Herr Schreyl, wie lange mussten Sie eigentlich überlegen, als Ihnen die Moderation einer täglichen Talkshow angeboten wurde?

Marco Schreyl: Das habe ich nicht von heute auf morgen entschieden, da verrate ich kein Geheimnis. Ich bin damit mehr als einmal eingeschlafen und aufgewacht. Ganz schnell ging es also nicht.

Was war Ihr erster Eindruck, als sie "tägliche Talkshow" gelesen haben? Das Genre gab es zuletzt im deutschen Fernsehen ja nicht mehr.

Das stimmt, das Genre ist in den letzten Jahren gar nicht aufgetaucht. Das ist auch die Herausforderung: Wir wissen, dass wir im Jahr 2020 eine andere Talkshow machen als wir sie aus den 90ern kennen. Wir werden uns da unterscheiden, das war von Anfang an klar. Wir wollen am RTL-Nachmittag etwas neues starten und fallen dort ja auch nicht monolithisch vom Himmel, sondern sind ein Teil einer großen Reform. Der ganze Nachmittag wird neu gestaltet mit Gesichtern aus der Primetime. Ich reihe mich dort ein neben Oliver Geißen und Steffen Henssler. Auch das hat bei meiner Entscheidung geholfen. So eine komplette Umstellung einer ganzen Sendestrecke gibt es nicht alle Tage.

In der Talkshow selbst soll über aktuelle Dinge gesprochen werden, können Sie das konkretisieren? Mit wem reden Sie worüber?

Es geht um aktuelle Themen, die Sie morgens oder am Abend mit ihrer Familie und Freunden am Tisch besprechen. Wir haben den Anspruch, aktuelle Themen anzusprechen, die die Gesellschaft bewegen. Das reicht vom Liebesbetrug im Internet über die Fridays for Future Bewegung bis hin zur Volksdroge Alkohol. Wir wollen das nicht nur anschneiden sondern tiefgründig besprechen. Wir wollen aber auch darüber sprechen, wie es ist, eine/n neue/n Partner/in zu finden, der oder die schon ein Kind hat. Kommt diese Person für mich als Partner dann überhaupt noch in Frage? Daran merken Sie schon: Wir unterscheiden uns von den Sendungen aus den 90er Jahren und haben ein breites Themenspektrum.

Das heißt, bei "Marco Schreyl" gibt es keine Vaterschafts- und Lügendetektor-Tests?

Wir werden uns nicht mehr mit den Schamhaarfrisuren beschäftigen! Das ist richtig eingeschätzt von ihnen. 

Sprechen Sie denn mit "Normalos" oder auch mal mit Leuten, die man schon kennt?

Also mir ist vorher noch niemand über den Weg gelaufen und ich kann Ihnen sagen: Wir sprechen z.B. mit Frauen, die im Leben stehen und wissen wer sie sind - und trotzdem auf Liebesbetrüger reinfallen. Wir sprechen aber auch mit Leuten, die sich jeden Tag damit beschäftigen. Wenn das Kriminalbeamte sind, sind das die richtigen Ansprechpartner. Ich will aber auch die emotionale und psychologische Einordnung haben und da haben wir eine große Experten- und Promi-Runde, die über gewisse Dinge berichten kann. 

Die von Ihnen aufgeführten Themen hören sich aktuell, aber nicht nachrichtlich aktuell an. Ist das der Tatsache geschuldet, dass die Sendung zum Start größtenteils noch aufgezeichnet ist oder war das von Anfang an so geplant? 

Wir wollen relevante und aktuelle Themen bearbeiten. Aktuell bedeutet aber ja nicht, dass man nicht aufzeichnen darf. Das würde ja heißen, dass auch Wochenmagazine oder Tageszeitungen nicht aktuell wären. Wir müssen uns an die Gegebenheiten des Fernsehens halten und versuchen Themen, die entstehen und gerade diskutiert werden, aufzunehmen und dazu möglichst schnell relevante Gesprächspartner zu bekommen und diese dann auf den Sender zu bekommen. Wir wollen schnell und aktuell reagieren. Am Ende ist es manchmal besser, einen Tag länger zu recherchieren und die besseren Talk-Gäste zu organisieren, statt schnell auf Sendung zu gehen und die Zuschauer im Zweifel nicht so gut zu informieren.

"Wir machen eine Tageszeitung im Fernsehen."

Wie sehr sind Sie in den Redaktionsablauf eingebunden? Entscheiden Sie bei Gästen und Themen mit oder sind Sie nur Moderator?

Ich bin Teil des Teams. Wenn man fünf Tage in der Woche täglich sendet, ist das eine Ansage. Wir machen eine Tageszeitung im Fernsehen. Da gehört ein großes Team dazu und da kann ich gar nicht in jeder Auswahl beteiligt sein. Selbstverständlich halten wir unsere Köpfe zusammen und sprechen miteinander. Da wo "Marco Schreyl" drauf steht, soll auch viel Marco Schreyl drin sein. Aber ich bin auch kein Publisher, Herausgeber oder Chefredakteur. Ich bin der Moderator einer Sendung, die meinen Namen trägt, und werde mit meiner Handschrift so viel wie möglich dazu beitragen, dass ich dem gerecht werde. Aber es gibt natürlich auch Themen, über die ich weniger nachdenke, weil sie mich mir persönlich in meinem täglichen Leben weniger begegnen. Beim Thema Kinder und Familie z.B. habe ich keine Erfahrungen, stelle aber Fragen an Menschen, die Erfahrungen haben. Und da bin ich auch der Fragensteller für einen Großteil der Zuschauer meiner Sendung.

Einmal pro Woche soll die Sendung live gezeigt werden. Ist das auch noch der aktuelle Stand?

Am 10. Februar geht’s erst einmal los und wir sind gerade dabei, viele Sendungen vorzuproduzieren und werden uns da in vielerlei Hinsicht ausprobieren. Natürlich möchten wir auch live senden! Wann genau das sein wird, kann ich jetzt aber noch nicht sagen. Aber wenn es ein Thema gibt, dass wir nur live umsetzen können, werden wir das selbstverständlich machen. Ich bin aus meiner Radio- und Fernseharbeit Live gewohnt und mag es sehr.

Es gibt also vorerst keinen fixen Wochentag, an dem live gesendet wird?

Nein, den gibt es nicht. Das wäre auch kontraproduktiv für unsere Ansprüche. Wir wollen jeden Tag ein gutes Produkt abliefern. Eine Live-Sendung kann ja heute auch stattfinden, indem sie tagesaktuell produziert wird. 

Sie arbeiten ja noch für das WDR Fernsehen, für WDR 2 und auch für hr1. Könnten Sie bei einer täglichen Live-Sendung, die RTL-Unterhaltungschef Markus Küttner ja bereits in Aussicht gestellt hat, überhaupt noch so viel anderes machen? 

Ach, Sie kennen mich nicht! Ich bin groß, stark und arbeitswillig (lacht). Ich habe bislang ja auch schon sehr vieles live gemacht und das liegt mir einfach. Sie können mir glauben: Ich bin an diesem Live-Gedanken sehr interessiert. Das mit WDR 2 bekomme ich hin, ich werde nicht von Montag bis freitags mit "Marco Schreyl" beschäftigt sein. Und auch die Talks für die anderen Wellen finden zu Zeiten statt, wo es gut drum herum passt. Für mich wird sich da nichts ändern. Ich finde es toll, weiterhin trimedial zu arbeiten. Meine Liebe zum Radio bleibt bestehen. 

Sie sind ein TV-Profi und wissen, dass es vor allem um Quote geht. Auch am RTL-Nachmittag. Was ist Ihr Ziel mit "Marco Schreyl"? Wie viele Zuschauer wollen Sie erreichen?

Natürlich so viel wie möglich, das ist doch ganz klar! Sie wollen so viele Leser wie möglich, eine Tageszeitungen will möglichst viele Exemplare verkaufen. Wie genau die Quoten aussehen, werden wir sehen. Wir gehen nicht mit einer geballten Faust im Rücken oder einer großen Zahl vor Augen da rein. Wir versuchen, ein gutes Produkt abzuliefern und das erfolgreich zu machen. Es wäre ganz schlimm, schon vor dem Start des Rennens darüber nachzudenken, ob wir als erster, zweiter oder dritter ins Ziel kommen werden. Natürlich möchte ich ganz vorne landen, ich bin ja als Sportler aufgewachsen.

Sie waren lange nicht bei RTL zu sehen, jetzt also die Rückkehr. Wie fühlt sich das für Sie an?

Das fühlt sich sehr schön an, weil der Sender in meiner Zu-Hause-Stadt Köln liegt. Ich fahre einmal über den Rhein und bin dann bei RTL. Wir produzieren außerdem in Hürth bei nobeo, die Wege sind also kurz. Das fühlt sich alles sehr gut an. 

Als Sie damals RTL nach vielen Jahren "DSDS" und "Supertalent" verlassen haben, sah es aber nicht so sehr nach einer einvernehmlichen Trennung aus, oder?

Reden Sie über Ihre Lieben von früher? Nein. Lassen Sie uns über heute reden. Mit "Marco Schreyl" jeden Tag zu senden, ist doch die schönste Herausforderung, die ich haben kann. Ich habe mit RTL über viele Jahre sehr erfolgreich zusammengearbeitet und die Strukturen im Haus haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Es ist ein Arbeiten auf Augenhöhe und das ist mir wichtig. Und die Sache, also der Inhalt, die Sendung, hat mich begeistert. 

"Natürlich möchte ich ganz vorne landen, ich bin ja als Sportler aufgewachsen."

Nun trägt die Talkshow ja Ihren Namen. Verspüren Sie da einen besonderen Druck?

Alles was ich mache, egal ob da mein Name drauf steht oder nicht, mache ich mit einem hohen Anspruch. Ich möchte immer das optimale erreichen und ich mache nur etwas, das mir Freude macht. Das ist in diesem Business und im Leben generell ein absolutes Privileg, das weiß ich. Es gibt genügend Leute, die nur arbeiten, um ihren Kühlschrank voll zu bekommen – und das aus Notwendigkeit tun müssen. An allem, was man im Job macht wirklich Freude zu haben, ist in unserer Gesellschaft nicht selbstverständlich. Und natürlich ist es, wenn die Sendung so heißt wie ich, eine besondere Herausforderung. Ich möchte ja nicht, dass der Name wie ein austauschbares Label auf die Sendung getackert wird. Aber auch im Radio wird mein Name halbstündig genannt. Es wäre vermessen zu sagen, dass ich im Fernsehen ganz anders reagiere. Auch bei der täglichen Radio-Arbeit gebe ich 100 Prozent meiner Energie. Weil das mein Redaktionsteam für mich ja auch macht. 

Jetzt haben Sie ja schon einige Ausgaben aufgezeichnet. Was war dabei die größte Herausforderung oder gab es auch schon Überraschungen für Sie?

Wir probieren uns gerade aus. Wenn man den Führerschein gerade erst gemacht hat, ist das Autofahren natürlich anders, als wenn man schon 20 Jahre Erfahrung hat. Es gibt Grundpfeiler der Sendung und wir haben tolle Gäste, die Geschichten mitbringen. Hinzu kommt ein wunderbares Promi- und Experten-Panel. Das in das Daytime-Konzept zu bringen, benötigt Disziplin und eine gewisse Schlagzahl. Das ist eine große Herausforderung, aber bislang haben wir ein sehr gutes Gefühl. Trotzdem gehen wir alle abends fix und fertig nach Hause, weil wir viel gearbeitet haben. 

Herr Schreyl, vielen Dank für das Gespräch!