernsehen sofort umschalten, sobald das Wort "Kultur" nur fällt.

Ich bin keine Expertin für Kulturtheorien und stecke glücklicherweise in dem Fernsehbetrieb gar nicht so tief drin, um einschätzen zu können, wie es um Angebot und Nachfrage von Kultur im Fernsehen steht. Danach richte ich mich aber auch nicht so sehr - weder als Beteiligte noch als Konsumentin. Wenn irgendwo Kultur draufsteht, ist es für mich erst mal ein Grund hinzuschauen.

Sie haben ja auch mal "Aspekte" moderiert.

Ja, hurra, das war extrem spannend! Ich bin sehr daran interessiert, was auf Bühnen oder in Sälen passiert, in denen Menschen ihre Kreativität auspacken.

Ist Humor womöglich ein Schlüssel, um Zuschauer auf gewisse Themen zu bringen, von denen Sie vorher niemals dachten, dass sie sie interessieren könnten?

Ich mache nichts mit Kalkül oder mit einem Trick: Jetzt mache ich ein paar Witze und dann schauen die zu, die nur zum Lachen vorbeischauen, die sich an Karneval verkleiden - und zack, schon schicke ich sie ins Theater. Nein, das funktioniert nicht. Die Zuschauer sind in ihrem Geschmack manchmal nicht zu verstehen und unberechenbar, aber nicht per se doof. Es ist aber vielleicht hilfreich, wenn da jemand ist, der nicht alles weiß. Wäre ja schade, wenn da jemand sitzt, der keine Fragen hat. Da muss ich mich nicht verstellen, denn ich habe sehr viele Fragen. Am schönsten ist es allerdings, wenn sich auch die Gäste untereinander etwas fragen.

Hat das in der ersten Sendung, die Sie bereits aufgezeichnet haben, so funktioniert, wie Sie sich das vorgestellt haben? Bei "Anke hat Zeit" gibt's ja erst mal gar kein wirkliches Konzept.

Klar gibt es ein Konzept, und zwar das der Offenheit. Das macht den Reiz aus. Einfach das Gegenteil von dem gewohnten Rhythmus aus ulkigem Elend und Superstar-Blabla, das Gegenteil von "Wetten, dass...?", haha, genau, keine Wetten, kein Wettbewerb. Es geht nicht darum zu zeigen, dass man der Tollste ist. Und es kommt keiner mit einem verrückten Fahrzeug rein. Es muss nicht leicht sein und schon gar nicht leicht verdaulich. Das ist doch eigentlich ganz gut, oder?