
Wenn die Annahmefristen für die beiden Angebote in einigen Stunden ausgelaufen sind, dürfte schon mehr Klarheit herrschen über das künftige Machtgefüge im Konzern. Bis das vollständige Bild sichtbar wird, dauert es aber voraussichtlich noch bis Anfang September. Und das kommt so: Während das PPF-Angebot als öffentliches Teil-Erwerbsangebot um Mitternacht tatsächlich ausläuft, gibt es bei der MFE-Offerte noch eine zweiwöchige Nachfrist, in der die Anleger noch an die Italiener verkaufen können - zu den bereits kommunizierten Konditionen.
Vor allem für institutionelle Anleger ist diese Nachfrist interessant, halten sie sich damit doch bis zum Ende alle strategischen Optionen offen. Im Falle von PPF wird man aber schon sehr bald sehen, wie sehr der Einfluss der Tschechen auf ProSiebenSat.1 gewachsen ist. In den letzten Tagen gab es noch viel Bewegung: Nachdem PPF lange nur rund 0,2 Prozent aller P7S1-Aktien einsammeln konnte, lag man am am 13. August um 10 Uhr bei 2,77 Prozent. Insgesamt hält PPF damit nun 18,39 Prozent an ProSiebenSat.1. Das geht aus den Pflichtveröffentlichungen zum Angebot hervor. Ob noch viel mehr hinzukommen wird, erscheint fraglich: Aktionäre, die verkaufen wollen, können das aktuell über den freien Markt zu einem besseren Preis machen als die 7 Euro, die PPF bietet.
Hat PPF noch ein Ass im Ärmel?

Etwas mehr Klarheit dürfte am kommenden Montag herrschen, für diesen Tag ist die vorläufige Ergebnisveröffentlichung geplant. Dann wird wohl auch deutlich, wie viele Aktien MFE bis zum Ende der regulären Annahmefrist einsammeln konnte. Stand jetzt sind es deutlich mehr als bei PPF: Bis zum 13. August um 14 Uhr trugen die Italiener rund 7,08 Prozent der P7S1-Aktien zusammen. Insgesamt steht man damit mittlerweile bei rund 40,4 Prozent aller Aktien. MFE hat den Sprung über die 30-Prozent-Marke in den zurückliegenden Wochen also sehr deutlich geschafft - und bis Anfang September könnten noch weitere Anteile hinzukommen.
Die endgültige Ergebnisveröffentlichung der MFE-Offerte wird für den 4. September erwartet. Spätestens dann wird sich wohl auch ProSiebenSat.1 zur neuen Aktionärsstruktur äußern, vielleicht auch schon vorher - je nachdem, wie sich die Situation in den kommenden Tagen entwickelt. In einem ersten Schritt ist es für MFE jedenfalls wichtig, über die Marke von 50 Prozent zu kommen. In diesem Fall hätte man wesentliche Kontrolle erreicht und kann die Hauptversammlung, und damit alle strategischen Entscheidungen, im eigenen Sinne beeinflussen. Von der Politik und den Medienwächtern ist kein großer Widerstand bezüglich der Übernahme zu erwarten, auch wenn Medienminister Wolfram Weimer zuletzt Gesprächsbedarf bei MFE-Boss Pier Silvio Berlusconi anmeldete (DWDL.de berichtete).
MFE: Erst 50, dann 75 Prozent?

Doch bis zur Schwelle von 75 Prozent ist es auch für MFE noch ein weiter Weg. Ohne die Aktienpakete von institutionellen Anlegern werden die Italiener diese Hürde wohl kaum nehmen - und da kommt auch wieder PPF als zweitgrößter Aktionär mit ins Spiel. Eher unwahrscheinlich ist, dass PPF das Angebot der Italiener im Rahmen der Nachfrist noch annimmt. Zu sehr haben die Tschechen darauf verwiesen, mit welchen Unsicherheiten das MFE-Angebot behaftet ist. Zur Erinnerung: PPF hat ein reines Bar-Angebot in Höhe von 7 Euro pro Aktie gemacht. MFE bietet bar deutlich weniger, gibt aber noch eigene Aktien dazu. So liegt die MFE-Offerte rechnerisch in Summe über der von PPF.
Die Tschechen könnten also darauf spekulieren, dass MFE ihnen später ein neues, mutmaßlich besseres Angebot machen muss, weil sie auf die vermutlich rund 20 Prozent des Finanzinvestors angewiesen sind. Nicht auszuschließen ist natürlich auch, dass PPF ein Ass im Ärmel hat, um seinen Anteil noch bedeutend zu steigern. Reuters berichtete zuletzt, dass General Atlantic (GA), das im Zuge des Ausstiegs aus der NuCom Group Anteile von ProSiebenSat.1 erhalten hatte, seine rund 2,4 Prozent an PPF verkauft. Die Unternehmen wollen sich dazu nicht äußern. Mit dem GA-Anteil würde PPF die Schwelle von 20 Prozent wohl überspringen. Für den Finanzinvestor wären 25 Prozent noch besser, weil MFE dann überhaupt nicht mehr ohne PPF kann - zumindest nicht, wenn es um die Vollintegration in den Konzern gehen soll.
"Sehen die großen Synergien schlichtweg nicht"
Kasper Taczek, Investment Director von PPF, wollte sich zuletzt in einem Interview mit der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger nicht in die Karten schauen lassen für den Fall, dass MFE seinen Anteil an ProSiebenSat.1 maßgeblich ausbaut, PPF aber nicht. "Momentan liegt unser voller Fokus auf unserem Angebot", erklärte Taczek. Man müsse Geduld haben und abwarten, wie sich die Aktionäre entscheiden. "Sobald wir Klarheit über die Entscheidung der Aktionäre haben, können wir über die nächsten Schritte sprechen."
Das ändert jedoch nichts daran, dass sich MFE in den zurückliegenden Wochen in der Übernahmeschlacht in eine Art Pole Position befördert hat. Nach der Erhöhung des eigenen Angebots hat selbst das ProSiebenSat.1-Management die Annahme des Angebots empfohlen - ein wichtiges Etappenziel für die Italiener.
Was die Integration von ProSiebenSat.1 in MFE und in der Folge die Schaffung eines paneuropäischen TV-Konzerns bedeuten würde, wird erst die Zukunft zeigen. Bei PPF hat man aber bereits eine klare Haltung dazu: "Was soll das genau bedeuten?", fragte Kasper Taczek in dem besagten Interview zum Begriff "paneuropäisch" - und verwies auf den eigenen Medienkonzern CME, mit dem man in sechs europäischen Ländern aktiv ist. Dort gebe es nur einen einzigen Vertrag, der über zwei Länder hinweg gehe, so der PPF-Investmentchef. "Das heißt: Wir sehen die großen Synergien zwischen den Ländern schlichtweg nicht."
Mit MFE und PPF stehen sich bei ProSiebenSat.1 auch zwei sehr gegensätzliche Philosophien gegenüber. Welche letztlich die Oberhand haben wird, zeigt sich nun sehr bald…
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