Herr Beeck, Sie sind seit dem vergangenen Jahr die Stimme von "Love Island". Ihr Name wird in der Sendung nicht genannt – wie oft werden Sie dennoch mit der Show in Verbindung gebracht?

Erschreckenderweise gibt es dieses sogenannte Internet. (lacht) Es ist schon verrückt, wie viele Nachrichten ich bei Instagram erhalte. Die sind ja letztlich stellvertretend für das ganze Team. Da freut man sich schon, dass wir in Deutschland für viele Lacher sorgen, auch wenn die meisten von uns bei 34 Grad den ganzen Tag mit Maske im Gesicht herumlaufen müssen – und zwar auch in den Containern, in denen beispielsweise die Kollegen vom Schnitt sitzen. Die Reaktionen sind sehr aufbauend und die tollen Quoten natürlich auch!

Wie viel Einfluss haben Sie als Sprecher auf das, was letztlich gesendet wird?

Hinter dem Erzählen der Storys steht ein großes, tolles Team, aber auf das, was wie gesagt wird, habe ich natürlich Einfluss. Zusammen mit Andreas Hutzler, dem Sprüche-Mastermind von "Love Island", habe ich ursprünglich befürchtet, dass uns nach einem Jahr nichts mehr einfallen würde. Aber glücklicherweise sind wir eines Besseren belehrt worden. Vielen Dank an die Familie Stoltenberg. Ich persönlich habe nicht so viel vom politischen Wirken des Opas mitbekommen, aber der Enkel begeistert mich.

Benötigt man eine besondere Liebe fürs Realityfernsehen, wenn man ein Format wie "Love Island" kommentiert?

Auf jeden Fall. Jan Hofer von der "Tagesschau" könnte "Love Island" nicht so locker kommentieren. (lacht) Und meine Talkgäste in der ‚Dinner Party’ in SAT1 würden bei dem Singsang sicher auch etwas komisch gucken. Aber ganz ehrlich: Man muss schon ein Herz für Trash haben – und das habe ich. Von Dschungel über "Promi Big Brother" bis hin zum "Sommerhaus der Stars" schaue ich mir alles an. Man muss diese Art des Fernsehens mögen. Sonst wäre der Job pure Arbeit.

Weil Sie gerade all die Reality-Formate ansprechen: Wie kann "Love Island" da herausstechen?

Der USP von "Love Island" ist Love, der USP vom Dschungel ist Schulden abbauen. Ich glaube allerdings, vielen Zuschauern in Deutschland ist noch gar nicht bewusst, dass wir bei "Love Island", anders als beispielsweise beim "Sommerhaus", quasi tagesaktuell produzieren. Vieles von dem, was man abends im Fernsehen sieht, passiert teilweise noch zehn Stunden zuvor. Das macht die Produktion stressiger als bei anderen Formate, die über Wochen hinweg im Kölner Schnittraum zusammengebaut werden kann.

Love Island © RTLzwei "Love Island"-Kandidaten im Pool

Auf die Stimme kommt's auch bei Ihrem Podcast an. "Hustensaft & Altersheim" heißt er, was jetzt nicht gerade einladend klingt. Können Sie ihn ein wenig schmackhafter machen?

(lacht) Das ungeschriebene Podcast-Gesetz lautet ja: Der Name darf nichts mit dem zu tun haben, was am Ende herauskommt. Das ist bei "Fest und flauschig" und "Gemischtes Hack" so – und so ist es auch bei "Hustensaft & Altersheim". Überzeichnet gesagt trifft die Generation Hustensaft, die um die 20 Jahre alt ist, auf die Generation Altersheim, die um die 40 ist. Ich habe lange nach einer Podcast-Idee gesucht und dabei festgestellt, dass es viele alte weiße Männer gibt, die sich unterhalten, aber das Gespräch zwischen Mann und Frau gibt es nicht so oft, vor allem nicht mit einem Altersunterschied von zwei Jahrzehnten. In diese Lücke wollen Paula-Marie Dröger, die mit ihren 22 Jahren ein ganz anderes Leben führt als ich, der Familienvater, gerne stoßen.

Wie haben Sie beide zusammengefunden?

Die Liebe entstand auf den Fluren des Westdeutschen Rundfunks. Paula hat nach ihrem Abi ein freiwilliges soziales Jahr gemacht – wie im Altenheim, nur eben beim WDR. Ich fand es damals krass, wie gut diese junge Frau mit Sprache umgehen und gleichzeitig ihre Haltung verteidigen kann. Da war für mich klar, dass ich gerne mit ihr zusammenarbeiten würde.

Der WDR war nicht dieser Meinung? Erstaunlicherweise entsteht der Podcast nämlich in Kooperation mit der Deutschen Telekom.

Beim WDR ist das Projekt ehrlich gesagt gar nicht auf dem Tisch gelandet, daher gab's auch keine Ablehnung. Die Idee ist, wenn man so will, in einem ganz anderen Gewächshaus entstanden. Wir nutzen für den Podcast eine Datenerhebung der Telekom, die die Generation von Paula gefragt hat, wie sie auf verschiedene Themen schaut. Das ist sehr spannend, sich daran abzuarbeiten und neue Gesprächspunkte zu finden.

"Vielleicht muss das Radio wieder unberechenbarer werden, weil es an manchen Stellen zu vorhersehbar geworden ist."

Sie moderieren seit vielen Jahren bei 1Live. Droht das Radio nicht irgendwo zwischen der Vielzahl an Podcasts auf der einen und der wachsenden Nutzung von Streamingdiensten auf der anderen Seite zerrieben zu werden?

Es wäre unfair, Podcasts und Radio miteinander zu vergleichen. Den Job, den ich als Radio-Moderator mache, mache ich in einem Nebenbeimedium. Natürlich wird 1Live wegen der Musik gehört und auch wegen der Moderatoren, die den Hörern die Songs und all die anderen Themen näherbringen. Aber machen Sie doch mal den Test, wenn Sie mit einer anderen Person im Auto sitzen: Wie oft stoppt ein Gespräch, weil der Moderator etwas sagt? Das ist beim Podcast anders. Den hört man gezielt, weil man die Frauen und die Männer vor dem Mikrofon und das, was sie sagen, spannend findet. Und dass das Radio durch Streaming zerstört wird, glaube ich ebensowenig. Der Lieblingssong meiner Eltern ist "Video Kills The Radio Star" – aber auch 40 Jahre später senden wir noch immer. Ich finde es erstaunlich, wie viele Menschen sich nach wie vor beteiligen, wenn wir bei 1Live beispielsweise die "Übernahme" machen. Vielleicht muss das Radio aber wieder unberechenbarer werden, weil es an manchen Stellen zu vorhersehbar geworden ist.

Wann reifte in Ihnen die Erkenntnis, dass Sie für ein Nebenbeimedium arbeiten? Es muss doch etwas desillusionierend, wenn man feststellt, dass die Leute einem gar nicht richtig zuhören.

Vor zwei Wochen. (lacht) Im Ernst, ich sitze seit 25 Jahren in einem Radiostudio. Aber relativ spät in deinem Berufsleben wird dir bewusst: Das, was ich da vormittags in 1Live mache, erfreut viele Menschen – dass aber jeder einzelne der rund 650.000, die dann gerade zuhören, an meinen Lippen klebt, ist tatsächlich eine Illusion. Mein Job als Radiomoderator ist es, Menschen nach einem Song innerhalb weniger Sekunden für das zu begeistern, was als nächstes kommt. Egal ob Musik oder ein anderes Thema. Das ist ein uraltes Handwerk und vielleicht ein wenig anders als in der Zeit, in der Thomas Gottschalk beim Radio angefangen hat, als es noch keine Konkurrenz durch andere Sender oder Social Media gab. Damals hingen die Menschen vermutlich wirklich noch vor dem Radio und haben die Witze mitgeschrieben.

Manche Sender sind inzwischen dazu übergangen, dass die Hörerinnen und Hörer in der App die gespielten Songs überspringen zu können. Wie finden Sie das?

Das geht so lange gut, bis der Moderator im echten Programm wieder anfängt zu reden. Dann tut es technisch meistens im Ohr weh, ist meine bisherige Erfahrung. Die Idee finde ich grundsätzlich super, auch wenn ich es schade finden würde, wenn sich die Menschen gar nicht mehr für die Musik interessieren, die ihnen vorgestellt wird. Es geht ja auch um eine Art musikalischen Bildungsauftrag. Klar ist aber auch: Im Mainstream-Radio ist Musik immer ein Kompromiss. Vielleicht gibt es irgendwann ein Radio, das es technisch beherrscht, ein wenig mehr individuelle Musik zu spielen, aber dennoch gleichzeitig auf Moderatoren setzt, die mehr als nur tote Worte in ein Mikrofon sprechen, um sie hinterher ins Programm hineinzumischen.

Um noch einmal den Bogen zu spannen: Bei "Love Island" steht nun die letzte Woche an. Wie sieht Ihre Zeit danach aus? Immerhin befinden Sie sich gerade in einem Risikogebiet.

Im vergangenen Jahr habe ich am Tag nach meiner Rückkehr direkt wieder bei 1Live moderiert, was keine gute Idee war. Das werde ich in diesem Jahr alleine schon wegen der Vorgaben durch Jens Spahn anders lösen. Nach meiner Rückkehr begebe ich mich daher diesmal in geistige Quarantäne. (lacht) Danach wird’s aber nicht langweilig, weil wir nach der Quarantäne neue Folgen der "Dinner Party" aufzeichnen, die dienstags nach Mitternacht in Sat.1 laufen. Ab Mitte Oktober sitze ich dann zwischen 10 und 14 Uhr wieder im 1Live-Studio. Und ich freue mich drauf.

Herr Beeck, vielen Dank für das Gespräch.

"Love Island", sonntags bis freitags bei RTLzwei