In meiner Kritik zur ersten Staffel habe ich "Frau Jordan stellt gleich" angekreidet, dass es #metoo mit dem Vorschlaghammer gibt, dass die Klischees sehr deutlich gezeigt werden. Wie sehen Sie diese Aussage?

Als wir angefangen haben mit der Serie, da ging der Skandal um Harvey Weinstein und die Debatte um #metoo los. Wenn man dann zu diesem Thema eine Comedy-Serie macht, sollte man die Eier haben, das Thema, über das grade alle in dem Zusammenhang diskutieren, auch anzusprechen. Aber auch unabhängig davon bin ich ganz anderer Meinung. Die Kombination aus einem durchaus ernsten Thema und Comedy in einem Serienformat gibt es in Deutschland nicht. Wir fanden das komisch, und zwar nicht im Sinne von lustig, und wollten das ausprobieren: ein Thema ernst nehmen und trotzdem drüber lachen. Was übrigens nicht dasselbe ist, wie sich drüber lustig zu machen. 

Wie schlimm finden Sie es eigentlich, dass Sie in Gesprächen über diese Serie viel mehr über Feminismus sinnieren müssen, als über die gezeigte Comedy?

Es überrascht mich, ehrlich gesagt. Niemand käme auf die Idee, sich mit einem Darsteller von "The Big Bang Theory" darüber zu unterhalten, welche Erkenntnisse diese Serie für die Physik hat. Beim Thema Gleichstellung scheint das komplett anders zu sein. Aber ich nehme es als Kompliment, dass meine Meinung zu den Themen #metoo und Feminismus gefragt ist, auch wenn das nichts über unsere Serie aussagt, in der es ja nicht nur um Frauen, sondern um alle Randgruppen und deren Benachteiligung geht. In einer Folge wird eine Frau beim Aufnahmeritual der Feuerwehr diskriminiert, während ein Rollstuhlfahrer parallel eine Rampe zum Puff möchte. Das Gleichstellungsbüro ist mit der Frage konfrontiert, was das dringlichere Problem ist: Frau bei der Feuerwehr oder Rollstuhlfahrer im Puff? Dennoch nimmt auch diese Folge ein Problem aus dem echten Leben ernst und greift es auf: Der Frauenanteil bei den Berufsfeuerwehren in Deutschland liegt bei gerade mal zwei Prozent. 

Um fair zu bleiben, geht es in "Frau Jordan stellt gleich" tatsächlich nicht nur um Frauenproblematiken, sondern um gesellschaftliche Probleme aller Arten.

Richtig, wir sind lustig und emotional, vor allem weil unsere Charaktere vor Herausforderungen stehen, die jeder von uns aus dem echten Leben kennt. Renate aus dem Gleichstellungsbüro, um die 50, Ehe gescheitert und alleinerziehend und mit der Frage: Kommt da nochmal was? Yvonne, unsere lesbische Mitarbeiterin, der es vor allem ums Feiern geht und die, umso älter sie wird, nicht weiß, ob das als Wert im Leben reicht. Meine Rolle, Eva Jordan, ist auf der Suche nach der großen Liebe und sich nie sicher, ob sie beim leicht lappigen Philipp aus dem Büro bleiben soll oder ob sich da nicht noch was Besseres findet. Unser Headautor Ralf Husmann hat Thema und Charaktere toll kombiniert und ich finde, dabei ist eine der besten Serien der letzten Jahre herausgekommen. 

Eine Serie, die hierzulande möglicherweise deshalb nicht so gut funktioniert, weil das deutsche Publikum Humor und ernste Themen gerne trennt?

Ich verstehe wirklich nicht, warum es sich in Deutschland so hartnäckig hält, dass man etwas nur ernst nimmt, wenn es die ganze Zeit bierernst ist. Wenn es lustig ist und gelacht wird, hat man ein Thema nicht ernst genommen. Das ist eins der größten Missverständnisse über Humor. Das Gegenteil stimmt. Humor ist ein Ventil, man kann sich anders ausdrücken und Menschen anders erreichen. Eine Freundin von mir im klassischen Rollenmodell aus meiner schwäbischen Heimat hat mich zum Beispiel nach der Serie angerufen und gesagt: "Ich fand's super. Ich wusste gar nicht, dass ich so benachteiligt bin!" Die hätte ich mit einer wissenschaftlichen Abhandlung wahrscheinlich nicht erreicht. 

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In Amerika funktioniert Comedy seit geraumer Zeit beinahe ausschließlich auf diese Weise.

Die besten Stand-up-Comedians haben die härtesten, traurigsten und krassesten Themen. Deswegen lachen wir, weil wir die Tragik verstehen, weil wir die Wahrhaftigkeit dahinter erkennen und weil Lachen und Humor helfen können, mit schlimmen und schwierigen Situationen im Leben umzugehen. Das wissen wir alle. 

Sie haben vorhin gesagt, dass mit "Frau Jordan stellt gleich" nicht nur die Zielgruppe erreicht werden kann, sondern auch andere Menschen. Finden Sie das wirklich? Ich vermute, dass nicht jeder die Witze versteht, der nicht sowieso schon im Thema ist.

Das Feedback von Joyn zeigt, dass wir tatsächlich querbeet die Menschen erreicht haben. Ich glaube es gelingt, weil wir jede Position vertreten. Bei uns gibt's den alten, weißen Mann, der ungeniert alte Witze von vor 30 Jahren zum Besten gibt, Frauen, die Karriere machen wollen, indem sie möglichst männlich auftreten oder auch Eva Jordan, die Eier hat und für das Thema einsteht. Jeder kann sich mit einer dieser Figuren identifizieren, ohne dass wir vorgeben, was die richtige Meinung ist. Kurzum: Die Rückmeldungen zeigen, dass wir Menschen erreicht haben, die bislang wenig mit dem Thema zu tun hatten.   

Gab es mit Ralf Husmann irgendwelche Auseinandersetzungen, weil er etwas anders gesehen hat, als der weibliche Teil des Writer Rooms?

So wie ich das mitbekommen habe, waren sich alle immer recht schnell einig.

Wie wichtig ist es, dass "Frau Jordan stellt gleich" nun im linearen Fernsehen läuft?

Für mich persönlich sehr wichtig. Endlich Hauptprogramm und Primetime! Das bedeutet, dass weite Teile meiner Familie noch wach sind, wenn ich im Fernsehen laufe. War bislang eher nicht der Fall. Ich find's also toll! 

Das bedeutet vor allem Primetime für eine weibliche Comedienne und Hauptdarstellerin, was im deutschen Fernsehen rar gesät ist. Gibt es da aus ihrer Sicht noch zu wenige andere Beispiele?

Klar. Verstehe ich null. Wenn wir durchgehen, wie viele Männer eine Personality-Show machen in Deutschland, kommen wir schnell auf fünf. Bei den Frauen würden wir uns schwertun, auf dieselbe Zahl zu kommen. Ich denke nicht, dass es daran liegt, dass Frauen durchweg weniger Persönlichkeit haben als Männer.  

Sie würden sich ernsthaft lieber eine langweilige Sendung mit einer Frau anschauen wollen, als eine Sendung mit einem Mann?

Ich habe bereits so viele langweilige Sendungen gesehen, die von einem Mann moderiert wurden, dass ich so solidarisch bin und sage: Von mir aus können Frauen auch mal bisschen langweilig sein. Das hat auch etwas mit Gerechtigkeit zu tun (lacht). Um in diesem Zuge ein weiteres, unpopuläres Thema anzusprechen: Ja, ich bin für die Frauenquote. Bislang wird automatisch mit Männern besetzt, egal wie und ob gut. Klar, die Frauen machen es vielleicht nicht aus dem Stand perfekt, haben die Männer aber auch nicht.

Hatten Sie persönlich Probleme in der Medienbranche durchzustarten, weil Sie eine Frau sind?

Ich war oft die einzige Frau. Man kann es als Nach- und als Vorteil sehen. Ich habe oft den Satz gehört: "Ahh, nee, wir haben doch schon eine Frau", wenn es beispielsweise darum ging, ein Panel zu füllen. Dann sitzt da eine einzige Frau in einer Männerdiskussionsrunde, die von einer männlichen Redaktion betreut wird. Davon kann ich auf jeden Fall berichten. 

Sie kennen diese Branche nun seit einigen Jahren. Welche Veränderungen haben Sie beobachtet, wenn es um Gleichberechtigung geht?

Gemessen daran, was man weiß über strukturelle Benachteiligung oder eben auch den "Gender Pay Gap", tut sich wenig. Ich persönlich versuche immer schon darauf zu achten, in meinen Sendungen ausgeglichen zu besetzen. So ist es auch bei "Frau Jordan stellt gleich", wo wir versuchen, in möglichst allen Bereichen ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu haben. Das ist also vielleicht das, was sich am ehesten verändert hat: Es gibt mittlerweile ein anderes Bewusstsein für das Thema.

Die meisten großen Sender haben einen männlichen CEO. Wie sehen Sie das?

Frauen machen die Hälfte der Bevölkerung aus. Es geht deswegen ja immer nur um ein Abbild der Gesellschaft. Es wäre nicht total verrückt, wenn sich das auch in Jobpositionen widerspiegelt. Frau Jordan sagt in einer Folge: "Ich glaube, dass die Gesellschaft dadurch besser wird. Für alle. Auch für Männer. Grade für Männer!" Statt als Gefahr kann man es ja eben auch als Bereicherung sehen. Dem schließe ich mich an.

Habe ich irgendetwas vergessen zu fragen, weil ich als Mann möglicherweise etwas übersehen habe?

(lacht) Mhmm, dieses Mal nicht und das, obwohl Sie ein Mann sind. Danke für das Gespräch!

Ich danke Ihnen, Frau Bauerfeind.

Die erste Staffel von "Frau Jordan stellt gleich" wird jeden Mittwoch um 20:15 Uhr bei ProSieben ausgestrahlt. Auf Joyn stehen zudem alle Folgen auf Abruf zur Verfügung. Eine zweite Staffel wurde bereits bestätigt.