Nachdem die geplante und dann doch wieder zurückgezogene Verpflichtung von Thilo Mischke als Moderator der ARD-Kultursendung "ttt" Anfang des Jahres für viele Schlagzeilen gesorgt hat - und das bis heute noch tut - sieht man beim Senderverbund jetzt die Zeit gekommen, die Marke auf mehreren Ebenen voranzubringen. Jana Cebulla, Hauptredaktionsleiterin Kultur und Jugend im MDR, hatte gegenüber DWDL.de bereits im Juni angekündigt, dass man an einem Castingprozess arbeite, um die Lücke, die durch die Personalie Mischke gerissen wurde, zu schließen

Jana Cebulla © MDR/Hagen Wolf Jana Cebulla
Nun ist die Zeit gekommen. "Nach der Kommunikation im Sommer, dass wir einen Castingprozess planen, haben wir eine große Resonanz erhalten. Da haben sich verschiedene Menschen initiativ bei uns beworben", sagt Cebulla heute gegenüber DWDL.de. Mögliche Berührungsängste, die durch den Fall Mischke entstanden sein könnten, gibt es also offenbar nicht. "Gleichzeitig haben sich die Redaktionen selbst auf die Suche nach möglichen Kandidatinnen und Kandidaten gemacht."  

Aktuell befindet sich der MDR, der nach dem ganzen Debakel rund um die gescheiterte Verpflichtung von Thilo Mischke die Federführung bei "ttt" übernommen hatte, in der Sondierung. Es gibt auch schon einen Pool an möglichen Kandidatinnen und Kandidaten. Im ersten Halbjahr 2026 soll ein Casting final entscheiden, wer künftig an der Seite von Siham El-Maimouni durch das Kulturmagazin führt. Nach der Sommerpause soll diese Person dann zum Einsatz kommen, wobei El-Maimouni Haupt-Moderatorin von "ttt" bleibt. 

Das, was die neue Moderatorin bzw. der neue Moderator mitbringen muss, hat sich im Vergleich zu dem Casting, aus dem Thilo Mischke als Sieger hervorgegangen war, noch einmal verändert. Damals war es den ARD-Verantwortlichen wichtig, dass die Person, die künftig durch die Sendung führt, selbst digitale Reichweite mitbringt. "Das gewichten wir jetzt anders", sagt Jana Cebulla im Gespräch mit DWDL.de. Entscheidender sei es, dass sich die Person im Kulturbetrieb auskenne und Kulturdebatten führen könne.

So läuft der Castingprozess ab 

Nach den vielen Schlagzeilen rund um die gescheiterte Verpflichtung von Thilo Mischke dürfte das Interesse der Öffentlichkeit an diesem Prozess hoch sein. Vielleicht müssen alle "ttt"-Redaktionen am Ende auch deshalb gemeinsam entscheiden, wer zweiter "ttt"-Moderator wird. "Die Redaktionen entscheiden konsensual. Der MDR als ‘ttt’-Federführer bestimmt nicht einfach, sondern übernimmt dabei die koordinierende Rolle", sagt Cebulla. BR, HR, MDR, NDR, WDR und RBB sind an der Produktion der Sendung beteiligt, im wöchentlichen Wechsel entsteht das Kulturmagazin in einer der Landesrundfunkanstalten. 

 "Die Redaktionen entscheiden konsensual."
Jana Cebulla, Hauptredaktionsleiterin Kultur und Jugend im MDR


Nun müssen sich diese sechs ARD-Anstalten auf eine Person einigen, die künftig an der Seite von Siham El-Maimouni durch "ttt" führen wird. Damit versucht man wohl auch, eine klare Entscheidung herbeizuführen, an der hinterher nicht geruckelt werden kann. Es heißt aber auch: Jeder Sender bzw. jede Redaktion hat ein Veto-Recht. 

Neben der Frage, wer künftig noch das lineare "ttt" moderieren wird, haben sich die beteiligten Redaktionen zuletzt intensiv damit beschäftigt, wie man die Marke erweitern kann. "Es geht darum, verschiedene Touchpoints zu neuen Zielgruppen zu schaffen. Im Bereich Social Media gelingt uns das aktuell schon sehr gut und wir überlegen sehr konkret, wie wir das Markenportfolio von ‘ttt’ erweitern können", erklärte MDR-Kulturchefin Jana Cebulla bereits im Juni im Interview mit DWDL.de. Nun haben diese Überlegungen zu zwei Ideen geführt - und eine davon wird auch schon bald zu sehen sein. 

Neues Talk-Format in den Startlöchern

So testet man noch im Dezember mit "ttt Talk" ein Dialog-Format. Am 2. Dezember trifft Siham El-Maimouni im Bauhaus Dessau auf Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, mit ihm spricht sie über den Einfluss vom Staat auf Kunst und Kultur, Gendersternchen, künstliche Intelligenz und natürlich auch über Weimers Einlassungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ausgestrahlt wird das am 7. Dezember ab 23:35 Uhr - im Anschluss an eine reguläre "ttt"-Ausgabe. Darüber hinaus sollen Teile des Gesprächs auch über Social verbreitet werden, geplant ist zudem eine Veröffentlichung in der Audiothek. 

"Wir stellen uns das etwa so vor wie beim ARD-Sommerinterview, nur dass wir auch Publikum im Raum haben werden", erklärt Cebulla im Gespräch mit DWDL.de zum neuen "ttt Talk". Mit dem "Sommerinterview"-Vergleich meint sie aber weniger den Inhalt, sondern die Anmutung des neuen Gesprächsformats. Also eine Journalistin, die mit einem Gast über verschiedene Themen spricht. "Wenn es gut läuft, macht es Sinn, das fortzuführen. Aber gerade die Crossmedialität ist eine Herausforderung. Die Frage wird sein, ob wir es hinbekommen, mit dem Format sowohl linear, über Social als auch im Audio-Bereich Reichweite zu erzeugen", sagt Cebulla, die betont, dass man in jedem Fall dialogische Formate vor und mit Publikum weiterverfolgen wolle, unabhängig davon, wie gut der neue "ttt Talk" funktioniert.

Reportage-Reihe kommt 2026

Das zweite Projekt ist noch weniger spruchreif, die grobe Richtung ist aber schon klar. So will man unter der Marke "ttt" eine Reportage-Reihe starten. Darin sollen verschiedene Kultur- und Gesellschaftsthemen in Reportage-Form gegossen werden. "Die Formatentwicklung dafür läuft vielversprechend. Wir wollen dem Publikum Tiefgang anbieten und 2026 mit dem ersten Thema starten", bestätigt Jana Cebulla. Das Besondere hier: Neben den ARD-Anstalten, die "ttt" stemmen, hat sich auch der SWR zu einer Teilnahme entschlossen. 

Trotz der vielen Negativ-Schlagzeilen, die es rund um den Jahreswechsel zu "ttt" gab, ist man innerhalb der ARD also offenbar gewillt, die Marke zu stärken - und das teilweise auch mit mehr Landesrundfunkanstalten als bislang. Eine mögliche juristische Auseinandersetzung mit Thilo Mischke, wie sie jetzt einige Zeit lang im Raum stand, wird es übrigens wohl nicht geben - zumindest aktuell deutet nichts darauf hin. Mischke hat auf eine entsprechende Anfrage von DWDL.de nicht reagiert. Jana Cebulla sagt: "Wir haben als ARD unsere vertraglichen Verpflichtungen erfüllt und es gibt keine gerichtliche Auseinandersetzung."