Herr Stumpf, Sie sind seit wenigen Wochen im Amt. In welchem Zustand haben Sie den Kika vorgefunden?

Die 100 Tage sind noch nicht ganz rum, insofern ist tatsächlich vieles noch neu für mich. Aber ich habe den Kika in einem sehr guten Zustand vorgefunden. 2012 war das erfolgreichste Jahr des Kinderkanals von ARD und ZDF - nicht die schlechteste Grundlage. Daneben hat mein direkter Vorgänger Tobias Hauke, der den Job kommissarisch ausübte, bis zu meiner Übergabe eine neue Struktur erarbeitet, die derartige Betrugsfälle, wie sie hier vorgekommen sind, für die Zukunft ausschließen soll. Das war eine große Aufgabe. Ich habe ein bestelltes Haus übernommen, trotz aller Vorkommnisse aus vergangenen Tagen. Und ganz abgesehen davon: Ein Neuer bringt immer eine neue Stimmung mit. Das ist ein großer Vorteil. Es herrscht automatisch eine Aufbruchstimmung, wenn jemand von außen kommt. Alle sind neugierig - es hätte also schlimmer kommen können. (lacht)

Haben Sie dennoch den Eindruck, dass gewisse Ereignisse um ihren Vorgänger immer noch nachwirken?

Die Ereignisse wirken alleine deshalb nach, weil es noch immer Gerichtsverfahren und Untersuchungen gibt. Die Unsicherheit vor weiteren Aufdeckungen spüre ich allerdings nicht mehr. Die Kolleginnen und Kollegen sind der Überzeugung, die Talsohle durchschritten zu haben. Es ist alles auf dem Tisch und nun geht's ans Abarbeiten. Ich vergleiche das gerne mit einer Wunde, die man sich irgendwann einmal zugezogen hat. Sie wird einen das ganze Leben lang begleiten. Es wird immer wieder Menschen geben, die uns darauf ansprechen werden.

Hat das für Sie bei der Entscheidung, den Job anzutreten, eine Rolle gespielt?

Nein, das war für mich nicht entscheidend. Ich habe mir viel mehr gesagt: Was für ein geiler Job, was für eine tolle Zielgruppe! Ich kümmere mich nun schon seit 15 Jahren ums Kinderfernsehen und habe unglaublich Lust auf die neuen Herausforderungen. In Kinder- und Jugendredaktionen herrscht immer eine ganz besondere Atmosphäre, weil sich dort ein ganz besonderer Schlag Mensch hin verirrt.

Was sind das denn für Menschen?

Menschen, die viel Herzblut fürs Programm haben und denen es um die Sache geht und nicht um das eigene Ego. Das hängt schon alleine damit zusammen, dass man Fernsehen macht für eine Zielgruppe, mit der man sich intensiv auseinandersetzen muss. Diese besondere Stimmung erlebe ich hier genauso wie beim ZDF.

Wie kamen Sie überhaupt zum Kinderfernsehen?

Das war reiner Zufall. Ich habe in Bamberg unter anderem Journalistik studiert und war bei verschiedenen Radiosendern tätig. An der Uni sah ich einen Aushang, aus dem hervorging, dass die "logo"-Kindernachrichten Hospitanten suchten. So bin ich 1998 zum ZDF gekommen und habe sechs Wochen hospitiert. Das war ein regelrechtes Ankommen für mich. Ich fühlte mich direkt wohl und hatte großen Spaß am erklärenden Ansatz und der Herausforderung, mich in die Kinder hineinzudenken. Da stand für mich schnell fest, dass ich genau in diesem Beruf bleiben möchte.

Und Sie haben sich auch nicht mehr vertreiben lassen?

Genau! Ich konnte glücklicherweise sofort als freier Mitarbeiter anfangen, habe dann einige Jahre lang Fernsehen gemacht und mich irgendwann auch um "logo Online" gekümmert. Später folgte dann das Kinder- und Jugendportal tivi.de mit der ganzen Bandbreite an Ideen für die verschiedenen Altersgruppen.

Nun also der Kinderkanal von ARD und ZDF. Was sind die wichtigsten Aufgaben, die Sie sich für Ihre ersten Monate beim Kika vorgenommen haben?

Der Start des Disney Channels im Free-TV ist für uns ein guter Anlass, uns selbst noch einmal vor Augen zu führen, wo wir eigentlich stehen. Da geht es um ganz elementare Fragen: Was sind unsere Stärken und Schwächen, welche Chancen und Risiken bietet der Markt - und welche Programme benötigen wir? All das wird uns in den kommenden Wochen beschäftigen. Ein solcher strategischer Rundumschlag ist aus meiner Sicht unabdingbar, weil wir in dem größer werdenden Markt unverwechselbar bleiben müssen. Gleichzeitig möchte ich dafür sorgen, dass der Kika transparenter wird. Wir müssen uns den Eltern öffnen und unser Know-How weitergeben. Ich kann mir z. B. eine Anlaufstelle im Netz vorstellen, an die sich Eltern bei Fragen rund um die Mediennutzung wenden können. Gleichzeitig wollen wir ihnen unsere Gedanken näherbringen, die wir haben, wenn wir neue Programme entwickeln. Und ein dritter Punkt, den ich angehen möchte, ist der Online-Bereich. Einen Relaunch des Angebotes wollen wir im nächsten Jahr abgeschlossen haben. Aber auch die App-Entwicklung ist ein spannendes Feld.