Seit Marc Rasmus vor mehr als eineinhalb Jahren die Führung von Sat.1 übernommen hat, herrscht wieder Ordnung im Programm – zumindest über weite Strecken hinweg. Und auch wenn der ganz große Quotensprung nach oben bislang ausblieb, so ist doch erkennbar, dass seine klaren Programmierungen erste Früchte tragen. Tatsächlich war Sat.1 in der zurückliegenden Saison einer der wenigen Gewinner: In gleich fünf von neun Monaten konnte der Marktanteil gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden; im Herbst konnte der Privatsender mit 7,8 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen sogar den stärksten Monat seit mehr als vier Jahren feiern.

Diese Flughöhe konnte Sat.1 im weiteren Verlauf der Saison zwar nicht halten – der vergangene Oktober zeigt allerdings, was möglich ist, wenn der Sender gleich mehrere schwere programmliche Geschütze auffährt. Mit "Promi Big Brother", dem "1% Quiz", dem "Großen Backen" und Julia Leischiks "Bitte melde dich" hatte Sat.1 zu diesem Zeitpunkt gleich mehrere Stabilisatoren im Programm, deren Erfolge sogar die mageren Quoten von teils weniger als zwei Prozent Marktanteil abfederten, die damals mit dem Start der neuen Vorabendserie "Für alle Fälle Familie" einhergingen.

Tatsächlich hat Sat.1 inzwischen auch den Vorabend einigermaßen stabilisieren können – sieht man mal von besagtem Serien-Flop ab, der zur Folge hatte, dass der Sender erstmal von seinem ursprünglichen Plan abgewichen ist, auch auf dem 18-Uhr-Sendeplatz auf Dailys zu setzen. Um 19 Uhr funktionierte zuletzt erneut "Die Landarztpraxis" gut, die vor allem von zeitversetzter Nutzung profitiert. Aber auch "Die Spreewaldklinik" schlug sich einigermaßen wacker und empfahl sich für eine zweite Staffel, deren Ausstrahlung demnächst beginnen wird. In den Stunden zuvor sorgen inzwischen bekannte Köpfe und Marken, darunter Ingo Lenßen, "Notruf" mit Bärbel Schäfer und die zurückgeholte Scripted Reality "Auf Streife" für ein solides Grundrauschen.

Den größten Sat.1-Erfolg findet man allerdings nach wie vor in den Morgenstunden. Nach wie vor ist das "Frühstücksfernsehen" ein verlässlicher Anker, mit dem der Sender seit vielen Jahren die Marktführerschaft vor RTL verteidigt, auch wenn die "Punkt"-Magazine der Kölner zuletzt etwas nähergekommen sind. Erfolge feierte Sat.1 mit dem "Frühstücksfernsehen" inzwischen sogar an sieben Tagen der Woche, denn nachdem es bereits vor einiger Zeit gelungen ist, die Sonntags-Ausgabe zu etablieren, sendet das Team inzwischen mit sehr ordentlichen Quoten auch am Samstagvormittag.

Sat.1 kämpft sich wieder vor Vox

Allzu viele neue Akzente hat Marc Rasmus in der zurückliegenden Saison derweil nicht gesetzt, sondern eher versucht, bestehende Strukturen zu stärken. Die Quiz-Schiene am Donnerstag läuft dadurch ebenso stabil wie der Show-Abend am Freitag, wo zuletzt auch "Die besten Comedians Deutschlands" punkteten. Mittwochs gelang es hingegen nicht, eine weitere Kochshow zu etablieren – stattdessen sollen demnächst die Backprofis vom Vorabend in die Primetime befördert werden. Am Montagabend gelang es indes, "Promis unter Palmen" zu reaktivieren. Die Realityshow konnte zwar nicht an frühere Erfolge anknüpfen, war aber auch auf Joyn gefragt und erfüllte somit den Zweck, sowohl im Linearen als auch im Non-Linearen das Publikum anzusprechen. Mit der Rückkehr von "The Biggest Loser" auf den Sonntag schaffte es Sat.1 außerdem, auch diese Marke wieder zu stärken.

Zusammen mit einigen erfolgreichen Fußball-Übertragungen – allen voran der Relegation, deren Rechte der Sender auch in den kommenden Jahren halten wird – hat sich Sat.1 in der zurückliegenden Saison also recht wacker geschlagen. So wacker, dass man sich auch wieder gegen den Konkurrenten Vox durchsetzen konnte, der das Sender-Duell noch vor einem Jahr für sich entscheiden konnte. Selbst ein bitterer Flop wie die Weihnachtsshow "Unser Festtagsmenü", die sehr ernüchternden Quoten von "Murmel Mania" oder quotenschwache US-Serien wie "The Irrational" oder "Elsbeth" konnten daran nichts ändern.

Mit Blick auf die nächste Saison darf man nun gespannt sein, ob es Marc Rasmus gelingt, den Wachstumskurs fortzusetzen. Mit der Rückkehr eigenproduzierter Serien in der Primetime geht Sat.1 jedenfalls den nächsten Schritt – wenn auch ohne allzu großes Risiko, wie die angekündigten Comebacks von "Der letzte Bulle" und "Kommissar Rex" belegen. Zu Rasmus' Vorhaben, für mehr Verlässlichkeit zu sorgen, passen Serien wie diese aber allemal.