Die Genres Young Adult und Young Romance versprechen aktuell viel Aufmerksamkeit, auch internationale Erfolge sind damit für heimische Produzentinnen und Produzenten möglich. Das haben sie nicht zuletzt auch bei UFA Fiction gesehen, als sie "Maxton Hall" für Prime Video produziert haben. Davor gab es auch schon Serien wie "Élite" oder auch "Young Royals" (beide Netflix), die strukturell ähnlich gestrickt waren und in die gleiche Richtung gestoßen sind. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Sender und Plattformen diesen Genres annehmen - und das mit Erfolg. 

Das ZDF hat im April die von Producers at Work produzierte Serie "Crystal Wall" mit Anna Bardavelidze und Gustav Schmidt in den Hauptrollen veröffentlicht. Zum Start gab es gleich zehn Folgen, danach folgten im Wochentakt zwei neue Episoden. Insgesamt wurden so bis Ende Mai 24 Episoden veröffentlicht. Die Regisseure Tarek Roehlinger und Greta Benkelmann haben diese Folgen Genre-typisch emotional aufgeladen und sind immer nah dran an den beiden Hauptfiguren. 

Inhaltlich bewegt sich das ZDF auf den Spuren der großen Vorbilder in diesem Genre. Birgit Maiwald als Headautorin und Creative Producer hat mit ihrem Team eine Serie geschaffen, in der unterschiedliche Herkünfte aufeinanderprallen. Und auch die Figuren sind nicht so oberflächlich, wie man das zunächst annehmen könnte: Mixed-Martial-Arts-Kämpferin Louna Loris (Anna Bardavelidze) rettet dem Millionenerben Nicolas Dardenne (Gustav Schmidt) das Leben und wird dessen Bodyguard. Sie taucht in die schillernde Welt der High Society ein und erlebt den Luxus, aber auch die Bedrohungen, die dieses Leben mit sich bringen. Die beiden kommen sich näher und das bringt Louna schnell in Bedrängnis, denn eigentlich hatte sie den Job angenommen, um den Tod ihres Vaters aufzuklären, der bei einem Unfall in einer Fabrik der Dardennes ums Leben kam. Gleichzeitig stellt auch Nico die Machtkämpfe und Intrigen seiner Familie infrage.

Online ein großer Erfolg für das ZDF

Um den Erfolg greifen zu können, muss man etwas tiefer graben. Die Serie wurde vor allem für das Online-Publikum produziert, sowohl ZDFneo als auch das ZDF verwerteten sie aber auch im linearen Programm. Dort waren die Ergebnisse sehr schwankend, besonders sichtbar wird das an zwei Tagen Anfang Juni. Am 1. Juni erreichte "Crystal Wall" ab 20:39 Uhr im Programm von ZDFneo nur 50.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, einen Tag später waren es um 23:24 Uhr 610.000. In diesem Spannungsfeld bewegten sich die linear ausgewerteten Folgen. In der Sparte profitierte "Crystal Wall" immer dann, wenn ein starker Krimi im Vorfeld zu sehen war. 

Doch auch online ist es gut gelaufen - vor allem für die erste Folge. Diese brachte ein seltenes Kunststück zustande: Sowohl im April als auch Mai und Juni schaffte es die Episode in die Top 10 Streaming-Hitliste des ZDF auf Basis der neuen Census+-Auswertung der AGF. Im Mai reichten 1,22 Millionen Abrufe sogar für den Spitzenplatz unter den ZDF-Produktionen. Im Mai und Juni kamen zusammengerechnet weitere rund eineinhalb Millionen Abrufe hinzu. Das wäre wohl für jeden Anbieter ein großer Erfolg. 

"Dass wir ‘Crystal Wall’ bereits zu einem Zeitpunkt entwickelt haben, als erste internationale Erfolge in diesem Bereich [Young Adult und Young Romance, Anm.] wie etwa ‘Maxton Hall’ noch nicht sichtbar waren, zeigt, wie früh wir diesen Trend antizipiert haben."
ZDF-Sprecherin


Allerdings schaffte es keine weitere Folge der Serie in die Top 10, was nicht unbedingt ungewöhnlich ist. Die erste Folge einer Staffel profitiert immer wieder, wenn die weiteren Folgen versetzt veröffentlicht werden. Dieses Streaming-Phänomen kann man auch bei anderen Produktionen und Anbietern beobachten. Die besondere Sichtbarkeit von Folge eins führt das ZDF auf Anfrage von DWDL.de dann auch auf die gewählte Veröffentlichungsstrategie zurück. "Jede neue Veröffentlichung hat dabei auch der ersten Folge erneut Aufmerksamkeit verschafft. Zusätzlich haben umfangreiche Distributionsmaßnahmen auf unseren eigenen sowie externen Kanälen für eine kontinuierliche Präsenz gesorgt", heißt es aus Mainz. 

Gegenüber DWDL.de nennt das ZDF nun auch erstmals konkrete Zahlen für die gesamten 24 Folgen, diese waren bislang unbekannt. Demnach erzielte "Crystal Wall" durchschnittlich 600.000 Abrufe pro Folge und eine Verweildauer von etwa 70 Prozent. In Mainz spricht man von einer "außergewöhnlich starken Performance", man beobachte zudem eine weiterhin laufende Nutzung. "Wir sind mit der Performance von ‘Crystal Wall’ sehr zufrieden. [...] Die Serie entwickelt sich nachhaltig, was uns mit Blick auf die Zielgruppenbindung besonders wichtig war."

Parallel zur quantitativen Nutzung sehe man auch starke qualitative Rückmeldungen. "Sowohl Zielgruppen-Befragungen als auch die Social-Media-Dynamik – etwa millionenstarke Fan-Edits auf TikTok – zeigen, dass die Serie in der Zielgruppe hervorragend ankommt, auch international", heißt es vom ZDF gegenüber DWDL.de. Entwickelt wurde die Serie übrigens im Rahmen des ZDF-internen, zielgruppenorientierten Entwicklungsprozesses ZOE - und das im "engen Austausch mit der Zielgruppe", wie es heißt. Die positive Resonanz auf "Crystal Wall" hätte den Sender bestätigt, diesen programmstrategischen Ansatz "auch künftig weiter auszubauen".

Fortsetzung folgt: Zweite Staffel ist fixiert

Aufgrund des großen Erfolgs ist es keine Überraschung, dass das ZDF bereits an einer Fortsetzung arbeitet. Gegenüber DWDL.de bestätigt der Sender, dass "Crystal Wall" eine zweite Staffel erhalten wird. "Die Serie hat unsere Erwartungen erfüllt, sowohl hinsichtlich der Reichweite als auch in Bezug auf die Resonanz in der Zielgruppe. Wir freuen uns, die Geschichte weiterzuerzählen", so eine Sendersprecherin. Ob Producers at Work die Fortsetzung erneut in Österreich drehen wird, ist aktuell noch unklar. Staffel eins wurde noch von dem dortigen Fördermodell Fisa+ gefördert, das ist aktuell aber ausgesetzt (Mehr zum Thema Fisa+ lesen Sie hier). 

Den Zuschauerinnen und Zuschauern wird es wohl egal sein, wo die Fortsetzung gedreht wird. Und in Mainz kann man sich freuen, mit "Crystal Wall" ein Publikum erreicht zu haben, das sonst eher nicht im ZDF zuhause ist - und das noch dazu in einem so umkämpften Genre. "Dass wir ‘Crystal Wall’ bereits zu einem Zeitpunkt entwickelt haben, als erste internationale Erfolge in diesem Bereich [Young Adult und Young Romance, Anm.] wie etwa ‘Maxton Hall’ noch nicht sichtbar waren, zeigt, wie früh wir diesen Trend antizipiert haben", so eine ZDF-Sprecherin.