Was ist zweifellos der bedeutendste Deal der letzten Jahre in Mediendeutschland?

RTL / Sky © RTL / Sky
Die Ankündigung von RTL Sky Deutschland zu übernehmen - für den sagenhaften Spottpreis von 150 Millionen Euro - bargeldlos und schuldenfrei. Die RTL Aktie legte am Freitagmorgen gleich mal um rund 10% zu. Comcast, das sich bekanntermaßen von Sky Deutschland seit langem trennen wollte, weil seit 2018 Milliardenverluste angehäuft wurden, hatte seinerzeit rund 40(!) Milliarden Dollar bezahlt. Für sie nun das Ende mit Schrecken, für das integrationsgeübte RTL auf einen Schlag 5,2 Millionen Abonnenten mehr. Mit kombinierten 11,5 Millionen ist man zwar noch nicht auf Augenhöhe aber in Schlagdistanz zu Prime Video (15) und Netflix (18). Es gibt zwar noch einen Earn-Out für Comcast von bis zu 377 Millionen Dollar, wenn die RTL-Aktie über 70 Euro stiege, aber den wird man in Köln angesichts einer Marktkapitalisierung dann jenseits der 11 Milliarden Euro sicherlich leicht verschmerzen können. Für die Sky-Kolleg*innen in Unterföhring verheißt dies indes nichts Gutes. Auch wenn offiziell von einer nächsten Phase des Unternehmens gesprochen wird: Bertelsmann-Chef Thomas Rabe avisiert nach drei Jahren Synergieeffekte von 250 Millionen Euro jährlich. Die müssen irgendwo herkommen. Und nach meiner Erfahrung sind Übernahmen in der Regel keine Liebeshochzeiten. Der Deal steht noch unter Kartellamtsvorbehalt. Ich denke, er wird gelingen und so 2026 nicht nur ein deutscher Medienchampion, sondern ein wahrlich europäischer TV- und Streaming-Riese entstehen.

Mehr lest ihr hier: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/rtl-hat-angekuendigt-sky-deutschland-zu-kaufen-110561332.html

 

Was hat mich nicht wirklich überrascht, aber dennoch nachdenklich gemacht?

Popcorn © N Wong / Flickr (CC BY-ND 2.0)
Dass die neue Sonderpublikation „Deutsche Filme im Zeitverlauf“ der FFA Filmförderungsanstalt belegt: neun der zehn erfolgreichsten heimischen Filme seit 2000 waren Komödien. Nur ein Drama („Das Parfüm“) schaffte es unter die Top 10. Schon nach der Münchener Filmwoche im Januar, bei der die Verleiher ihre Slates den Kinobetreibern vorstellten, dachte ich mir: ein bißchen mehr Mut zu originalen Ideen abseits der Komödie dürfte es schon sein. Und mir fiel die grandiose Paramount+ Serie „The Offer“ von 2022 wieder ein. Sie beschreibt, düster und lustig zugleich, wie der wohl berühmteste und in seiner Zeit erfolgreichste Film aller Zeiten („The Godfather“ aka „Der Pate“) hundertfach beinah nicht zustande gekommen wäre. Aus heutiger Sicht ein No Brainer, damals höchst umstritten, eine mutige Entscheidung des Studio-Bosses Bob Evans. Ich will hier nichts romantisieren. Das Verleihgeschäft war und ist hart, die Kinos in den letzten Jahren arg gebeutelt, die Sehnsucht nach Sure Hits groß. Aber ich frage mich: müssen wir bei all der Streaming-Konkurrenz nicht gerade deswegen versuchen mit großartigen, anderen Filmen das Kino wieder mehr zu einem magischen Ort zu machen? Mit meinen Kollegen bei Pantaleon Films versuchen wir das mit unserem Oktober-Release „Das Leben der Wünsche.“

Mehr zur FFA Veröffentlichung hier: https://www.blickpunktfilm.de/kino/rueckblick-ffa-komoedien-dominieren-in-deutschen-kinos-bb1c45b812c4c308807129476f61588b

 

Wer macht jetzt so ein bisschen auf Disney?

Netflix © IMAGO / NurPhoto
Netflix, mit der Etablierung der sogenannten Netflix Houses. Das sind dauerhafte, interaktive Erlebniswelten, die Fans das Eintauchen in die Welten ihrer Lieblings-Serien und -Filme ermöglichen sollen. Die Locations (dieses Jahr noch in Philadelphia und Dallas, 2027 in Las Vegas) kombinieren thematische Attraktionen (z. B. Escape Rooms, VR-Spiele etc.), gastronomische Angebote und exklusive Merchandise-Shops. Mit Serien wie Squid Game oder Bridgerton kann ich mir das gut vorstellen. So entstehen emotionale Erlebnisse, physisch-digitale („phygital“) Integration und vielfältige Einnahmequellen, die die Fans langfristig an die Marke Netflix binden. Ob das nun eine ähnliche Strahlkraft entwickelt wie Disneyworld bleibt natürlich abzuwarten. Aber ich hatte schon zu Beginn des Jahres in einem Artikel darauf hingewiesen, dass ein Blick auf „immersive entertainment“ für große europäische Studios mit beliebten eigenen IPs lohnt. Es muss ja nicht gleich ein ganzes Haus sein. Ich helfe gerne beim Nachdenken.

Mehr zu den Netflix Houses und der ganzen „experiental strategy“ hier: https://www.latimes.com/entertainment-arts/business/story/2025-06-17/netflix-house-retail-las-vegas-philadelphia-dallas

Wer geht nach sechs Jahren wirklich All-In?

Apple TV+ © Apple
Apple, mit seiner Movie-Strategy. Diese Woche ist „F1“ (Regie: Joseph Kosinski „Top Gun: Maverick“, Produzent: Jerry Bruckheimer) mit Brad Pitt weltweit in die Kinos gekommen in Deutschland auf Platz 1). Produziert wurde in enger Kooperation mit der Formel 1, einer der Executive Producer ist Lewis Hamilton. Obwohl ein Apple+ Original spricht der „theatrical release“ (durch Warner Bros.) ohne einen genauen Starttermin für die eigene Plattform zu benennen zweifellos für eine hohe Qualität. Gut, das möchte man bei kolportierten 200 Mio. US Dollar Budget auch erwarten. Verwendet wird unter anderem eine fortschrittliche Kamera-Technologie, die angeblich auch in den neuesten iPhones zum Einsatz kommt. Dennoch: CEO Tim Cook betont, dass der Film nicht primär dazu da sei, mehr iPhones zu verkaufen, sondern dass Apple TV+ als eigenständiges Geschäft betrachtet wird. Ein möglicherweise verlustreiches Geschäft, eher ein Marketing-Spend, wie Jeff Bezos’ Prime Video? Nun, ich hoffe die Übung gelingt. Und ich werde mir den Film auf jeden Fall im Kino anschauen. Er sollte das iPhone unter den diesjährigen Filmen sein.

Mehr zur Apple Content Strategie lest ihr hier: https://variety.com/2025/film/news/f1-apple-movie-strategy-tim-cook-lewis-hamilton-1236424270/


Und wem möchte ich von Herzen gratulieren?

Andreas Bartl © RTLzwei
Dem geschätzten Kollegen Andreas Bartl zu nahezu elf Jahren an der Spitze von RTL II. Wir lernten uns kennen, als ich junger Programmchef bei kabel eins und er Programmplanungschef bei ProSieben war. Später steuerten wir gemeinsam mit vielen Kolleg*innen durch das unruhige Fahrwasser der Transformation der ProSieben Media AG zur ProSiebenSat.1 Media SE. In dieser Zeit halfen wir uns immer gegenseitig und ich habe sehr viel von ihm gelernt. In meiner aktiven Broadcaster-Zeit habe ich die Rolle des Senderchefs gerne mit der Trainerposition beim FC Bayern verglichen: du stellst zwar die Mannschaft auf und verantwortest von Tag 1 an die Ergebnisse. Aber so wie es da draußen Hunderttausende „Trainer“ gibt, die glauben, weil sie Fußball schauen, können sie auch Trainer sein, ist man als Senderchef von sehr vielen Stakeholdern umgeben, die denken, weil sie Fernsehen schauen, können sie auch Fernsehen machen. Es gibt wenige Trainer, die, wie er, elf Jahre an ein und der selben Seitenlinie gestanden haben. Lieber Andreas, du bist einer, der es wirklich immer konnte. Nochmal Gratulation zu deiner beeindruckenden Karriere, zu Jahrzehnten guter Unternehmens- und Teamführung. Hab viel Spaß bei allem, was nun kommt.