Herr von Poser, Sie sind seit 2017 Geschäftsführer von Amalia Film. Was ist das für eine Produktionsfirma?

Felix von Poser: Das Unternehmen ist von Cornel Schäfer gegründet worden und ging wie ein kleines Start-up aus der Münchner Filmhochschule hervor. Vor ein paar Jahren hat sich die Studio Hamburg Production Group beteiligt und als sich Cornel auf die Arbeit als freier Produzent konzentrieren und seinen Lebensmittelpunkt nach Dortmund verlegen wollte, fragte mich Michael Lehmann (Geschäftsführer von SHPG, d. Red.), ob ich die Führung übernehmen möchte. Seither bin ich nicht nur als Geschäftsführer, sondern auch als Gesellschafter involviert. Dadurch genießen wir auf der einen Seite die Vorteile einer großen Gruppe, agieren gleichzeitig aber mit unseren vier Mitarbeitern in München äußerst flexibel.

Worauf haben Sie in den vergangenen beiden Jahren den Fokus gelegt?

von Poser: Ich persönlich entwickle zwar noch Kino-Stoffe, weil diese mir auch sehr am Herzen liegen; unser Hauptaugenmerk liegt aber neben TV-Movies derzeit auf Reihen und seriellem Erzählen. Da ist "Die Klempnerin", die noch von Cornel mit ins Leben gerufen wurde, natürlich ein toller Start. Für die Zukunft schielen wir aber auch auf High-End-Produktionen und wollen nach und nach mit den Formaten wachsen. Aktuell arbeiten wir neben der "Klempnerin" ganz konkret an einem weiteren Serien-Format für RTL sowie an einem Fernsehfilm und einem großen Serienprojekt für die ARD.


Am Dienstag startet nun zunächst "Die Klempnerin". Was zeichnet die Serie aus Ihrer Sicht aus, Frau Stellbrink?

Sibylle Stellbrink: Wir haben eine wunderbare Hauptfigur, die kraftvoll, bodenständig und sympathisch ist. Sie ist humorvoll und überrascht mit ihren ungewöhnlichen Methoden. Da wird nicht gequatscht, sondern gehandelt. Dass der Fokus auf einer Polizeipsychologin liegt, unterscheidet die Serie außerdem deutlich von anderen Crime-Serien, bei denen es oft ausschließlich um den Mordfall geht. Bei uns steht dagegen der Aspekt im Vordergrund, Menschen zu helfen – und zwar auf ganz empathische Weise. Mina Bäumer begleitet die Menschen und gibt ihnen etwas Gutes mit auf dem Weg. Im besten Falle geschieht das auch mit den Zuschauern.

Ich bin ein wenig über den Titel gestolpert, der sich vom Begriff der "Seelenklempnerin" ableitet. Wollen Sie die Zuschauer damit bewusst ein wenig in die Irre führen?

Stellbrink: Wir hatten sehr lange Diskussionen über den Titel, der das Publikum zunächst durchaus verwirren darf. Aber er passt deshalb so gut zu unserer Hauptfigur, weil sie sehr praktisch an die Sache herangeht und eben im weitesten Sinne versucht, Seelen zu „reparieren“.

von Poser: Der Titel soll und wird neugierig machen. Und eine gewisse Neugier kann bei der Vielzahl an Serien, die es mittlerweile gibt, ganz sicher dabei helfen, die Zuschauer zum Einschalten zu bewegen.

Nun wird "Die Klempnerin" von RTL als "Crimedy" bezeichnet, also als Mischung aus Crime und Comedy. Wie groß sind die jeweiligen Anteile?

von Poser: Die Comedy ist der essentiellere Teil, weil die Fälle anders funktionieren als bei den meisten anderen Krimis. Es geht uns nicht um den Täter, der gefunden werden muss, sondern um das Zwischenmenschliche. Da sind der mitunter abgedrehte Humor und die ungewöhnlichen Plots von elementarer Bedeutung.

Stellbrink: Es ist ja nicht so einfach, sich mit psychologischen Aspekten auseinanderzusetzen. Der Humor hilft, sich diesem Gebiet zu nähern. Unser Headautor Boris von Sychowski hat gemeinsam mit Dirk Eisfeld und Wolf-Rüdiger Kuhl dabei eine wunderbare Tonalität und ein ganz tolles Pacing an den Tag gelegt. Wir waren stellenweise wirklich mutig, auch weil die Folgen nicht immer das gleiche Muster dramaturgisch abarbeiten. Da ist der Humor mal mehr, mal weniger schräg. Es freut mich sehr, dass RTL diesen Weg mit so viel Kraft mit uns gegangen ist und uns dabei viele Freiheiten gewährt hat. Das ist nicht immer selbstverständlich und wir sind Philipp Steffens, sowie den Redakteurinnen Jean-Young Kwak und Nadja Malkewitz sehr dankbar für ihr Vertrauen.

Die Klempnerin© MG RTL D / Frank Dicks

Gleich zu Beginn der ersten Folge will sich eine Frau das Leben nehmen. Sie verbinden auch das mit einer humorigen Note. Wie schwierig ist es, selbst dieser Situation etwas Leichtes abzugewinnen?

von Poser: Das hängt besonders mit der Hauptfigur zusammen, die mit eben dieser Leichtigkeit durchs Leben geht und es dadurch schafft, Krisen zu bewältigen.

Stellbrink: Es ist schmaler Grat, keine Frage, und wir schauen natürlich auch genau drauf, wie wir Szenen wie diese am besten umsetzen. Letztlich hat es viel mit Haltung zu tun, mit positiver Haltung. Mit unserer Hauptdarstellerin Yasmina Djaballah hatten wir aber auch viel Glück. Wir haben sehr lange gecastet und Yasmina verkörpert genau das, was auch die Figur Mina Bäumer auszeichnet: Sie ist einerseits einfühlsam, sprüht gleichzeitig aber nur so vor positiver Energie. Das hilft bei schweren Themen ungemein. Und auch ihr Partner Jan Kittmann ist eine echte Entdeckung. Seine Rolle als Hauptkommissar Waldeck ist seine erste Fernsehrolle.

Erstaunlich ist, dass sich die jüngsten Serien-Starts der großen Privatsender stets durch eine gehörige Portion Humor auszeichneten. Ist das Ernste gerade gar nicht gefragt?

von Poser: Mit Formaten wie "Der Lehrer", "Danni Lowinski" oder "Magda" hat es in den vergangenen Jahren viele Beispiele dafür gegeben, dass die Sender mit humorvollen Farben gut fahren. Dadurch ist es vielleicht etwas einfacher, solche Stoffe zu verkaufen als düstere Geschichten.

Stellbrink: Die Herausforderung besteht darin, einen positiven humorvollen Zugang zu finden und trotzdem etwas Relevantes zu erzählen. Das zumindest ist unser Anspruch bei der "Klempnerin" und hat dazu geführt, dass wir jetzt auch schon mit RTL an den Büchern für eine mögliche Fortsetzung arbeiten. Am wichtigsten ist es uns am Ende, gut zu unterhalten, immer wieder zu überraschen und emotional zu berühren.

Wohin soll sich Amalia Film in den nächsten Jahren entwickeln?

von Poser: Ich hoffe, dass wir in zwei Jahren die Bücher für die vierte Staffel "Die Klempnerin" entwickeln dürfen. (lacht) Generell lässt sich die Entwicklung einer kleinen Firma nicht so gut planen, weil der Markt extrem unberechenbar ist. Wir arbeiten jedoch daran, sowohl eine Serie bei den klassischen Sendern zu haben als auch bei einem der neuen Player, zu denen ich auch Angebote wie TV Now oder 7TV zähle. In diesem Spannungsfeld hilft uns Simon Assmann, der seit dem vergangenen Jahr bei uns ist. Momentan befinden wir uns mit allen Seiten in Gesprächen, um sowohl fallbasierte als auch horizontal erzählte Serien zu entwickeln.

Frau Stellbrink, Herr von Poser, vielen Dank für das Gespräch.

RTL zeigt "Die Klempnerin" dienstags um 21:15 Uhr.