Bleiben wir bei der Unterhaltung. Sie sprachen eingangs davon, dass es immer Baustellen gebe. Gehört die Unterhaltung dazu?
 
Uns sind dieses Jahr mit „Bares für Rares“ und auch mit „Da kommst du nie drauf!“ zwei schöne Primetime-Entwicklungen gelungen. Hinzu kommt ein etablierter Erfolg wie der des „Quiz Champion“. Auch Steven Gätjen ist inzwischen gut bei uns angekommen. Mit ihm entwickeln wir für das nächste Jahr auch abseits der großen Showbühne. Grundsätzlich bleiben wir weiter auf der Suche nach erfolgreichen Primetime-Showformaten und dabei schauen wir auch über den Tellerrand. „Bares für Rares“ kommt ja beispielsweise eher aus dem Factual als aus der klassischen Show. Ich bin dabei gar nicht so scharf auf internationale Formate und freue mich eher über Ideen made in Germany. Genau dafür haben wir eine eigene Entwicklungsabteilung, die auch für die Daytime entwickelt, wie jüngst bei neo geschehen.


 
Wollen Sie den Sendeplatz nach „Bares für Rares“ also nicht länger mit Serienwiederholungen bestücken?

Das ist eine Frage des finanziellen Einsatzes. Wären hier Beitragsgelder wirklich sinnvoll investiert, solange die „Rosenheim-Cops“ beim Publikum außerordentlich gut ankommen? Aber wir werden nächstes Jahr für sechs bis zehn Wochen sicher auch etwas aus der Factual-Ecke testen.
 
Nochmal zur Primetime-Unterhaltung. Im kommenden Jahr widmet sich Thomas Gottschalk den 68ern?
 
Richtig. Gottschalk hat für uns in diesem Jahr die „Nena“-Show und den Echo Klassik moderiert. Wir haben ihn immer wieder gerne bei uns auf dem Sender, insbesondere zu Themen, mit denen er selbst etwas verbindet.
 
Ich komme um die obligatorische Nachfrage nicht drum herum…
 
Nein, Thomas Gottschalk wird bei uns nicht mit „Wetten, dass..?“ zurückkehren.
 
Gut, haben wir das geklärt. Gehen wir mal ein paar Formate durch. Die „heute show“ ist erfolgreicher denn je. Da stellt sich wie bei „Bares für Rares“ die Frage: Will man daraus nicht mehr machen?
 
Wir machen längst eine Menge mehr „heute show“, aber nicht im linearen Fernsehen. Mit deutlich mehr als einer Million Fans auf Facebook haben wir hier die Marke erfolgreich verlängert und wollen das auch noch forcieren. Wir werden daneben am Freitagabend mit „Machtzuschlag“ (AT), einer aktuelle Politsatire in Sketchcomedy-Form und produziert von UME, die späte Comedy-Schiene ausbauen. Und „Sketch History“ ist auch bis 2019 auf dem Schirm.
 
Wie sieht es mit Jan Böhmermann aus?
 
Der Vertrag ist in trockenen Tüchern: Wir haben mit Jan Böhmermann verlängert und werden im nächsten Jahr auch mehr Sendungen mit ihm machen. In erster Linie bedeutet das mehr „Neo Magazin Royale“, aber wir wollen mit ihm auch andere Formate entwickeln. Und auch hier gilt wie bei der „heute show“: Wir wollen die Marke non-linear häufiger aufschlagen lassen und häufiger Content anbieten als nur donnerstags bzw. freitags.
 
Mehr „Neo Magazin Royale“ bedeutet was? Muss sich Markus Lanz Sorgen machen?
 
(lacht) Nein, Markus Lanz macht den besten und nachweislich erfolgreichsten Late-Night-Talk im deutschen Fernsehen. Die Kontinuität seit Jahren über drei Abende pro Woche ist für uns sehr wertvoll. Daran wollen wir nichts ändern. Wir werden aber im kommenden Jahr die Schlagzahl des „Neo Magazin Royale“ erhöhen und mit 38 statt 34 Sendungen die Pausen verkürzen. Und so wie vergangene Woche geschehen, werden wir auch mit Formen experimentieren und monothematische Ideen realisieren.

"Es war nur rückblickend betrachtet eine Schnapsidee, zwei Serien, die in sich gut waren, aber nichts miteinander zu tun hatten, hintereinander zu platzieren."

Norbert Himmler über die Serien "Das Pubertier" und "Zarah"
 
Zu Beginn dieser TV-Saison wollten Sie mit „Das Pubertier“ und „Zarah“ den Donnerstagabend als neuen Serienabend etablieren. Ist diese Idee gescheitert?
 
Nein, das ist immer noch unsere Idee. An der halten wir fest. Es war nur rückblickend betrachtet eine Schnapsidee, zwei Serien, die in sich gut waren, aber nichts miteinander zu tun hatten, hintereinander zu platzieren. Dann wurde es noch zweimal unterbrochen von Politik und dann kam auch noch Fußball dazu. Es hätte kaum schwierigere Startbedingungen geben können.
 
Aber mit Verlaub: Das war doch vorher alles bekannt und Sie haben es trotzdem gemacht?
 
Ich weiß, wir haben das sehenden Auges gemacht. Wir wollten da zu viel. Das ändert aber nichts daran, dass wir an zwei Dingen festhalten werden: Moderne Serien erzählen und den Donnerstagabend als Serienabend etablieren. Aber das braucht jetzt Zeit und wird wohl eher 2019 werden, was den Vorläufen der Serienproduktion geschuldet ist. Für kommendes Jahr haben wir wieder zahlreiche serielle Highlights wie die Finanzwelt-Story „Bad Banks“ oder „Die Protokollantin“ mit Iris Berben in Produktion, bei denen wir über unseren Schatten gesprungen sind.
 
Was bedeutet das?
 
Produktionen, bei denen wir von der Geschichte und den Kreativen so überzeugt sind, dass wir erst einmal den Auftrag erteilt haben, bevor wir anfangen über Sendeplätze nachzudenken. Wir brauchen Inhalte für Zuschauer, nicht für Sendeplätze.
 
Mit welchem fiktionalen Programmen wollen Sie ins Jahr 2018 gehen?
 
Ich freue mich sehr, dass wir mit „Ku’damm 59“ und „Tannbach“ zwei neue Staffeln sehr erfolgreicher Produktionen als Highlights schon im ersten Quartal zeigen werden. Dann haben wir „Bad Banks“ in einer Event-Programmierung am Samstag, Sonntag und Montag in der späten Schiene. Fans werden sich sicher auf die Rückkehr des „Taunus-Krimis“ freuen. Dann kommt später noch die Verfilmung des Rohwedder-Attentats unter dem Titel „Der Mordanschlag“. Und wir sind - mit dem Blick noch weiter in der Zukunft - auch in der Produktion der sechsteiligen Miniserie „Die verlorene Tochter“, und selbstverständlich gibt es noch unser Serienprojekt zu „Das Parfüm“. Dazu kommen noch sehr viele europäische Koproduktionen und die neuen neo-Serien. Alles für 2018.
 
Welche Rolle spielt bei der Menge an eigenen Projekten noch der Einkauf von Lizenzware?
 
Eine immer geringere. Beim ZDF ja ohnehin schon sehr selten, aber auch bei ZDFneo werden wir dafür weniger Geld in die Hand nehmen. Abgesehen von der Verfügbarkeit guter Ware, die uns interessieren würde, bringt uns der Einkauf wenig. Wir dürfen diese Produktionen ja nicht in der Mediathek anbieten. Das wird sich auch am späten Montagabend im Hauptprogramm bemerkbar machen. Weniger Hollywood, mehr Eigen- und Koproduktion. Wir konzentrieren die Mittel, um ins serielle Erzählen deutscher und europäischer Geschichten zu investieren.
 
Also ist eine Serie wie „The Handmaid’s Tale“ nichts mehr für Sie?
 
Nein. Ich habe die Serie selbst sehr gerne gesehen, aber ich fürchte, das ist eben eine Produktion, bei der ich in Abwägung, ob ich einkaufen oder etwas Eigenes produzieren soll, lieber etwas selbst produziere. Das hat den entscheidenden Vorteil: Es haben nicht vorher schon andere verwertet und damit die größten Serienfans schon erreicht. Und ich kann es dann eben auch in der Mediathek anbieten. Im Übrigen investieren wir bei jedem Einkauf von Lizenzware in die großen Studios in Hollywood und nicht in unsere Kreativen.
 
Lassen Sie uns am Ende noch über 3sat sprechen. Im April haben Sie die Zuständigkeit übernommen. Quo vadis, 3sat?
 
Ich bin stolz auf 3sat, den Sender mit dem einzigen täglichen Kulturmagazin im deutschsprachigen Fernsehen. Das gleiche gilt für „Nano“, als tägliche Wissenschaftssendung. Aber unser Ziel muss es sein, darüber hinaus weitere Marken im Programm zu etablieren. Wofür steht 3sat im Kabarett- und Comedy-Bereich? Da wollen wir das Profil schärfen und müssen dringend den Online-Auftritt verbessern. Daneben habe ich vor, eine Online-Kulturplattform aufzubauen, für die wir uns mit Museen, Theatern und Künstlern zusammentun und so neue Zugänge zu kulturellen Ereignissen bieten. Wir könnten so z.B. sicherlich mehr Festivals und Festspiele begleiten, als zur Zeit. Ich halte das für einen sehr öffentlich-rechtlichen Auftrag.
 
Herr Himmler, herzlichen Dank für das Gespräch.