Herr Gottschalk, vor sechs Monaten haben Sie angefangen unter @herbstblond zu twittern. Man merkt, es macht Ihnen Spaß. Was gibt Ihnen das Twittern?

Die kleinen narzisstischen Vollbäder.

Nach einem halben Jahr des aktiven Twitterns: Denken Sie anders über die Netzgemeinde als vorher?

Absolut. Ich schätze vor allem diesen skurrilen Humor, der da zwischendurch immer wieder auftaucht. Den hatte ich seit „Pardon“ und „Mad“ vermisst.

Auf der Bühne kennen Sie das direkte Feedback des Publikums. Bei Twitter bleiben nur Likes und Retweets. Befriedigend genug?

Beifall habe ich in meinem Berufsleben oft genug bekommen, diese neue Form der Zuneigung durch „Likes“ ist individueller als eine amorphe Klatschmasse.



Gibt es Follower oder Reaktionen, auf die Sie stolz sind?

Eher gerührt. Als ich nachts in der Hotelbar ein spontanes Selfie mit der anderen Supernase Mike Krüger getwittert habe, hat das bei meinen Follwern einen Nerv getroffen. Das Foto hat über 7000 Likes. Wollen die Leute doch ein Remake?

Sammeln Sie Likes und Retweets - also verfolgen Sie die Reaktionen auf Ihre Tweets?

Die Quote war mir nie egal. Man schaut immer, was man wert ist. Das kann man gar nicht verhindern. Es gibt aber auch Tage, da interessiert mich die ganze Twitterei überhaupt nicht.

Sie haben selbst über ihre letzte Sat.1-Show selbstkritisch und böse gewittert. Hat der Sender das auch mit Humor genommen?

Hätte ich mir und dem Sender gern erspart. Früher wurder ich von Berufskritikern verrissen, heute nehm ich mich selber auf die Schippe. Das macht mehr Spaß.

Es heißt, bei Twitter sollte man besser nicht diskutieren. Wie widerstehen Sie Diskussionen?

Ich neige grundsätzlich eher dazu, mich für Freundlichkeiten zu bedanken als mich über Boshaftigkeiten zu beschweren.

Gibt es denn einen Tweet, den Sie bereuen?

Der erste Shitstorm steht noch aus. Ich arbeite dran. Twitter ist für mich keine Klagemauer oder Beschwerdeabteilung, eher eine Lizenz zum Blödeln.

Abseits ihrer Shows mussten sie früher über die Presse kommunizieren. Jetzt machen Sie das direkt. Wie fühlt sich das an, direkt mehr als 50.000 Menschen zu erreichen?

Die Chance, seine Meinung sagen zu können, ohne vorher von Journalisten redigiert zu werden, ist durchaus reizvoll. Das hat nicht nur Trump begriffen. Im Gegensatz zu ihm twittere ich für den Weltfrieden.

Sie geben viele private Einblicke. Das lockt auch die Regenbogenpresse. Gab es Tweets, die zu absurden Schlagzeilen wurden?

Wenn ich meine Kaffeetasse fotografiere, ist das noch kein Einblick in mein Privatleben. Das spielt sich sowieso in den USA ab. Außerdem sind meine Söhne erwachsen, da bin ich nicht mehr so pingelig. Die Ultraschallfotos meines Enkels hab ich nicht getwittert.

Trotzdem nochmal eine Nachfrage: Viele prominente Kollegen schützen ihr Privatleben sonst sehr bewusst. Sie hingegen entwickeln eher eine Lässigkeit dabei…

Ich seh mich auf Twitter nicht so sehr als Promi, sondern als ein Teil einer Community. Ich agiere und reagiere so wie die meisten, die da unterwegs sind.

Gab es durch Twitter denn schon Begegnungen mit Followern im echten Leben? Sie geben ja auch oft an, wo sie sich gerade aufhalten….

Meistens erst, wenn ich da schon weg bin. Das ist auch nicht der Sinn der Sache.

Wie fällt eigentlich das Feedback ihrer prominenten Kolleginnen und Kollegen auf das Twittern aus? Konnten Sie schon andere zum Twittern überreden?

Einige Follower haben sich beschwert, dass meinetwegen ihre Mütter jetzt auf Twitter unterwegs sind. Bei denen entschuldige ich mich.

Und in der Familie sind auch alle okay damit, dass Sie die Welt teilhaben lassen?

Meine Kinder machen sich zwischendurch lustig über meine Tweets und meine
Frau hat keine Ahnung, was ich da treibe.

Twitter testet längere Tweets mit 280 Zeichen. Würde Mr. Überziehung gerne auch längere Texte twittern? Oder liegt in der Kürze die Würze?

Irgendwie habe ich mich an die Challenge gewöhnt, knapp formulieren zu müssen. Zwischendurch gehen mir aber schon mal die Zeichen aus. Also gerne her mit den 280 Zeichen!

Letzte Frage: Welcher Person der Zeitgeschichte wären Sie gerne bei Twitter gefolgt, wenn es das damals schon gegeben hätte?

Heinrich Lübke.

Herr Gottschalk, herzlichen Dank.