Eigentlich ist es ja keine allzu gute Eigenschaft, Dinge von oben herab zu beurteilen. Doch beim Fernsehen kann das mitunter ganz hilfreich sein - und nebenbei auch noch schöne Bilder bescheren. "NRW von oben" nennt sich eine neue Doku-Reihe, die das WDR Fernsehen in diesem Jahr ausstrahlen wird. Bei den Dreharbeiten für das Format, das voraussichtlich im dritten oder vierten Quartal am Freitagabend um 20:15 Uhr gezeigt werden soll, kamen nicht nur Hubschrauber im Einsatz, sondern auch sogenannte Oktokopter, die für tolle Ausnahmen aus der Luft sorgt. Nicht ohne Stolz spricht Christiane Hinz über den Aufwand, den man für die Reihe betreibt.
Hinz ist seit September neue Leiterin der WDR-Programmgruppe Gesellschaft und Dokumentation. Nach einigen Monaten Einarbeitungszeit gab sie nun in Köln einen Ausblick auf das Doku-Programm des WDR für das Jahr 2013. Neu ist die Idee, das Land - wie bei "NRW von oben" - aus der Luft zu zeigen, freilich nicht. Bereits vor einiger Zeit zeigte nämlich bereits das ZDF "Deutschland von oben". Doch schön anzusehen sind die Aufnahmen, die für den WDR entstanden sind, trotzdem. "Wir wollen uns unserem Land rein poetisch annähern", erklärt Hinz das Konzept, das auf tiefgründige Erklärungen verzichten und stattdessen die Bilder sprechen lassen möchte.
"NRW von oben" ist jedoch längst nicht das einzige Format dieser Art, das der WDR für 2013 plant. Mit "Das Ruhrgebiet von oben" ist nämlich noch eine ganz ähnliche Reihe in Arbeit, die im Unterschied zu "NRW von oben" jedoch auch verschiedene Protagonisten zu Wort kommen lassen will - in erster Linie jüngere Menschen, "die eine moderne Beziehung zum Ruhrgebiet haben", sagt Christiane Hinz. "Sie sollen den Wandel repräsentieren, sind aber dennoch fest mit ihrer Heimat verwurzelt." Bei Arte soll zudem voraussichtlich Ende des Jahres "Der Rhein von oben" als 3D-Event gezeigt werden. All das sind freilich dokumentarische Stoffe, die darauf angelegt sind, ein breites Publikum zu erreichen.
So wie auch das Format "Vorfahren gesucht", in dem sich Moderator Hugo Egon Balder Ende März auf die Spuren seiner Mutter nach Theresienstadt begibt - ein durchaus bewegender Film, insbesondere wenn er ihren Judenstern in Händen hält und über die Erinnerungen an seine Mutter spricht. Deutlich harmloser geht es in dem Film "Bruno, der Bär ohne Pass" zu, in dem sich Schauspieler Hannes Jaenicke auf Spurensuche nach dem berühmt-berüchtigten "Problembären" begibt. Diese Produktion will der WDR für die Tierdoku-Schiene am Montagabend im Ersten beisteuern. Für den 1. Mai um 18:30 Uhr ist im Ersten zudem die Ausstrahlung des 90-minütigen Dokudramas "Karl der Große" geplant, der im Vorfeld auch bei Arte ausgestrahlt werden soll.
Insgesamt will die Programmgruppe damit in diesem Jahr 190 Stunden Dokus für WDR Fernsehen, Das Erste und Arte liefern, darunter "relativ viele Auftragsproduktionen", wie Christiane Hinz sagt. Dabei soll einerseits der Spagat gelingen zwischen regionalen, nationalen und internationalen Stoffen, aber auch zwischen der Ansprache unterschiedlicher Zuschauergruppen. Dabei gilt: Je früher der Sendeplatz, desto mainstream-tauglicher muss es sein. Zwar will Hinz mit Reihenbildungen Strukturen schaffen, doch formatiert seien die Produktionen deshalb noch lange nicht. In der "Dynastien"-Reihe stünde beispielsweise jeder Film für sich. Und auch eine unkommentierte Collage über Altkanzler Willy Brandt soll zur besten Sendezeit ihren Platz finden - sicherlich ein spannendes Projekt.
Dass manche Produktionen auch zur späterer Stunde bloß überschaubere Zuschauerzahlen verzeichnen, will die neue Leiterin der Programmgruppe Gesellschaft und Dokumentation beim WDR jedoch in Kauf nehmen. "Wir haben keinen Quotendruck", sagt Hinz und verweist darauf, dass man am späten Abend mit der Dokuschiene meist Marktanteile zwischen drei und fünf Prozent hole. Der jüngst gezeigte und gerade erst für den Grimme-Preis nominierte Film "Arbeit Heimat Opel" sei jedoch mit mehr als fünf Prozent bei den jüngeren Zuschauern besonders gut gelaufen. Und das, obwohl er sehr langsam erzählt war. Eine typische Erfolgsformel gibt es also nicht. Gerade das macht das Genre der Dokumentationen aber vermutlich auch so spannend.