Wer britische Krimis mit ihrer liebevoll-akkuraten Figurenzeichnung und ihrer gekonnten Sezierung von Kleinstadt-Universen mag, wird "Broadchurch" lieben. Nicht umsonst ist die von Kudos ("Law & Order: UK", "The Hour") produzierte ITV-Serie Ende Mai als großer Abräumer aus der Verleihung der BAFTA Awards hervorgegangen. Neben zwei Darstellerpreisen gab es die Auszeichnung als beste Dramaserie des vergangenen Jahres.

Die erste Staffel von "Broadchurch" hat tatsächlich alles, was ein fesselnder Krimi braucht: acht Folgen lang Hochspannung im horizontal erzählten Fall eines Kindesmordes, jede Menge Verdächtige und falsche Finten, Raum für komplexe Charaktere - und mit David Tennant, bekannt als "Doctor Who", ein echter Superstar als Ermittler.



Der von Tennant gespielte Detective Inspector Alec Hardy ist zu Beginn der Serie der fremde Neuankömmling in der fiktiven Kleinstadt Broadchurch. Einer, der so manches Päckchen mit sich herumträgt. Nicht nur, weil er ernsthafte gesundheitliche Probleme hat, sondern auch, weil ihn dunkle Schatten der jüngsten Vergangenheit verfolgen. An seiner letzten Wirkungsstätte ist ihm - offenbar durch seinen eigenen Fehler - ein Mörder durch die Lappen gegangen. Hardy ist davon getrieben, das wieder gutzumachen. Gern gesehen wird seine Ankunft nicht von allen, insbesondere nicht von Detective Sergeant Ellie Miller (Olivia Colman), der er die versprochene Beförderung wegschnappt.

Zeit sich miteinander zu arrangieren, haben die beiden Ermittler nicht. Sofort sind sie von dem Mord am elfjährigen Danny gefordert, der am Strand von Broadchurch gefunden wird und dessen Tod die Kleinstadt-Idylle gehörig erschüttert. Hardy und Miller - letztere mit der Familie des Jungen gut befreundet - machen sich auf die mühsame Suche nach dem Mörder. Dabei stoßen sie auf ein halbes Dorf voller Verdächtiger. Dannys Vater kann kein Alibi vorweisen, sein bester Freund Tom löscht alle Handy-Nachrichten, Kioskverkäufer Jack wird als Sexualstraftäter entlarvt, Dannys Skateboard bei Wohnwagenbesitzerin Susan gefunden. Jede Wendung stellt nicht nur die Ermittler, sondern mit ihnen auch die Zuschauer vor neue Puzzlestücke und neue Rätsel. Zu Tage treten auch manche dunkle Dorfgeheimnisse, die gar nichts mit dem Mord zu tun haben.

Mit Reichweiten zwischen 7,3 und 8,6 Millionen Zuschauern sowie Marktanteilen zwischen 22 und 34 Prozent lieferte "Broadchurch"-Showrunner Chris Chibnall dem Sender ITV im Frühjahr 2013 einen Riesenerfolg. Die Straßenfeger-Qualitäten der Serie spiegelten sich in einer breiten öffentlichen und medialen Diskussion wider. "Broadchurch serves up a killer finish", titelte die britische Boulevardzeitung "The Sun" am Tag nach dem Staffelfinale und berichtete über den "Schock" bei der Auflösung.

Da ist es kein Wunder, dass "Broadchurch" noch weitere Kreise zieht. Die Dreharbeiten zur zweiten Staffel haben kürzlich an der Küste von Dorset begonnen. Aus der neuen Geschichte machen die Verantwortlichen noch ein großes Geheimnis. Sicher ist: Tennant und Colman sind als Ermittler wieder dabei, Kinostar Charlotte Rampling stößt zum hochkarätigen Ensemble dazu.

Zudem bringt David Tennant die höchst seltene Konstellation fertig, die gleiche Rolle in der gleichen Serie auf zwei Kontinenten zu spielen. Er ist nämlich ebenfalls der Star des US-Remakes von "Broadchurch", das im Herbst unter dem Titel "Gracepoint" bei Fox laufen wird. Dort liegt die Kleinstadt an der kalifornischen Küste, Tennants Detective heißt Emmett Carver und seine Partnerin spielt Anna Gunn, die in "Breaking Bad" Walter Whites Ehefrau Skyler war. Die amerikanischen Produzenten, zu denen auch Originalautor Chibnall gehört, versprechen für "Gracepoint" neue Verdächtige und veränderte Storylines. Die deutschsprachigen Free- und Pay-TV-Rechte an "Broadchurch" liegen bei der ProSiebenSat.1-Gruppe, die den Achtteiler bislang allerdings nur auf ihrem österreichischen Sender Puls 4 ausgestrahlt hat.