ProSiebenSat.1 hat am Donnerstag seine Geschäftszahlen sowohl für das zweite Quartal als auch für das erste Halbjahr 2025 vorgestellt - und diese fielen wie erwartet ziemlich dürftig aus (DWDL.de berichtete). CEO Bert Habets und Finanzchef Martin Mildner haben die Zahlen nach der Veröffentlichung noch einmal in einer Runde gegenüber Journalistinnen und Journalisten erläutert und Fragen beantwortet. Antworten auf die möglicherweise wichtigste Frage gab es aber nicht: Wie steht ProSiebenSat.1 zum zuletzt erhöhten Übernahmeangebot von Großaktionär Media for Europe (MFE)?

Bert Habets erklärte, man prüfe alle Details des Angebots sehr sorgfältig. Die Erhöhung der Offerte zeige, dass MFE an die Zukunft von ProSiebenSat.1 glaube, so Habets. Eine Empfehlung von Habets und dem ProSiebenSat.1-Vorstand an die übrigen Aktionärinnen und Aktionäre gab es am Donnerstag aber noch nicht. Die sogenannte begründete Stellungnahme soll Anfang der kommenden Woche veröffentlicht werden. So muss man in Unterföhring jetzt auch eine Bewertung der "Wertoptimierungen" vornehmen, die MFE bei der Erhöhung des Angebots in Aussicht gestellt hatte. Zu einer möglichen Reaktion von PPF wollte sich Habets nicht äußern. 

Mehr Informationen gab es dagegen am Donnerstag zur geplanten Verschmelzung von Seven.One Entertainment Group und Joyn. Diese wurde bereits auf der Hauptversammlung vor einigen Wochen beschlossen, hier geht es nun in die heiße Phase: Management und Aufsichtsrat haben mittlerweile grünes Licht für die Verschmelzung gegeben. Damit sie rückwirkend zum 1. Januar wirksam wird, muss jetzt alles noch im Handelsregister eingetragen werden. Das soll noch im August erfolgen. 

Noch einmal zur Erinnerung: Die Seven.One Entertainment Group wird auf die Joyn GmbH übertragen, die dann aber wieder in Seven.One Entertainment Group umbenannt wird, nach außen hin wird sich also vermutlich nur sehr wenig ändern. Mit dem Schritt kann man aber auf der einen Seite die Konzernstruktur vereinfachen und auf der anderen Seite Verlustvorträge der bisherigen Joyn GmbH mit den Gewinnen der Seven.One Entertainment Group verrechnen. Das hat letztlich positive Steuer- und Cash-Effekte für ProSiebenSat.1. 

Joyn wächst, aber auf niedrigem Niveau

Als einen "wichtigen Meilenstein" bezeichnete CFO Martin Mildner außerdem eine Neuordnung der Schulden des Konzerns. So konnte man vor wenigen Tagen einen Großteil der Darlehenstranchen in Höhe von 810 Millionen Euro sowie die Revolvierende Kreditfazilität bis 2029 verlängert. Konkret heißt das: Viele 100 Millionen Euro Schulden, die eigentlich 2027 fällig gewesen wären, müssen erst 2029 zurückgezahlt werden. 

Doch noch einmal zurück zu Joyn. Hier jubelt ProSiebenSat.1 in den Geschäftszahlen über ein Wachstum der AVoD-Erlöse in Höhe von 62 Prozent, Bert Habets sprach vor Journalisten vom besten Quartal aller Zeiten. Bei einem genauen Blick auf die Zahlen lässt sich aber erkennen, dass dieses Wachstum fast schon alternativ los ist - und nach wie vor auf einem geringen Niveau stattfindet. Wie hoch die AVoD-Umsätze insgesamt sind, ist nicht bekannt. Es steht nur die Zahl von einem Plus in Höhe von 62 Prozent im Raum. Gleichzeitig stiegen die digitalen und smarten Werbeeinnahmen im gleichen Zeitraum nur von 76 auf 77 Millionen Euro. Auf Halbjahressicht ging es sogar von 143 auf 142 Millionen Euro hinunter. 

Soll heißen: Joyn macht noch immer einen sehr kleinen Anteil der Werbeeinnahmen von ProSiebenSat.1 aus. Der Streamingdienst, der vor allem auf Werbung setzt, kann trotz des starken Wachstums nicht einmal die digitalen und smarten Werbeeinnahmen signifikant steigern - geschweige denn die gesamten Werbeerlöse. Für das zweite Halbjahr herrscht nun das Prinzip Hoffnung: Habets und Mildner betonten noch einmal, dass sie eine Erholung des Werbemarktes, und damit auch der klassisch linearen Werbeeinnahmen, erwarten. Dazu verweisen die beiden Manager auf Konjunkturforscherinnen und Konjunkturforscher, die davon ausgehen, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Zeitraum wieder wachsen wird. "Davon dürfte der ProSiebenSat.1-Konzern mit seinem konjunktursensitiven Werbegeschäft rasch und unmittelbar profitieren", heißt es in den Geschäftszahlen von ProSiebenSat.1. 

Sky-Deal "guter Move für RTL"

In der Fragerunde vor Journalistinnen und Journalisten hat sich Bert Habets darüber hinaus auch zur geplanten Übernahme von Sky Deutschland durch RTL geäußert. Das sei "ein guter Move für RTL", der deren Angebot im Bereich Sport und Entertainment stärken werde. RTL könne dadurch vor allem im Bereich des bezahlten Streamings skalieren. Der ProSiebenSat.1-Chef machte aber auch gleichzeitig klar, warum der Deal für das eigene Unternehmen nichts wäre. Habets verwies auf die Strategie, mit Joyn auf einen frei empfangbaren und über Werbung finanzierten Dienst zu setzen. Man sei hier auch in guten Gesprächen mit Werbekunden und Agenturen. 

Die Übernahme von Sky Deutschland wäre für ProSiebenSat.1 aber vielleicht die letzte Möglichkeit gewesen, auch im Bereich SVoD einen großen Aufschlag zu wagen. Nun hat man RTL die Gelegenheit gelassen, die Kölner haben bekanntlich auch einen extrem niedrigen Preis verhandelt, das dürften auch die beiden Großaktionäre MFE und PPF genau beobachtet haben.

Nun ist das Ziel für ProSiebenSat.1 klar und fast schon unumkehrbar: Perspektivisch soll Joyn zur Werbe-Säule Nummer eins werden, denn aufgrund der nach wie vor sinkenden linearen Reichweiten wird hier kein großes Wachstum mehr möglich sein. Bis es soweit ist, bleibt das lineare TV in Sachen Umsatz aber nach wie vor King. Und von Joyn wird es wohl noch die ein oder anderen Jubelmeldungen über Rekord-Monate oder Quartale zu lesen geben.