Ein Mann streift durch den Moritzburger Wald bei Dresden. Geräusche eines Detektors sind zu hören. "Einer der größten Schätze Deutschlands soll hier vergraben sein", sagt der Sprecher. Und der durch den Wald streifende Mann erzählt: "Wenn es einmal unter der Erde liegt, ist es verschwunden." Plötzlich springt sein Detektor an, der Mann beginnt zu graben - und findet einen halben Meter unter der Erde eine alte Holzkiste. Darin versteckt: Eine Kanne aus vergoldetem Silber. Sie gehörte einst dem sächsischen König.
Es wirkt zunächst reichlich geheimnisvoll, was das ZDF seinen Zuschauern am Dienstagabend zur besten Sendezeit zeigen wird. "ZDFzeit" nennt sich das neue Label, das die Dokumentationen auf diesem Sendeplatz vereinheitlichen soll. "'ZDFzeit' bündelt Themen, die bisher nebeneinander gestanden haben", erklärt Chefredakteur Peter Frey das Konzept. Er spricht von einer "neuen Generation von Dokumentation", die man den Zuschauern anbieten wolle - inklusive einer neuen Erzählform, die auch das Miterleben möglich machen soll. In erster Linie ist "ZDFzeit" jedoch der Wunsch, verloren gegangenes Publikum zurückzuerobern.
Schon seit geraumer Zeit haben die einst so erfolgreichen Dokumentationen kräftig an Zuspruch verloren. Ähnlich wie bei "Terra X" will man nun also auch mit "ZDFzeit" eine Marke etablieren, für die sich das Einschalten lohnt. Den Anfang macht in dieser Woche der Film "Auf der Jagd nach verlorenen Schätzen", der Geschichten erzählt wie jene des Schatzsuchers im Moritzburger Wald. "Mitnehmen ist eigentlich verboten", mahnt der Sprecher aus dem Off, als der Mann die Kanne ausgegraben hat, "aber Hanno Marschner will den Schatz seiner Frau unbedingt zeigen."
Die Frau des Sammlers kommt schließlich ebenfalls zu Wort und darf noch einmal über den atemberaubenden Moment sprechen, als sie die Kanne erstmals zu Gesicht bekam. "Ich dachte: Das gibt's ja wohl nicht." Doch, das gibt es wirklich - man darf allerdings durchaus die Frage nach dem Warum stellen. "Das Sendeversprechen lautet: Jeder Film ermöglicht dem Zuschauer einen so facettenreichen Blick auf ein Thema, dass er sagen kann: So habe ich das noch nicht gesehen", sagt Roman Beuler, Leiter der ZDF-Redaktion Zeitgeschehen. Doch facettenreich ist insbesondere in der ersten Folge fast schon gleichzusetzen mit einem bunten Allerlei.
Neben dem ostdeutschen Sammler-Pärchen wird in der Auftakt-Folge versucht, viele verschiedene Schätze zu heben. Dabei kratzt "ZDFzeit" leider durchgehend an der Oberfläche, weil für mehr gar keine Zeit bleibt - in Form kurzer Rückblicke soll Geschichte eher nebenbei vermittelt werden. Bevor es historisch zu komplex wird, begibt sich "ZDFzeit" lieber in einen Steinbruch, um eine weitere Gruppe auf der Schatzsuche zu begleiten. "Das ist ein Gefühl wie Weihnachten und Ostern auf einen Tag", erzählt eine ältere Dame in rotem Pulli und beiger Latzhose. "Es ist wie mit einem Briefmarkensammler. Der kriegt auch nie genug - so geht's uns mit Steinen."
Der Erkenntnisgewinn für den Zuschauer hält sich natürlich in Grenzen. Besonders skurril aber wird es, wenn sich zwischen all diesen mehr oder weniger großen Belanglosigkeiten auch noch eine kleine Chartshow befindet. "Deutschlands größte verschollene Schätze", von den Zuschauern gewählt, werden kurz vorgestellt. Deutschland sucht den Superschatz, sozusagen. Als der Schatz der Nibelungen kurz angesprochen wird, wird "It's a kind of Magic" eingespielt, später im Film werden Schatzsucher zur Musik von "Indiana Jones" begleitet. Nein, ergiebig ist das nicht. Eher eine permanente Unterforderung der Zuschauer, angereichert durch kleine Geschichts-Häppchen und etwas Abenteuer-Stimmung.
"Dieser Geruch!", schwärmt der Mann aus dem Moritzburger Wald schließlich, als er einen Löffel ausbuddelt. "Da hat man geahnt, dass dieser Löffel noch kurzer vorher in der Soße gewesen ist." Mag sein, dass die klassischen ZDF-Dokumentationen am Dienstagabend ein wenig in die Jahre gekommen sind. Doch zumindest die Suche nach verlorenen Schätzen lässt viel von dem Anspruch vermissen, den man im Falle einer öffentlich-rechtlichen Dokumentation zur besten Sendezeit erwarten kann.