Woher kommt das Kunden-Wachstum für Zattoo?

Die direkten Wettbewerber - Magine, Waipu - sind für uns eher Mitstreiter in der Sache. Wir freuen uns natürlich auch über jeden Kunden der von anderen Streaming-Anbietern zu Zattoo kommt, aber wir wollen mit denen nicht über die Krümel streiten sondern sehen: Wir wollen gemeinsam für das Streaming ein größeres Stück vom Kuchen, der sich deutscher TV-Markt nennt. Wir sehen das Wachstumspotential in den vielen Millionen Haushalten, die in Deutschland noch auf Kabel oder Satellit setzen aber vielleicht das Gefühl bekommen, limitiert zu sein oder aber zu viel zu bezahlen. Kostenlosen TV-Empfang - das gibt es inzwischen in guter Qualität ja weder über DVB-T noch über Satellit umsonst. Aber wir sind eine gute Option - auch für preissensible Kunden.



Sie fokussieren sich im B2C-Geschäft allerdings auf Deutschland und die Schweiz, wurde vergangene Woche bekannt. Warum?

Tatsächlich fokussieren wir die Aktivitäten unseres B2C-Teams bereits seit 2010 auf Deutschland und die Schweiz. Zwar wurde Zattoo in den Jahren 2006 bis 2008 in einer ganzen Reihe europäischer Länder gelauncht. In den meisten Ländern wurde der Dienst aber bereits vor 2010 wieder eingestellt. In Spanien und Dänemark gab es trotz eines stark eingeschränkten Produktangebotes einen kleinen Stamm an Abonnenten. In diesen Ländern haben wir den Dienst in den letzten Jahren für die bestehenden Abonnenten weiterbetrieben, ohne Anstrengungen in den weiteren Ausbau des Geschäfts zu stecken. Immer wieder haben wir diskutiert, die Internationalisierung von Zattoo wieder voranzutreiben. Die Lust und Motivation hierzu war immer enorm groß im Team – und ist sie ehrlich gesagt immer noch. Uns war aber auch bewusst, dass eine Internationalisierung mit einem B2C-Produkt zunächst ein Investment in Content-Rechte und Kundenakquisition bedeutet und mit höherem unternehmerischen Risiko verbunden ist. Für ein Unternehmen wie Zattoo, welches seit 2010, mit damals 15 Mitarbeitern, fast ausschließlich durch den selbst generierten Cash-flow auf heute über 110 Mitarbeiter gewachsen ist, ist es aber von enormer Bedeutung möglichst in Projekte mit kurzer Amortisationsdauer zu investieren. Deswegen haben wir in den letzten Jahren unsere Ressourcen zunächst auf die Schweiz und Deutschland fokussiert. Dann haben wir die strategische Entscheidung getroffen, die Internationalisierung außerhalb dieser Länder durch einen viel weniger kapitalintensiven B2B-Ansatz zu verfolgen. Dass wir den B2C-Service in Spanien und Dänemark nun eingestellt haben, ist die konsequente Umsetzung dieser Strategie.

Sie sprechen das B2B-Geschäft an. Sie stellen Ihre Technik anderen Unternehmen zur Verfügung, die diese dann als eigene Streaming-Angebote vermarkten, z.B. TV Spielfilm Live. Lässt sich damit mehr Geld verdienen?

Also Geld verdient hat Zattoo auch schon vor dem Einstieg ins B2B-Geschäft. Aber wenn man nur finanzielle Mittel einsetzen kann, die man zuvor verdient hat, sind die Wachstumsraten begrenzt. Mit unserer fortschrittlichen Technologie, dem zunehmenden Wunsch anderer Unternehmen sich dem Streaming zu nähern und unserer Vision davon, Fernsehen übers Internet zu einem Standard-Empfangsweg zu machen, machte der Schritt ins B2B-Geschäft Sinn. Wenn uns Partner helfen, dieser Vision näher zu kommen, ist es nur bedingt relevant, ob auf dem Endkundenprodukt Zattoo drauf steht oder nicht. Wir machen uns lieber selber Konkurrenz als dass es andere tun. Durch das zusätzliche B2B-Geschäft konnten wir den Ausbau von Zattoo beschleunigen. Inzwischen arbeiten bei uns mehr als 110 Mitarbeiter. Und dieses Mitarbeiterwachstum spiegelt sich insbesondere in der Produktentwicklung wider.

Welche Rolle spielt denn dann noch das eigene Endkunden-Angebot unter der Marke Zattoo?

Das B2C-Geschäft macht weiterhin einen erheblichen Anteil unseres Umsatzes aus. Aber es ist auch aus strategischen Gründen für unser B2B-Produkt wichtig, weil wir auf diesem Wege die direkte Beziehung zu den Endnutzern haben. So wissen wir, was die Endnutzer wollen oder was sie an unserer TV-Plattform stört. Dies hilft uns stetig das Angebot auch für unsere B2B-Partner wie zum Beispiel 1&1 in Deutschland oder Salt in der Schweiz, zu verbessern. Es ergänzt sich einfach ideal: Wir fahren unter eigener Marke, bauen ein top Produkt, optimieren nebenbei automatisch die Plattform für unsere Partner gleich mit und profitieren gemeinsam von den Skaleneffekten in der Entwicklung und dem Betrieb unserer TV-Plattform. Das ist unser Wettbewerbsvorteil gegen so manche großen Unternehmen aus den USA, die sich auch darum bewerben, die Plattform für Streamingangebote von z.B. 1&1 bei uns oder Hotwire in den USA bereitzustellen.

Bleiben wir nochmal bei Ihrem eigenen Produkt: Da gibt es seit Jahren auch ein PayTV-Paket, aber offen gesagt von begrenzter Attraktivität. Ist da Bewegung zu erwarten?

Wir waren auch hier die ersten, die PayTV-Sender im Streaming angeboten haben. Aber Sie haben Recht: Da sind wir nicht weit, weil wir in den vergangenen Jahren keinen Schwerpunkt darauf gesetzt haben. Wir wollten nicht in die Spitze gehen, sondern Zattoo als alternativem TV-Provider im Markt positionieren, eben zum Beispiel für bisherige DVB-T-Kunden. Als wir uns dem Thema damals genähert sind 2011/12, da war das mit PayTV via Streaming noch experimentell. Da haben sich potentielle Partner erstmal schlau machen müssen: Dürfen wir das überhaupt rechte- und lizenztechnisch? Unsere Erkenntnis war: Wenn genug Geld fließt, dürfen manche Marktteilnehmer erstaunlich viel.

Hat sich das geändert?

Auf jeden Fall. Wir stellen fest: Distribution von Sendern bzw. Sendermarken war noch nie ein so großes Thema wie heute. In der Summe sind all diese neuen Verbreitungswege, da schließe ich auch mal Amazon Channels mit ein, inzwischen durchaus eine spannende Alternative zur Abhängigkeit von einem einzigen Pay-TV-Platzhirsch. Hier und da traut man sich was und da kommt sicher noch mehr Bewegung rein.

Auch ins Thema 4K?

Auch da. 4K wird eher für 2018 als 2019 ein Thema. Und das auf zwei Wegen: Wir haben B2B-Kunden, die das gerne umsetzen würden und wir selbst wollen das über unser eigenes Angebot natürlich auch realisieren. Linear mangelt es da noch an Sendern, aber wir haben ja auch OnDemand-Inhalte und werden da sicher in nicht allzu ferner Zukunft Inhalte von Partnern anbieten können.

Herr Meyer, herzlichen Dank für das Gespräch.