Sommerloch? Von wegen!

Hinter der Medien- und Sportbranche liegen zwei Wochen, die es wahrlich in sich hatten – und die das Zeug dazu haben, die Machtverhältnisse nachhaltig zu verändern. Da wäre zum einen die überraschende Ankündigung von RTL, sich Sky Deutschland einverleiben zu wollen. Nur wenige Tage später folgte die nächste Überraschung: Der bislang noch vergleichsweise kleine Sport-Streamer Dyn, hinter dem mehrheitlich bislang der Springer-Verlag stand, hat die finanzstarke Schwarz Gruppe als Investor an Bord holen können und, perspektivisch vielleicht noch spannender, die Deutsche Fußball-Liga (DFL). Und dann ist da auch noch der Verkauf der Sport1-Tochter Plazamedia, die sich in fast fünf Jahrzehnten zu einem der führenden Sport-TV-Produzenten entwickelt hat, an das schwedische Unternehmen DMC Productions.

Was bedeutet all das für den deutschen Markt?

Für die Zukunft von Sport1 möglicherweise nicht allzu viel Gutes. Sport1 Medien will sich nach Aussagen von Co-CEO Robin Seckler zwar auf die "strategische Neuausrichtung" des Unternehmens konzentrieren. Die war bislang jedoch nachweislich kein sonderlich großer Erfolg – freundlich formuliert. Sollte perspektivisch auch noch die reichweitenstarke Online-Plattform sport1.de verkauft werden, bliebe ein Fernsehsender übrig, der zwischen vereinzelten Sport-Übertragungen eine bisweilen krude Mischung aus Dating-, Sport- und Fashionshows zeigt – und damit bislang weder das Publikum noch die Werbekunden überzeugen kann.

Das Dilemma: Ab diesem Sommer kommen Sport1 auch noch die erfolgreichen Zweitliga-Spiele am Samstagabend abhanden, die stattdessen vermehrt von RTL auf die große TV-Bühne gehoben werden sollen. Der Shift untermauert den Trend, dass selbst bislang vermeintlich kleine Rechte für größere Free-TV-Sender zunehmend attraktiv werden, weil die ganz großen Sport-Hits so teuer geworden sind, dass sie, wie die Champions League, fast nur noch im Pay-TV stattfinden. Ein kleiner Einzelkämpfer wie Sport1 wird in diesem Konzert langfristig kaum noch mitspielen können. Und dass sich perspektivisch ein größerer Player die für Sport1 so wichtigen Darts-Rechte krallt, ist ganz sicher kein völlig unrealistisches Szenario.

Bei RTL wiederum hofft man durch den Sky-Deal, so er denn genehmigt wird, mit dann zusammengerechnet mehr als elf Millionen Abonnentinnen und Abonnenten auf Augenhöhe mit Netflix und Prime zu gelangen. Zugleich verschafft das Vorhaben dem Kölner Medienhaus mehr Zeit: Verfolgte man bislang das Ziel, den Streamingdienst RTL+ bis 2026 profitabel betreiben zu wollen, so haben die Verantwortlichen durch den beabsichtigten Kauf des Pay-TV-Senders die eigenen Karten neu gemischt. Wenn die Sky-Welt in den RTL-Kosmos integriert werden soll, wird die Beantwortung der Frage nach der Profitabilität wohl um einige Jahre in die Zukunft verschoben.

Spannend wird zugleich, wie sich RTL bei künftigen Bundesliga-Ausschreibungen verhalten wird. Für die DFL ist der Deal eine eher schlechte Nachricht, weil durch den Zusammenschluss von RTL und Sky weniger Wettbewerb herrscht – den die Liga braucht, um ihre Einnahmen zu steigern. An dieser Stelle wiederum kommt Dyn ins Spiel: Durch die, wenn auch nur kleine, Beteiligung sendet die DFL das Signal in die Branche, die Bundesliga-Übertragungen im Zweifel auch alleine stemmen zu können. Zugang zu einer technischen Plattform ist durch Dyn vorhanden und mit Christian Seifert, dem früheren DFL-Chef, ist bei dem Streamer ein Mann an der Spitze, dem die heutige DFL-Führung vermutlich nahezu blind vertraut.

Alles außer Fußball – so versprach es Dyn zum Start vor wenigen Jahren. Mit der DFL als Gesellschafter könnte sich das schon bald ändern. Gut möglich, dass die Plattform in einem ersten Schritt auf die 3. Liga schielt, deren Rechte seit Jahren bei der Telekom liegen. Perspektivisch könnte Dyn dann auch zum Plan B für das Fußball-Oberhaus werden. Ob es dann die Marken Sport1 und Sky noch geben wird, erscheint mindestens ungewiss. Rückblickend könnten es die vergangenen beiden Wochen gewesen sein, die den Grundstein für eine weitreichende Neuordnung des Marktes legten.

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