Sie haben die englischen Bücher übersetzen lassen und drehen die Serie auf Deutsch. Wollen Sie das bei künftigen Serien im Hinblick auf den Weltmarkt anders handhaben?

Zusammen mit Jan Mojto und Frank Doelger von Rainmark Films in London, einem der Executive Producer von "Game of Thrones", überlege ich gerade, welche deutschen Stoffe wir international produzieren können. Unser erstes gemeinsames Projekt ist die Serie "Back to Back", eine deutsch-deutsche Crime-Geschichte, die die britische Top-Autorin Paula Milne für uns schreibt. Die wollen wir in der Tat doppelsprachig drehen, sowohl deutsch als auch englisch. Das zweite große Projekt heißt "Prisoner of War" und soll eine Serie über deutsche Kriegsgefangene werden. Über Frank Doelger nehmen wir gerade Kontakt zu Tom Hanks' Produktionsfirma Playtone in Los Angeles auf. Diese Geschichte ist für beide Seiten spannend: Die Deutschen spielen im amerikanischen Gefangenenlager quasi ihre Nazi-Ordnung im Kleinen nach, weil sie nichts anderes kennen, und die Amerikaner versuchen, ihnen die Demokratie beizubringen.

Haben die Amerikaner wirklich auf deutsche Serienstoffe gewartet?


Ich bemerke da ein riesiges Interesse und eine große Offenheit. Das hat sicher auch mit dem Erfolg von "Generation War" (Anm. d. Red.: internationaler Titel von "Unsere Mütter, unsere Väter") zu tun, das Jan Mojto inzwischen in 148 Länder verkauft hat. Vor ein paar Wochen hat mir zum Beispiel Ted Sarandos, der Chief Content Officer von Netflix, geschrieben. Er will mich in Kürze besuchen und über mögliche gemeinsame Projekte sprechen, weil er von "Generation War" so begeistert war.



Was glauben Sie denn, welche Rolle Netflix für Sie und andere deutsche Produzenten spielen wird?


Wenn man dieses neue Feld jetzt geschickt aufbaut und nicht nur alles den Amerikanern überlässt, bieten die neuen Content-Plattformen wie Netflix oder Amazon für uns alle eine Riesenchance. Das schließt in meinen Augen auch die deutschen TV-Sender ausdrücklich mit ein, weil völlig neue Formen der Zusammenarbeit und Co-Finanzierung entstehen können. US-Programme werden auf dem Lizenzmarkt ja immer teurer, weil sich immer mehr Plattform-Anbieter um sie reißen. Das ist eine große Chance für den deutschen Markt. Wir müssen jetzt beweisen, dass wir stark genug sind. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass uns deutschen Produzenten eine neue Blütezeit bevorsteht und dass wir qualitativ im internationalen Wettbewerb bestehen.

Fühlen sich die deutschen Sender nicht eher getrieben?


Die Angst der Sender vor den neuen Portalen hängt eher mit der veränderten Nutzung zusammen als damit, dass Netflix jetzt schon so viele unfassbar gute Programme hätte. Zuschauer schaffen sich ihren eigenen Event, indem sie Binge-Viewing machen, sie brauchen das lineare Fernsehen nicht mehr zwangsläufig für ihren privaten TV-Event mit Freunden. Ohne eine entsprechende Eventisierung im Programm ist Fernsehen momentan in vielen Bereichen nicht mehr wirklich aufregend. Vielleicht wird es in ein paar Jahren selbstverständlich, dass man bei einem Event wie "Unsere Mütter, unsere Väter" schon am ersten Abend alle drei Teile in der Mediathek freischaltet, um Binge-Viewing zu ermöglichen – auch wenn das heißt, dass man am zweiten und dritten Abend eine Million weniger klassische TV-Reichweite hat. Anders wird auf Dauer eine Gegenwehr zu Netflix oder Sky Go kaum machbar sein. Ich glaube, das wird eine zentrale Debatte der nächsten Jahre werden. Als Produzent möchte ich die maximale Zuschauermenge erreichen – egal wie. Und die Sender auch. Umso wichtiger ist die Messung aller Nutzungsverhalten.

"Wir können uns eine Beteiligung von Sky
oder Netflix zusätzlich zur klassischen
Co-Finanzierung vorstellen"

Nico Hofmann, UFA Fiction


Was ist denn dann eine realistische Erwartungshaltung an Netflix aus Produzentensicht?


Ich glaube, dass weder Netflix noch Sky auf Dauer ohne originäres deutsches Programm auskommen werden. Da beide jeweils in mehreren Ländern vertreten sind, bietet sich die produktive Möglichkeit der Co-Finanzierung. Nehmen Sie unser aktuelles Projekt "Die Porsche-Saga", eine Verfilmung des Buchs von Stefan Aust und Thomas Ammann. Da können Jan Mojto und ich uns als eine von mehreren Alternativen durchaus vorstellen, eine Beteiligung von Sky oder Netflix zusätzlich zur klassischen Co-Finanzierung anzubieten. Das ist ein deutscher Mythos, der fast überall auf der Welt Begehrlichkeiten auslöst. Warum sollte Netflix oder Sky das also nicht international spielen? Wir merken schon jetzt, dass das Projekt im internationalen Presale hervorragend funktioniert. Als die Meldung zur "Porsche-Saga" im "Spiegel" stand, rief mich sofort der Chef von Sky UK an, um sein Interesse anzumelden. Entsprechend optimistisch bin ich gestimmt.

Herr Hofmann, vielen Dank für das Gespräch.