Wenn es so wunderbar ist, fürs Lernen bezahlt zu werden: Weshalb wollen Sie ab sofort darauf verzichten?

Yogeshwar: Habe ich das gesagt?

Zumindest machen Sie nach 25 Jahren Schluss mit "Quarks".

Yogeshwar: Ich höre mit "Quarks" auf, aber ich gehe nicht in Rente. Auch mit "Kopfball" oder "Wissen vor acht" habe ich irgendwann aufgehört und die Sendungen liefen trotzdem weiter. Es ist eher ein Loslassen, um Neues machen zu können.


Wie schwer fällt das Loslassen?

Yogeshwar: Wenn man tiefenpsychologisch über das Loslassen nachdenkt, geht es letztlich um die Frage, wie man mit dem eigenen Ego umgeht. Da gibt es einige, die sich ständig von ihrem Ego führen lassen, aber wenn man das durchblickt, geht’s ziemlich einfach. Vor allem, wenn man weiß, dass die Sendung in guten Händen liegt. Davon abgesehen kann ich sicher sein, dass ich Mai Thi keine großen Fußstapfen hinterlassen werde.

Können Sie wirklich keine großen Fußstapfen entdecken?

Nguyen-Kim: Ich bin ja mit der Sendung groß geworden und natürlich bin ich mir bewusst, dass sie in erster Linie Rangas Handschrift trägt. In unserer Motivation haben wir viel gemeinsam, aber im Stil sind wir verschieden.

"Die Leute sind besessen von Fakten."
Mai Thi Ngyuen-Kim

Wir haben Zugang zu so viel Information wie nie zuvor. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Yogeshwar: Vor 40 Jahren gab es auf medialer Ebene noch so etwas wie eine gemeinsame Information, inzwischen hat sich das Angebot völlig verändert. Wenn wir die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte mit der Nacht vergleichen, könnte man sagen: Früher gab wenige Leitsterne, heute sind es so viele, dass es taghell ist. Wir leben in einem ständigen medialen Rauschen, und das meiste, was wir Tag für Tag zu lesen und zu sehen bekommen, ist ein Rauschen künstlicher Aufgeregtheit. Mein Instinkt sagt mir, dass sich die Menschen in den nächsten Jahren wieder mehr nach Ruhe sehnen werden; dass sie sich nur noch einige wenige Medien wünschen, denen sie vertrauen wollen.

Ich möchte allerdings einwenden, dass auch beim WDR sehr viel rauscht.

Yogeshwar: Da haben Sie teilweise Recht. In manchen öffentlich-rechtlichen Sendern breitet sich der Virus der Erregungsbewirtschaftung ebenfalls aus, allerdings halte ich es für möglich, dass es in den Anstalten genügend kluge Köpfe gibt, die das erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen. Denn in dieser kommerziell betriebenen Soße ist unabhängige, valide, gut recherchierte und nicht erregt präsentierte Information das höchste Gut.

Nguyen-Kim: Man hört heutzutage ja oft das Wort "postfaktisch", aber meine Wahrnehmung ist eine andere: Die Leute sind besessen von Fakten. Es ist nur schwierig, die Fakten zu identifizieren. Gerade jetzt liegt es an den Öffentlich-Rechtlichen, mit Qualität auf sich aufmerksam zu machen. Man muss den Leuten nur auf Augenhöhe begegnen und ihre Sorgen ernst nehmen. Das hat viel mit Haltung zu tun.

Als wir vor einigen Jahren sprachen, äußerten Sie, Herr Yogeshwar, die Hoffnung, die Öffentlich-Rechtlichen könnten wieder stärker zu Ihrem Auftrag zurückkehren. Hat sich diese Hoffnung erfüllt?

Yogeshwar: An einigen Stellen leider nicht. Wir machen uns noch immer viel zu oft verrückt mit Klickraten und Quoten. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich übe oft Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber dahinter schimmert meine echte, große Liebe.

Wie geht es für Sie nach "Quarks" weiter?

Yogeshwar: Es gibt für mich kein Vakuum, denn in diesen Zeiten des Umbruchs ergeben sich viele Themen und Fragestellungen; zum Beispiel die gesellschaftliche Frage nach der Sinnhaftigkeit unseres Fortschritts. Darüber werde ich noch intensiver nachdenken und nach neuen Wegen suchen. Solche Gedankenräume auszuloten und zu artikulieren, finde ich ziemlich sexy. Sie werden daher auch in Zukunft von mir hören.

Frau Nguyen-Kim, Herr Yogeshwar, vielen Dank für das Gespräch.