Es ist kein schöner Abgang - und schon gar kein würdiger. Nach 20 Jahren an der Spitze des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) hat Ulrich Reiter an diesem Montag seinen letzten Arbeitstag. Reiter war es, der seit Gründung des Senders an dessen Spitze stand. Daher überrascht es nicht, dass er nun derjenige ist, der sich allerlei Kritik anhören muss. Anlass zur Kritik gibt es in diesen Tagen reichlich: Der MDR blieb von kaum einen Skandal verschont, von Sportchef Wilfried Mohren, der Sendezeiten verkaufte, bis hin zum inzwischen gefeuerten Unterhaltungschef Udo Foht, dessen dubiose Praktiken den Sender zuletzt in Aufruhr versetzten.

Dabei hätte alles so schön sein können. Udo Reiter leistete mit dem Aufbau des MDR wahre Pionierarbeit. "Als ich zum Bayerischen Rundfunk kam, da stand der fertig da, da konnte man allenfalls noch hinter dem Komma etwas ändern. Beim MDR war noch gar nichts da, da war ich sozusagen der Urknall", erzählte er vor einigen Monaten in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Ein solcher Schöpfungsakt sei "etwas ganz Besonderes". Man bräuchte heute drei ARD-Hauptversammlungen für all das, was damals in fünf Minuten am Hauseingang entschieden worden sei.

Dennoch war die Pionierzeit zu Beginn der 90er Jahre auch mit so manchem Risiko verbunden, gibt Reiter heute zu. "Wir haben damals festgestellt, dass die Geldmittel, die uns zur Verfügung standen, gerade für den halben Aufbau reichen würden. Daher sind wir mit diesem Geld, der berühmten Anschubfinanzierung, an die Börse gegangen." Dank des Börsenbooms habe man das Geld innerhalb von drei Jahren mehr als verdoppelt und damit den Sender schuldenfrei aufgebaut. Heute sagt Reiter dazu: "Das war am Rande der Legalität. Ich habe damals zum Glück nicht gewusst, dass man mit öffentlichem Geld nicht in diesem Ausmaß an der Börse spekulieren darf. Wir haben knapp 3 Millionen verloren, aber in der Summe fast 600 Millionen gewonnen."

Udo Reiter ist es gelungen, das MDR Fernsehen zum erfolgreichsten aller Dritten Programme zu machen. Nein, ein typisches Drittes ist der MDR nicht. Mit allerlei Ostalgie-Shows, leichten Formaten und einem Hang zum Boulevard, wie man ihn etwa täglich bei "Brisant" erleben kann, zog der MDR immer wieder Häme und Spott auf sich. Doch der Erfolg gab Reiter und seiner Mannschaft recht. Das Programm nach wie vor gefragt, doch all die Skandale der Vergangenheit haben die Kritiker inzwischen lauter werden lassen. Kurz vor seinem Abschied kündigte Reiter nun im "Spiegel" an, die "politische Verantwortung" für die Skandale in seinem Leipziger Sender übernehmen zu wollen.