Als "Wer wird Millionär?" am 3. September 1999 bei RTL seine Premiere feierte, hätte wohl kaum einer damit gerechnet, dass sich die Quizshow einmal zu einem wahren Dauerbrenner entwickeln würde. Sicher: In Großbritannien war das Original "Who wants to be a Millionaire?" bereits ein riesiger Erfolg - doch eine Garantie für gute Quoten gibt's selbstverständlich nicht. Letztlich waren es auch nur 3,62 Millionen Zuschauer, die einst die erste Ausgabe bei RTL einschalteten, die zweite Ausgabe tat sich sogar noch ein wenig schwerer.
Erst danach stieg das Interesse an: Bei der vierten Folge, der vorerst letzten, schnellte die Zuschauerzahl auf mehr als sieben Millionen nach oben - und das Quiz-Fieber hatte Deutschland erfasst. Von da an entwickelte sich ein regelrechter Hype um "Wer wird Millionär?". Regelmäßig rätselten mehr als zehn Millionen Zuschauer mit den Kandidaten. Ein Erfolg, mit dem auch Günther Jauch nicht gerechnet hat, wie er sagt. "Ich habe mir auf Empfehlung des damaligen RTL-Chefs Gerhard Zeiler dieses Format aus England angesehen. Ich war sofort gefesselt und habe gemerkt, welche Spannung diese Sendung entwickeln kann", sagt der Moderator.
Nach wie vor schalten regelmäßig sechs bis sieben Millionen Zuschauer ein, doch eine Selbstverständlichkeit ist der bis heute anhaltende Erfolg gewiss nicht. "Gerade diese hohe Frequenz, mit der die Show zunächst dreimal und heute zweimal in der Woche so erfolgreich war beziehungsweise ist, überrascht und freut mich immer wieder", so Jauch. Doch nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass sich das Format seit nunmehr über zwölf Jahren erfolgreich am Markt behauptet - übrigens ohne gravierende Regel-Änderungen wie etwa im "WWM"-Mutterland Großbritannien, wo ein Countdown die Kandidaten zu schnellen Antworten zwingen soll.
Zu Günther Jauchs Art, die Show zu präsentieren, würde das jedenfalls nicht passen. Sein Mienenspiel, sein Umgang mit den Kandidaten und seine Reaktionsschnelligkeit erfordern keine künstlichen Spannungselemente. Und doch, sagt Jauch, habe sich "Wer wird Millionär?" verändert. "Wenn man die ersten Sendungen mit denen von heute vergleicht, dann war ich damals viel langsamer. Am Anfang musste ich vor allem das richtige Gefühl für das Tempo bei den Fragen entwickeln." Heute schaffe er mehr Fragen pro Sendung und habe ein besseres Gefühl für das Timing entwickelt.
Und dann wäre da auch noch Günther Jauchs Gespür für Menschen - verbunden mit der Tatsache, dass er es sich im Gegensatz zu anderen Quizmastern erlaubt, auch mal parteiisch zu sein. "Das gehört mit zum Spiel und so bleibe ich unberechenbar", sagt Jauch. "Es stimmt aber auch, dass ich einige Kandidaten nicht so gerne mag wie andere. Dann bin ich zuweilen auch mal 'hart, aber ungerecht'. Wie es jeder von uns im richtigen Leben auch erlebt." Leute etwa, die ewig für eine Antwort brauchen, möge er weniger, oder auch jene, die immer wieder fragen, ob er nicht helfen könne.
"Das sind Kandidaten, bei denen ich auch ein bisschen grantig werden kann. Und natürlich gibt es auch Spieler, denen man es eher gönnt weit zu kommen. Letztendlich ist aber jeder seines Glückes Schmied." Schon längst ist "Wer wird Millionär?" kein reines Quiz mehr: Viel mehr hat sich die Sendung zu einer Art Personalityshow entwickelt, die in besonderem Maße von ihrem Moderator lebt - womöglich sogar stärker als dies bei "Wetten, dass..?" und Thomas Gottschalk der Fall gewesen ist. Bleibt nur die Frage, wie lange Günther Jauch der Show noch erhalten bleiben wird - nicht wenige hielten den Start seines Polittalks im Ersten für einen ersten Schritt in Richtung RTL-Abschied.
"Es wird irgendwann vielleicht mal so weit sein, dass die Sendung aus der Mode gerät", ist sich der Moderator bewusst. "Aber in der Kombination aus Langlebigkeit, Häufigkeit und Einschaltquote ist es nach dem Rücktritt von Thomas Gottschalk im Moment insgesamt die erfolgreichste Sendung im deutschen Fernsehen. Darüber bin ich natürlich sehr froh und wenn ich so lange wie Thomas dabei bleibe, haben wir gerade erst die Halbzeit erreicht."