Im Gegenteil: Bellut ist längst als Anhänger einer Reduzierung der ZDF-Digitalkanäle bekannt. Kein Wunder also auch seine vornehme Zurückhaltung bei den Jugendkanal-Fantasien der ARD. Die war bei Illner in Form von SWR-Justitiar Dr. Hermann Eicher vertreten, der Details zum neuen Rundfunkbeitrag ausführte, welcher am Tisch selbst jedoch erstaunlich kurz Thema war. Stattdessen ging es um die Frage der Notwendigkeit von Tochterfirmen (bei Hans-Peter Siebenhaar) und immer wieder um die Programmgestaltung, etwa bei Oliver Pocher, der erst im Laufe der Sendung zu seiner Form fand.

Beim Thema Schleichwerbung wies er dann jedoch Springers Lautsprecher Keese zu Recht - was Thomas Bellut ein Schmunzeln auf die Lippen zauberte. Wenig später legte er sich beim Thema Sportrechte mit Bellut an. Doch Kritik an einer Überpräsenz der Öffentlich-Rechtlichen, die damit den freien Markt behindern würden, wies der ZDF-Intendant vehement zurück. RTL und ProSiebenSat.1 würden ebenso wie Axel Springer Rekordrenditen einfahren. Im Programm bräuchten auch ARD und ZDF massenwirksame Programme. "Oder wollen Sie uns zu PBS machen?" fragt Bellut Springer-Mann Keese.

Die Diskussionsrunde offenbarte aber auch die nicht immer schlüssigen Argumente allzu banaler Kritik an ARD und ZDF. Quote wird da mal als Negativbeispiel für die Anspruchslosigkeit der Unterhaltung im Hauptprogramm angeführt. Und dann aber Quote im Digitalprogramm gefordert. Es wird kritisiert wenn Hollywood-Ware oder Sportrechte für ein jüngeres Publikum gekauft werden, aber im nächsten Satz wird das hohe Durchschnittsalter des Publikums beklagt.

So offenbarte "Maybrit Illner" am Donnerstagabend vorallem eins: Es gibt nach wie vor hohen Diskussionsbedarf und einen ZDF-Intendanten, der weniger mauert als erwartet. Auf der Kritiker-Seite zeigte sich mal wieder: Von Verlagen und Privatsendern kommt Kritik oft mit handfestem Eigeninteresse dahinter. Das ist leicht entlarvt, auch abseits dieser Sendung. Wenn sich RTL und ProSiebenSat.1 über Gebührenverschwendung angesichts der überschaubaren Quoten z.B. von ZDFneo beklagen, fragt man sich schon, wie laut wohl das Geschrei wäre, wenn ZDFneo erfolgreicher wäre beim jungen Publikum.

Nach einer Stunde "Maybrit Illner" war man am späten Donnerstagabend so klug wie zuvor, aber die Sendung hatte für am Fernsehen interessierte Zuschauer durchaus Unterhaltungswert. Und eine transparentere Beschäftigung mit sich selbst und Kritik am öffentlich-rechtlichen System stünde ARD und ZDF häufiger gut zu Gesicht. Es muss ja nicht immer erst eine "Spiegel"-Titelgeschichte Auslöser sein.