Es gab für deutsche Produzentinnen und Produzenten in den zurückliegenden Jahren einige Hiobsbotschaften, zwei davon sind bis heute sehr präsent: Sky zog sich Mitte 2023 aus dem Bereich fiktionaler Eigenproduktionen zurück und Paramount+ setzte ein halbes Jahr später zum großen Kahlschlag an, ein in den USA verordneter Sparkurs traf auch deutsche Dependance stark. 

Der Streamingdienst war hierzulande mit einer ganzen Reihe an deutschen Eigenproduktionen gestartet. Anfang 2024 wurde dann aber nicht nur bekannt, dass Paramount+ seine Ambitionen in diesem Bereich deutlich zurückfahren wird, schon fertig produzierte Serien wie "Zeit Verbrechen" wurden im Zuge der Maßnahmen gar nicht mehr auf der Plattform veröffentlicht. Andere, wie etwa die Serie "Kohlrabenschwarz", verschwanden nach nur einem halben Jahr vom Streamingdienst. 

Bei den Verantwortlichen der verschiedenen Produktionen sorgte das für einen Schock - sie mussten sich alle nach neuen Partnern und Abnehmern für ihre Stoffe umsehen. Im Fall von "Kohlrabenschwarz" sprang MagentaTV ein, das auch den Paramount-Serien "Der Scheich" und "A Thin Line" eine neue Heimat bot. 

Vor allem bei "Kohlrabenschwarz" war das eine gute Nachricht, erhielt die Serie, die von Tommy Krappweis und Michael Kessler entwickelt wurde, gute Kritiken. DWDL.de-Autor Jan Freitag urteile damals, die Serie würde für "Grenzgänge verschiedener Genres" sorgen, "die hierzulande selten gelingen". Und nachdem die Serie im SVoD nun schon rauf- und runter gelaufen ist und auch bereits digital unter anderem bei Prime Video gekauft werden kann, besorgt das BR Fernsehen nun die Free-TV-Ausstrahlung. Zeitgleich dazu kommen die sechs Folgen in die ARD-Mediathek. 

Es ist der Schlusspunkt einer Distributions-Odyssee für die Verantwortlichen. Bevor Paramount+ die Serie einst beauftragt hatte, lehnte Prime Video sie noch ab. Das ist vor allem auch deshalb erstaunlich, weil da bei Audible bereits die Hörspielfassung von "Kohlrabenschwarz" sehr erfolgreich lief, in diesem Jahr ist die dritte Staffel veröffentlicht worden. Entstanden ist die Idee zum Projekt einst während eines Gesprächs im Biergarten zwischen Michael Kessler und Tommy Krappweis, wie die beiden schon in diversen Interviews erklärt haben. 

Fans machten mobil und klopften beim ZDF an

Nach der Löschung bei Paramount+ machte die "Kohlrabenschwarz"-Community mobil und startete eine Webseite mit der Aufforderung an das ZDF, die Serie zu übernehmen. Daraus wurde dann zunächst MagentaTV, mit dem BR ist die Serie nun aber doch noch frei empfangbar zu sehen - rund zweieinhalb Jahre nach der ersten Veröffentlichung. 

Michael Kessler © Linda Nohr Michael Kessler
"Wir sind komplett aus dem Häuschen und zutiefst dankbar, dass unser Herzensprojekt nochmal eine Chance bekommt", sagt Michael Kessler, der in der Serie die Hauptrolle des ehemaligen Polizeipsychologen Stefan Schwab spielt, gegenüber DWDL.de. Die Hoffnung, eine dauerhafte Heimat für die Serie zu finden, habe man nach dem Spar-Hammer bei Paramount+ nie verloren, so Kessler. "Wir glauben an diese außergewöhnliche Serie und versuchen seit ihrem Ende neue Partner zu finden. Und wer weiß, vielleicht finden wir ja bei BR und ARD eine neue Heimat, schließlich spielt die Serie in Bayern…"

"Wir sind komplett aus dem Häuschen und zutiefst dankbar, dass unser Herzensprojekt nochmal eine Chance bekommt"
Michael Kessler


Die turbulente Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte von "Kohlrabenschwarz" hat bis heute Spuren hinterlassen. "Mit diesem Erlebnis wurde mir umso eindringlicher klar: Nichts ist sicher", sagt Tommy Krappweis, der die Serie mit seiner bumm film produzierte. Sowohl Krappweis als auch Kessler verlieren übrigens kein böses Wort über Paramount+ - im Gegenteil. Das deutsche Team des Streamers bezeichnet Krappweis heute als "kompetent und wertschätzend". Man habe die gleiche Vision geteilt. "Und trotzdem endete es wenige Tage vor Unterschrift für weitere Staffeln so niederschmetternd."

Entwicklung bei Paramount+ "echter Schock"

Tommy Krappweis © bumm film Tommy Krappweis
Die Entscheidungsprozesse in der Beauftragung bei Sendern und Streamern bezeichnet Krappweis gegenüber DWDL.de als "ermüdend". Der Produzent: "Umso mehr freue ich mich über Leute wie das – nun leider ehemalige – Paramount+ Team, die mit Begeisterung für Stoffe und originelle Ideen dabei sind." Das gleiche gelte für die Hörspielpartner Leonine Studios und Legendary-Tobis, mit denen man an neuen Projekten arbeite. 

Dass die Serie von heute auf morgen nicht mehr bei Paramount+ verfügbar war, sei ein "echter Schock" gewesen, so Kessler. "Die Serie lief super und wäre sicherlich in eine zweite Staffel gegangen. Umso größer war unsere Enttäuschung, auch wenn unsere Fans begannen mit eigener Website und irren Aktionen für eine weitere Staffel bei einem anderen Sender zu kämpfen."

"Mit diesem Erlebnis wurde mir umso eindringlicher klar: Nichts ist sicher."
Tommy Krappweis


Mit der Free-TV-Ausstrahlung im BR Fernsehen endet nun die vielleicht verrückteste Distribution einer deutschen Serie. Doch könnte es noch eine Fortsetzung geben? Die Hörspielreihe umfasst schließlich drei ganze Staffeln. Es bräuchte wohl ein "erschlagend erfolgreiches Mediatheken-Wunder", für eine weitere Staffel, sagt Krappweis. Man sei grundsätzlich offen und habe mit potenziellen Partnern auch über eine Fortsetzung als Reihe von in sich geschlossenen Spielfilmen oder Miniserien gesprochen, so der Produzent. Kurzfristig ist aber wohl nicht mit Nachschub zu rechnen. Den Storybogen der Hörspielreihe habe man mittlerweile zu einem "befriedigenden Ende" gebracht, sagt Krappweis. Die Charaktere von "Kohlrabenschwarz" sollen allerdings in anderen Hörspielformaten weiterleben. 

Inhaltlich geht es in "Kohlrabenschwarz" um den ehemaligen Polizeipsychologen Stefan Schwab (Michael Kessler), der sich nach Ruhe sehnt. Das soll aber ein frommer Wunsch bleiben: Kinder verschwinden, sagenumwobene Gegenstände tauchen auf und uralte Ammenmärchen bekommen plötzlich eine blutige Brisanz. Bald zieht sich eine Spur an Gräueltaten durchs Voralpenland. Während die Polizei die offensichtlichen Zusammenhänge nach Kräften ignoriert, schlägt sich zumindest die resolute Kommissarin Anna Leitner (Bettina Lamprecht) auf seine Seite. Und auch Stefans geliebt-gehasste Ex-Frau Susanne (Bettina Zimmermann) mischt mit. Susannes neuer Freund komplettiert das ungewöhnliche Ermittlerquartett: der evangelische Pfarrer Franz Hartl (Peter Ketnath). Regie bei den sechs Folgen führte Erik Haffner.

Im BR-Fernsehen ist "Kohlrabenschwarz" am späten Abend des 28. und 31. Oktober zu sehen. In der ARD-Mediathek stehen die Folgen ab dem 28. Oktober für rund einen Monat zum Abruf bereit.