Ja, denn die Frage stellt sich besonders dann, wenn das Umfeld dieses fiktiven Charakters so realistisch inszeniert wird wie in „Der Pass“.

Der Reiz der Serie liegt doch generell in der Mischung aus Märchen und Wahrhaftigkeit. Alles darin ist möglich, selbst die mystische Darstellung der Natur, ihre Unerbittlichkeit voller Wölfe und Raben. Was am Winter allerdings definitiv real ist, sind seine engen Kontakte ins Rotlicht-Milieu. Das werden Sie aus Hamburg gewiss ebenso kennen wie wir in Wien.

Und sei es, um durch kleine Deals die großen Exzesse zu vermeiden.

Ganz genau. Man liebt sich, man schlägt sich. Genauso wie Ärzte im Krankenhaus haben halt auch Polizisten schwerste Probleme mit Drogen, weil beide dazu Zugang und permanent mit dem Grauen zu tun haben. Winters Exzesse sind daher absolut denkbar. Dass er sich entsprechend kleidet, mag zu exaltiert wirken, aber Entschuldigung: Sie sehen mit diesem Truckerbart auch nicht aus wie ein Journalist; wenn ich Sie mit dem Outfit spielen würde, man würde mir dieselben Fragen stellen wie Sie mir. Aber genau das macht die Sache ja spannend.

Zumal im Kontrast zu Julias Jentsch als Winters ehrgeiziger Kollegin.

Die bei aller Naivität noch wirklich was bewirken will. Dass beide sich im Verlaufe des Falls mit- und aneinander verändern, unterscheidet ihn am Ende von gewöhnlicher Fernsehunterhaltung.

Und erinnert ein wenig an die „Piefke-Saga“ der Achtziger, in der sich die Protagonisten ähnlich skurril an deutsch-österreichischen Klischees abarbeiten.

Das stimmt, aber es steht und stand nicht im Vordergrund, dass der Wiener eher lässig ist und die Deutsche eher sittenstreng. Es geht eher um das Gegenüber von Visionen und Desillusionierung. Meine Figur entsprechend zu kleiden, in diesem alten Puff-Mantel mit Pelzbesatz – das war Gegenstand großer Diskussionen.

Die Sie mitführen?

Es war der Vorschlag des Wiener Kostümbildners, der der Regie too much war, worauf ich gesagt habe, wenn ihr mich fragt, ich finde, das Risiko muss man gehen. Lieber was wagen als den nächsten Parka anziehen.

Kannten Sie das Drehbuch eigentlich vor der Rolle?

Lustigerweise bekam ich vorm Buch ein Treatment mit Fotos, auf denen ich bereits in meiner Rolle zu sehen war. Die dachten wohl früh an mich. Und als ich dann gehört habe, dass Julia Jentsch mitspielt, war ich außer mir vor Freude.

Haben Sie dennoch einen Moment lang gedacht, solche leicht abgerockten Typen schon zu oft gespielt zu haben?

Barbesitzer, Schwerstalkoholiker, Rotlichttypen meinen Sie? Nicht, dass ich die dauernd spielen würde, aber das sind doch – zumal sie so weit von mir weg sind – die interessanteren Figuren. Menschen am Rand spiele ich schon gerne.

Aber ist es nicht noch interessanter, aus einer Beamtenseele Unterhaltung zu holen?

Nein, denn auch der exaltierten Figur muss man eine Seele geben, die nicht nur auf Exaltiertheit beruht. Beamtenseelen gegen den Strich, also mit mir, zu besetzen, sind gewiss größere Wagnisse und wie der klassische Held sehe ich nun mal nicht aus. Aber auch das wird noch passieren, keine Sorge.

Für den Helden fehlt Ihnen womöglich der Waschbrettbauch.

Aber wer bitte schön hat den denn? Waschbrettbäuche sind harte Arbeit. Dafür brauchst du Zeit und Disziplin. Für beides bin ich zu sehr Genussmensch.

Kennen Sie vor der Kamera so etwas wie Schamgefühl?

Na klar, auch ich bin nicht frei von Scham. Und das wurde mir hier wieder bewusst, als ich in der Kneipe lauthals Wolfgang Ambros singen musste. Aber wenn’s der Geschichte dient, also einen Mehrwert hat, moch i ois.

Sky zeigt "Der Pass" immer freitags um 20:15 Uhr bei Sky 1. Alle Episoden werden am Freitag, 25.1., auch auf einen Schlag bei Sky Ticket und Sky Go zum Abruf bereitgestellt.