In der Fiktion haben Sie gerade eine zweite "Rampensau"-Staffel angekündigt. Wie verhält es sich in diesem Bereich mit der Zusammenarbeit mit TVNow?

Die zweite Staffel von "Rampensau" wird zusammen mit TVNow entstehen und dort ihre Premiere haben – "Lucie" und "Tonis Welt" hingegen sind Vox-Eigenproduktionen. Grundsätzlich ist es unser Ziel, persönlicher zu werden, indem wir die Eigenproduktionen weiter ausbauen. TVNow ist in diesem Zusammenhang ein starker Partner, weil wir dadurch fiktionale Inhalte in einer ganz anderen Schlagzahl anbieten können, als das in der Vergangenheit der Fall war. Es ist ja kein Geheimnis, dass US-Serien unseren Zuschauern und damit auch uns bei Vox derzeit keine große Freude bereiten.

Mit "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" nehmen Sie jetzt dennoch wieder eine US-Serie ins Programm. Was hat Sie ausgerechnet an dieser Produktion überzeugt?

"Vier Hochzeiten und ein Todesfall" ist eine Kultmarke, die gut zu unserer Programmfarbe passt. Daher glauben wir an diese Serie und hoffen, dass sie auch dem Publikum gefallen wird.

Wenn wir von eigenproduzierter Fiction für Vox sprechen, ist dann automatisch Serie gemeint?

Im Moment ja. Unser Ziel bei Vox ist es, einen Sendeplatz zu entwickeln, der ausschließlich mit eigenproduzierten Serien bespielt wird. Nur dadurch können sich Sehgewohnheiten beim Publikum einstellen. Im Zweifel warten wir deshalb lieber mit der Ausstrahlung, bis wir mehrere Serien am Stück programmieren können.

Erstaunlicherweise entdecken Streamingdienste wie Netflix inzwischen verstärkt Filme für sich und damit eine Disziplin, die deutschen Fernsehmachern eigentlich näher ist als die Serie.

Es gab schon vor 50 Jahren Serien im deutschen Fernsehen, das ist also gewiss nichts Neues. Letztendlich hängt die Entscheidung, auf Serien zu setzen, mit dem Programmschema und der wirtschaftlichen Ausstattung zusammen. Um einen Sendeplatz konsequent bespielen zu können, benötigt man eine gewisse Schlagzahl – und die ist aus Sicht von Vox mit Serien besser herstellbar.

Sind Sendeplätze heutzutage überhaupt noch so wichtig wie sie es früher einmal waren oder besteht die eigentliche Herausforderung nicht darin, mit einem neuen Format überhaupt durchzudringen?

Ich glaube, dass Sehgewohnheiten wichtiger sind als jemals zuvor. Je lauter und vielfältiger der Markt mit all seinen Angeboten ist, desto entscheidender ist es, dem Zuschauer Orientierung zu geben. Nicht umsonst gibt es Formate, die seit Jahrzehnten erfolgreich auf ihrem angestammten Sendeplatz laufen. Entsprechend schwer ist es, einen neuen Sendeplatz bei den Zuschauern zu etablieren – womit wir wieder beim Dienstag und "Die Höhle der Löwen" wären. Diesen Sendeplatz über sechs Jahre erfolgreich etabliert zu haben, hat für uns einen hohen Wert.

Das dürfte auch für "Das perfekte Dinner" gelten, das sich zuletzt wieder stabilisieren konnte.

In der Tat, "Das perfekte Dinner" bereitet uns große Freude. In der kommenden Woche läuft bereits die 3500. Folge – welches Daytime-Format schafft das schon? Aber auch die Entwicklung von "First Dates" verläuft ausgesprochen positiv. Generell ist unsere gesamte Daytime seit Jahren überaus verlässlich, deshalb stecken wir viel Energie in die Pflege. Das wird vom Publikum honoriert.

Für die Primetime haben Sie bereits das "First Dates Hotel" in Aussicht gestellt. Wann soll das eigentlich kommen?

Wir werden "First Dates Hotel" ab dem 20. April jeweils montags um 20:15 Uhr im Vorfeld von "Prince Charming" ausstrahlen, einem frischgebackenen Grimme-Preisträger. Mir liegen beide Formate sehr am Herzen, weil sie die Themen Diversität und Dating verbinden. Von "First Dates" kennt man das bereits vom Vorabend, wo wir auch viele schwule oder lesbische Protagonisten, Menschen unterschiedlicher Herkunft und alle Altersstufen dabei haben. Es ist uns ein Anliegen, die Menschen in ihrer Vielfalt abzubilden. Auf diesen bunten Montagabend freue ich mich sehr.

"Die Unterhaltung, die für mich sicherlich die größte Unbekannte war, fühlt sich schon ziemlich vertraut an."
Sascha Schwingel

Lassen Sie uns kurz noch einmal auf den Vorabend zu sprechen kommen. Wie leicht oder schwer fiel die Entscheidung, auf die tägliche "Prominent!"-Ausgabe zu verzichten?

Die Entscheidung fiel uns nicht wirklich schwer. Wir sind mit "Prominent!" am Sonntagabend nach wie vor sehr erfolgreich und glauben, dass wir das mit einer zweiten, langen Ausgabe am Abend ebenfalls sein werden. Parallel werden die längeren Dinner-Folgen von den Zuschauern sehr gut angenommen. In Summe handelt es sich somit um eine echte Win-Win-Situation.

In der Vergangenheit stand Vox schon einmal für das Thema Reisen. Wäre es nicht an der Zeit, daran anzuknüpfen? 

Der Markt hat sich in den letzten Jahren unglaublich stark verändert, weil es digital so viele Angebote zum Thema Reisen gibt, dass es ein klassisches Reisemagazin im Fernsehen möglicherweise schwer haben könnte. Dennoch finden wir das Thema sehr spannend und haben auch schon mit Kolleginnen und Kollegen von Gruner + Jahr darüber gesprochen, wie wir die Reisewelt möglicherweise zusammen bespielen können. Ich halte es für einen reizvollen Gedanken, die Marke "Voxtours" neu zu interpretieren, daher schauen wir gerade mit allen Gewerken – auch mit Vox Up – ob und wie man diese Idee umsetzen kann. 

Vor etwa einem Jahr wurde bekannt, dass Sie Vox übernehmen. Was hat Sie in dieser Zeit am meisten überrascht?

Es ist schon interessant, wie schnell der Picassoplatz mein neues berufliches Zuhause geworden ist. Auch die Unterhaltung, die für mich sicherlich die größte Unbekannte war, fühlt sich schon ziemlich vertraut an. Mit Kirsten Petersen und Marcel Amruschkewitz habe ich zwei Unterhaltungschefs an meiner Seite, die über eine große Expertise verfügen. Mit den beiden und ihren Teams kann man unglaublich konstruktiv und leidenschaftlich über Programm diskutieren – genau wie mit vielen anderen Menschen bei uns im Haus. Dieses kreative Umfeld thrillt mich jeden Tag aufs Neue. 

Herr Schwingel, vielen Dank für das Gespräch.