Frau Plenk, viele Kinder waren durch die Corona-Krise wochenlang nicht in der Schule. Der Kika dürfte das in besonderem Maße zu spüren bekommen haben, oder? 

Wir haben sehr deutlich gemerkt, dass sich der Lebensalltag der Kinder verändert hat - insbesondere in den ersten beiden Wochen gab es eine Phase der Orientierung. Die Mediennutzung begann wesentlich früher, ob digital oder linear. Gleichzeitig wurden unsere Angebote länger genutzt als sonst. Bereits mit den ersten Schulschließungen haben wir versucht, unser Programm an diesen neuen Alltag anzupassen und beinahe unser gesamtes Angebot mit dem Hashtag #gemeinsamzuhause überschrieben. Da ging es dann auch darum, Tipps zu geben, was man machen kann, wenn man gerade nicht Medien konsumiert. Insbesondere im Vorschulbereich wollten wir den Kindern viel kreativen Input geben.


Wie genau haben Sie das Programm umgestellt?

Wir haben versucht, unseren linearen Ablauf so zu bauen, dass das Vorschulprogramm etwas gekürzt wird, damit auch die älteren Kinder früher abgeholt werden. Unsere Wissensschiene aus dem Abend, zu der Formate wie "Wissen macht Ah!", "Pur+" und "Löwenzahn" gehören, haben wir noch einmal am Mittag platziert. Wir sind kein Schulsender, haben aber natürlich Angebote, die mit ihrem Inhalt für gewisse Fächer nicht uninteressant sind. Danach haben wir Woche für Woche beobachtet, wie sich der Lebensalltag ändert. Nachdem sich auch die Schulen auf die Situation eingestellt und die Schüler wieder etwas mehr zu tun hatten, haben wir nachmittags verstärkt auf Unterhaltungsformate gesetzt, damit die Kinder etwas entspannen können – etwa mit Filmen oder Serien.  

Sie produzieren beim Kika auch eigene Formate. Gab es dort Einschränkungen?

Wir hatten das Glück, unsere Formate, die am Standort produziert werden, gut aufrechterhalten zu können. Uns ist es gelungen, jede Woche eine neue Ausgabe unseres Medienmagazins "Timster" zu produzieren. Auch das "Baumhaus" ging weiter. Natürlich unter all den Auflagen, die gefordert wurden. Wir mussten aber auch Dinge umstellen, beispielsweise "Kika Live". Das Format lebt normalerweise davon, rauszugehen und kulturelle Sachen zu beleuchten. Da haben wir Corona-bedingt unsere Kika-Gesichter aus allen Ecken Deutschlands digital zugeschaltet, damit sie sich im sogenannten "Battle" gegenüberstehen konnten. Umdenken musste auch die "Mädchen WG", aus der dieses Mal die digitale "Corona-WG" wurde. Die Situation birgt ein kreatives Potenzial, das die Formate anders belebt. 

Mittlerweile ist mehr oder weniger Normalität eingekehrt. Wie haben Sie auf die aktuelle Situation reagiert?

Wir sehen, dass der Vormittag fast Normalzustand zurückgekehrt ist. Im Moment legen wir einen Fokus auf die Vorschüler, weil gerade sie häufig noch zu Hause bleiben müssen. Die nonlineare Angebote kikaninchen.de oder unsere Kikaninchen-App haben wir entsprechend befüllt. Die Kinder haben immer noch unterschiedliche Bedingungen, auch wenn sich die Mediennutzung weiter "normalisiert". 

Welche Rolle wird Corona in Zukunft im Kika-Programm spielen? 

Die Krise wird uns noch lange begleiten – schon alleine, weil wir Produktionen erst einmal schieben mussten. Das trifft vor allem unser fiktionales Programm und sehr konkret einen koproduzierten Kinofilm, dessen Dreh nun erst einmal nicht wie geplant stattfinden konnte. Wir haben jedoch auch gesehen, dass die Kinder neben der Unterhaltung auch Information und Orientierung suchen. Darauf wollen wir in diesem Jahr mit unserem Themenschwerpunkt reagieren, den wir ursprünglich zu "Ernährung und Bewegung" machen wollten. Nun gehen wir zum Oberthema "Gesundheit" über. Da geht es auch um mentale Gesundheit und alles, was das Coronavirus als Gesprächsthema ausgelöst hat.

"Die Situation birgt ein kreatives Potenzial, das die Formate anders belebt."
Astrid Plenk 

Wie sieht der Schwerpunkt konkret aus? 

Wir machen den Themenschwerpunkt so, dass wir in unseren Hauptbrands wie "Wissen macht Ah!" oder „Pur+“ damit arbeiten können. Auch "Kika Live" wird sich damit beschäftigen. Es entstehen natürlich auch neue Formate. Das wird in diesem Jahr in der Reihe vom ZDF sein: Der Generationscontest, bei dem ältere und jüngere Menschen gegeneinander antreten. Ein weiteres Format ist "Dem Essen auf der Spur" vom RBB/ARD. Hier wird Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielen. Und wie schon beim letzten Schwerpunkt haben wir auch diesmal zusätzlich eine repräsentative Befragung erstellt, um herauszufinden, was den Kindern überhaupt wichtig ist. Diese Antworten werden zur Programmoptimierung genutzt. Deswegen können auch noch Themen entstehen, die bislang gar nicht geplant sind.  

Nicht nur Kinder haben viele Fragen, sondern auch die Eltern. Wenden die sich gerade eigentlich vermehrt an den Kika? 

In den letzten Monaten hatten wir extrem viele Zuschriften - sowohl von Kindern als auch von Eltern. Es war enorm, was da an Post auf uns zugekommen ist. Im Gegensatz zum normalen Posteingang hat sich dieser verdreifacht. Für die Eltern haben wir auf Kika.de einen speziellen Elternbereich mit Anregungen und Tipps zur Corona-Zeit eingerichtet. Besonders der gesamte Vorschulbereich wird von den Eltern genutzt. Das wurde dankend angenommen. 

Ihr Konkurrent Super RTL hat bereits vor Corona angekündigt, eine Art Nachrichtensendung machen zu wollen. Spüren Sie die Konkurrenz schon im Nacken?  

Der Kika ist in diesem Bereich sehr gut positioniert. Schon vor der Krise haben wir gesehen, dass wir unter anderem mit "logo!" ein verlässliches Informationsangebot liefern. Auch "Kika Live" bereitet aktuelle Geschehnisse auf, auch wenn es sich hierbei nicht um ein klassisches Nachrichtenmagazin handelt. Wir beobachten das natürlich und schätzen es sehr, wenn Super RTL sagt, dass wir das so gut machen und sie nun auch ein Nachrichtenmagazin aufbauen wollen. Es wird interessant, in welche Richtung das Format gehen wird. Wir werden unsere Formate "Kika Live" und "logo!" aber auch unabhängig von der Konkurrenz stetig weiterentwickeln.


Was wird 2020, abgesehen von dem Themenschwerpunkt, für den Kika wichtig werden? 

Ich freue mich ganz besonders auf den "Kika Award", den wir zum Jahresende ins Leben rufen werden. Hierfür suchen wir junge Helden, Forscherinnen und Forscher oder Künstlerinnen und Künstler. Genauer gesagt alle Kinder und Jugendliche, die sich für unsere Umwelt engagieren, sich für andere Menschen einsetzen, denen es nicht so gut geht, die gerne kreativ performen, die etwas Neues erfunden oder erforscht haben. Das ist ein positives Zeichen in dieser Zeit.

Frau Plenk, vielen Dank für das Gespräch.