Über zehn Jahre mussten Fans des "letzten Bullen" warten, ehe die Serie mit Henning Baum in seiner Paraderolle jüngst wieder auf den Bildschirm zurückkehrte - allerdings bei Prime Video und nicht in Sat.1, wo die Geschichte um den aus dem Koma erwachten Essener Polizisten Mick Brisgau einst zum Kult reifte. Der Privatsender wird erst Ende November mit der Free-TV-Ausstrahlung nachziehen, nur wenige Wochen nach der Streaming-Premiere, die sich für Amazon offenkundig als schöner Erfolg erwies.

Am 24. November wird es in Sat.1 aber noch eine weitere Serie zu sehen geben: "Frier und Fünfzig - Am Ende meiner Tage". Die hat mit "Danni Lowinski" - jener Serie, die mit dem "Letzten Bullen" einst ein kongeniales Serien-Doppel bildete - nichts gemein. Außer natürlich Hauptdarstellerin Annette Frier, die damit ebenso wie Henning Baum ihr Sat.1-Comeback gibt.

Die doppelte Rückkehr stellt eine echten Zäsur dar: Ausgerechnet Sat.1, das einst wie kaum ein anderer Privatsender für deutsche Fiction stand, hatte sich über Jahre hinweg aus diesem Genre zurückgezogen. Unter der Führung von Marc Rasmus tastet man sich nun also wieder vorsichtig, aber durchaus vielversprechend heran. Und mit "Kommissar Rex", dem wohl berühmtesten Schäferhund des deutschen Fernsehens, steht noch ein weiterer prominenter Serienstar von einst in den Startlöchern.

"Mit Augenmaß und in neuen Konstellationen" will Rasmus das Fiction-Unterfangen angehen, wie er schon im Sommer im Interview mit DWDL.de sagte. "Wir drehen hier nicht alle Hähne auf und produzieren munter drauf los, sondern haben gezielt in neuen Partnerschaften nach Möglichkeiten gesucht, wie wir Stoffe realisieren können, die für unser Publikum eine gewisse Selbstverständlichkeit mitbringen, und wo ich nicht erst eine Marketing-Kampagne brauche, um unserem Publikum zu erklären, um was es eigentlich gehen wird."

Tatsächlich geht Sat.1 den Schritt nicht alleine. Während der Sender beim "Letzten Bullen" Prime Video ins Boot geholt hat, fungiert der ORF bei "Rex" als Partner. Das schmälert zwar mitunter die Exklusivität, verringert aber auch das Risiko - gerade in einer Zeit, in der die Budgets schmaler werden. Das dürfte zugleich die Fantasie bei Fiction-Produzenten wecken, für die ProSiebenSat.1 auf diese Weise an Attraktivität gewinnt, nachdem die Sendergruppe vor wenigen Jahren auf die fiktionale Vollbremse trat und das Geschäft mit Serien und Filmen lieber der Konkurrenz überließ.

"Keine Denkverbote mehr"

Inzwischen hat sich das geändert - auch, weil sich die Streamingdienste verändert haben. "Wir arbeiten jetzt in neuen Kooperationen und ich finde es ganz toll, dass wir über Grenzen hinweg zusammenarbeiten", sagte Marc Rasmus. "Es gibt da für mich auch keine Denkverbote mehr. Streamer haben inzwischen auch den Mainstream für sich entdeckt, kommen deshalb auf Programmideen, die uns nicht fremd sind." Geht es nach Rasmus, dann sind die drei Serien erst der Anfang. Auch "neue Ideen" würden gesucht, erklärte der Senderchef im Sommer, fügte aber hinzu, "dankbar" zu sein, "wenn Kreative sich gleich zu Beginn Gedanken dazu machen, in welcher Konstellation man das Projekt mit Partnern realisieren könnte".

Auch bei RTL hat man inzwischen die deutsche Fiction wieder vermehrt fürs Free-TV entdeckt - wenn auch mit einem anderen Ansatz. Dort sind es seit geraumer Zeit vor allem Krimireihen, die man so ähnlich auch bei ARD und ZDF erwarten würde, mit denen der Sender Erfolge feiert. Erfolge, die auch die Verantwortlichen in Unterföhring aufmerksam beobachtet haben dürfte. Die Branche wird in den kommenden Wochen aufmerksam verfolgen, wie das Fiction-Comeback von Sat.1 beim Publikum verfängt. Die Hoffnungen sind groß.

Sat.1-Senderchef Marc Rasmus ist nächste Woche zu Gast im DWDL Producers Club und erklärt, wonach er für die kommende Zeit noch sucht - am Montag, den 17. November in München, sowie am Mittwoch, den 19. November in Köln. Jetzt Tickets sichern!