Viele derjenigen, die ihn immer und immer wieder kritisierten, werden ihm nun bei "Wetten, dass..?" hinterherweinen. Eines ist gewiss: An geheuchelten Abschiedsworten wird es in den nächsten Tagen nicht mangeln. Dabei hat Thomas Gottschalk eigentlich Besseres verdient: Mit ihm verlässt wahrscheinlich der letzte große Entertainer der Republik die Show-Bühne. Bei seinem neuen Vorabend-Talk, der ab Ende Januar im Ersten zu sehen sein wird, muss der Moderator ohne Studio-Publikum auskommen. Gottschalk tut mit dem Format, das keineswegs ein Selbstläufer sein wird, etwas, das selten geworden ist im deutschen Fernsehen: Er wagt etwas Neues.
"Meinen Tisch beim Italiener in Kalifornien bekomme ich immer", gab sich Gottschalk schon im Oktober gelassen. "Der denkt, ich war auf Angel-Reise in Alaska. In Wirklichkeit bin ich in Deutschland großartig gescheitert." Diese Gelassenheit, mit der Gottschalk den Samstagabend nun verlässt, ist bemerkenswert. Und doch wird es eine Gefahr sein, ihn bald täglich auf Sendung gehen zu lassen. "Der Gottschalk darf sich nicht abnutzen", sagte Gottschalk schon vor 25 Jahren. Nie war diese Warnung aktueller als heute. Und doch hat er vermutlich die richtige Entscheidung getroffen: Wann, wenn nicht jetzt, hätte er "Wetten, dass..?" verlassen sollen, um noch einmal Neuland zu betreten?
Der Ball liegt nun beim ZDF. Auf dem Lerchenberg muss man sich jetzt überlegen, ob und wenn ja, wie "Wetten, dass..?" in eine neue Zeitrechnung führen soll. Thomas Gottschalk kann es weitgehend egal sein, er hat der Nation zur Genüge gedient und muss niemandem mehr etwas beweisen. Ein "Spiegel"-Artikel, der im Jahr 1987 unmittelbar vor Gottschalks "Wetten, dass..?"-Einstand erschien, endete übrigens wiefolgt: "Er kann sich gut vorstellen, eines Tages der Kuli der Nation zu werden. Denn der, so Gottschalk, sei der Beweis dafür, 'dass man in diesem Beruf alt werden kann, ohne zum Hanswurst zu werden'." Man muss vor Thomas Gottschalk den Hut ziehen: Dieses Ziel hat er mit Bravour erreicht.