Liebevoll, detailreich, opulent - viele Serienschöpfer legen größten Wert auf die äußeren Details bei der Erschaffung ihres Serienkosmos, ob der nun wie bei "Downton Abbey" in der Vergangenheit oder in Fantasie-Reichen angesiedelt ist. Doch kommt es darauf überhaupt an? Eine Studie der Neuromarketing Labs in Aspach und Reutlingen im Auftrag von Fox und Vodafone, in der diese unter anderem Hirnströme, Herzschlag, Hormonspiegel und Augenbewegung von 74 Serienjunkies unter die Lupe nahmen, legt nahe, dass es sich dabei eher um einen "Nebenkriegsschauplatz" handelt.

Die Auswertung der Augenbewegungen habe ergeben, dass sowohl bei Stand- als auch  bei Bewegtbilder fast ausnahmslos auf Augen und Mund der Darsteller geschaut wurde. Dahinter folgten "sexuelle Stimuli" wie etwa ein tiefes Dekolleté, das die Aufmerksamkeit auf sich zog und dahinter gewalttätige Stimuli wie Waffen oder Zombies. Dem Rest des Bildes sei hingegen kaum Beachtung geschenkt worden - was natürlich nicht heißt, dass es nicht trotzdem einen passenden Rahmen für eine Handung bieten sollte. In der Regel auf wenige und schmucklose Schauplätze reduzierte Sitcoms machen aber davon Gebrauch, dass wir offenbar häufig gar nicht wirklich auf die Umgebung wert legen.

Klar ist jedenfalls, und das kommt ja nicht überraschend: Auf die Charaktere kommt es an - und die sollten vor allem Ecken und Kanten aufweisen. Auch im zwischenmenschlichen Bereich fänden wir schließlich eher solche Typen attraktiv als "glatte" Menschen, heißt es in der Studie. Damit eine Serie Erfolg hat, müssen diese Charaktere es schaffen, mindestens eine elementare Emotion beim Zuschauer zu erzeugen. Und dabei ist es weitgehend egal welche, sie muss also nicht positiv besetzt sein. "In der Freizeit suchen die Probanden eher den Ausbruch aus dem Alltag und streben danach, Emotionen zu erleben, die in andere Extreme gehen. Es fällt auf, dass besonders die Dimensionen Gefahr und Angst aktiviert werden sollten", heißt es in der Studie. Die stärksten Emotionen seien übrigens bei Retro-Serien und Sitcoms gemessen worden. Bei alten Retro-Serien könnte das daran liegen, dass sie "unbewusst Kindheits-Erinnerungen hervorrufen bzw. Zeiten, in denen man im Kreis der Familie fernsah und man damit Zentren im Gehirn anspricht, die diesen am nächsten sind".

Doch nur Serien, die wir in unser Herz geschlossen haben, schaffen es überhaupt, solche Emotionen bei uns zu wecken. Alle anderen Serien lassen uns kalt. Es gibt der Studie zufolge übrigens keine Serien, die wir hassen. Selbst bei den Serien, die die Probanden als "verhasst" klassifiziert hatten, zeigte das Gehirn einfach Gleichgültigkeit. Studienleiter Kai-Markus Müller: "Auch in der Liebe wird Gleichgültigkeit für den Ungeliebten manchmal schlimmer als Hass empfunden, denn Hass impliziert, dass starke Gefühle herrschen, zwar negativer Art, aber immerhin Gefühle. Unsere Studienergebnisse zeigen, dass es nicht wirklich Serien gibt, die man hasst." Wenn wir dann aber mal eine Serie lieben, dann wecken Ereignisse darin häufig stärkere Emotionen als etwa das tatsächliche Weltgeschehen.

Weitere Ergebnisse der Studie: Originalversionen kamen bei den Probanden besser an als die deutsche Synchronisation - und das selbst bei denen, die eigentlich angegeben hatten, die Synchronisation zu bevorzugen. Und Serien-Vorspänne sind ungünstig, wenn keine Menschen darin zu sehen sind. So schafften etwa die Vorspänne von "Game of Thrones" und "The Walking Dead" besonders wenig Aufmerksamkeit, obwohl sie besonders häufig als Lieblingsserie genannt wurden.

Und noch ein durchaus überraschendes Ergebnis der Studie: Serienkonsum wirkt beruhigend. Zwar führte eine Horror-Szene aus "The Walking Dead" zu einem etwas höheren Stresslevel als etwa eine Comedy-Szene. Doch trotzdem sei selbst dann der Stress-Level niedriger gewesen als zum Zeitpunkt als gar keine Serie geschaut wurde. "Dies lässt den Schluss zu, dass eine TV-Serie bzw. der Akt des Fernsehens insgesamt eine eher beruhigende Wirkung auf den Körper hat." Damit kann man sich künftig also zumindest wissenschaftlich dafür rechtfertigen, vor dem Schlafen-Gehen noch eine Serie zu schauen.