Es dürfte kaum noch jemanden geben, der den Kurswechsel der letzten Jahre nicht mitbekommen hat: Prime Video will der Streamingdienst für den Mainstream werden. Also kein AppleTV+, keine Avantgarde oder Nische finden. Das spiegelt sich in familientauglicher Comedy wie „LOL“, Hochglanz-Soaps wie „Maxton Hall“, der Verpflichtung von Köpfen wie Bastian Pastewka und Anke Engelke, Verfilmungen von Fitzek-Bestsellern oder der Beauftragung von mehreren Realitys ebenso wie einer Quizshow. Und auch im dem Sportprogramm: Mit der Champions League und seit vergangenem Jahr eben auch Wimbledon hat Prime Video in tatsächlich nachgefragte Sportevents investiert. Das unterscheidet von NFL bei RTL+ bzw. Netflix oder der NBA, die Prime Video selbst künftig aufgrund eines internationalen Deals auch in Deutschland zeigt. Da regiert das Prinzip Hoffnung.

Überzeugen kann sich das Publikum ab heute davon. Katharina Kleinfeldt und Alex Schlüter - mit seinem letzten Einsatz für Amazon vor dem Wechsel zur ARD - begrüßen die Zuschauerinnen und Zuschauer aus dem Prime Video-Studio, gleich neben dem Centre Court. In diesem Jahr will man laut von Thielmann übrigens besser vorbereitet sein für das unberechenbare britische Wetter. Bei der Prime Video-Premiere in Wimbledon vor einem Jahr sorgte überraschend nasskaltes Wetter sogar für personelle Ausfälle, weil die ausgesuchte Moderationsposition zwar was her machte, doch den Elementen dann etwas zu sehr ausgesetzt war. Dieses Jahr startet man zwar mit über 30 Grad, doch Regen kündigt sich in den kommenden Tagen bereits an. Cayana Freeman und Moritz Lang nützt das alles nix: Sie sind wie im Vorjahr weiter bei egal welchem Wetter als Reporter vor Ort unterwegs.
Größer als im ersten Jahr von Wimbledon bei Prime Video ist die Riege der Kommentatorinnen und Kommentatoren, um noch mehr Plätze und Matches abdecken zu können. Oder wie es Sportchef von Thielmann formuliert: „In diesem Jahr legen wir noch einen drauf, indem wir zwei weitere Courts ins Programm holen. Dadurch können Prime-Mitglieder in Deutschland und Österreich insbesondere während der ersten Woche noch mehr Action erleben und das hoffentlich auch lange von unseren deutschen und österreichischen Spielern.“ Das Kommentatoren-Team besteht diesmal aus Jonas Friedrich, Markus Theil, Marcel Meinert, Jan Platte, Nicola Geuer, Hannes Herrmann, Lukas Schönmüller, Markus Zoecke, Dennis Heinemann, Sascha Bandermann, Andreas Thies, Jens Huiber und Florian Heer. Eine lange Liste und das sind nur die, die zu hören oder sehen sind. Prime Video hatte schon im vergangenen Jahr hinter Lokalmatador BBC aber gleich auf mit dem US-Team von Disney/ESPN/ABC die zweitgrößte Crew vor Ort.

Interessanterweise zeigt Prime Video das sportliche Großereignis allerdings nicht auf seinem gerade im April erst neu gestarteten linearen Fernsehsender. Dort wird mittags nur das fünfminütige Magazin „Wimbledon - Der Tag“ laufen und das obwohl der eigentliche Trick dieses linearen Programms genau hier besonders gut zur Geltung kommen würde: Während manche in der Branche bei der Ankündigung rätselten, wozu es 2025 einen Prime-Sender brauche, rieb man sich bei Amazon schon die Hände: Mit dem linearen Programm hat Prime Video es in die immer noch millionenfach gedruckten Programmzeitschriften geschafft, erreicht gerade beim älteren Publikum, bei dem man wachsen will, neue Sichtbarkeit. Doch wer in diesen Heften nun nachschlägt, wird Wimbledon live nicht im Programmablauf finden.