Zwölf Städte in zwölf Stunden: Das ist das Konzept einer ebenso ehrgeizigen wie aufwendigen Dokumentation, die Vox am Samstag ins Programm nehmen wird. Spiegel TV steht hinter dem Projekt, für dessen Idee und Recherche der Autor Michael Kloft verantwortlich zeichnet. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Zuschauer auf eine Reise durch das Nachkriegs-Deutschland mitzunehmen. Auf beeindruckende und zugleich bewegende Weise versteht er es, von der Stunde null zu erzählen und den Folgen eines Krieges, der selbst dann noch weiterging, als er in Wahrheit längst verloren war.

Streng genommen erzählen vor allem die Bilder von den Zerstörungen und der Arbeit der Alliierten. Es sind Aufnahmen, die entstanden, als ein amerikanisches Kamerateam zwischen März und Juli 1945 durch die vom Naziregime befreiten Gebiete Deutschlands und seiner Nachbarn reiste. Das Besondere daran: Gefilmt wurde in Farbe, was zu damaliger Zeit eine echte Seltenheit war. In Washingtons Nationalarchiv wurden die Aufnahmen inzwischen in HD abgetastet, sodass sie in einer bislang kaum gekannten Qualität authentische Eindrücke der Tage und Wochen rund um das Kriegsende liefern.

In jeder Stunde steht eine andere Stadt im Mittelpunkt. Den Anfang macht Köln, das Ende März 1945 das Ziel des amerikanischen Kamerateams war. Gerade mal noch 40.000 Menschen lebten damals in der Domstadt, die zahlreiche Bombennächte über sich ergehen lassen musste. Im weiteren Verlauf der Dokumentation machen die Amerikaner unter anderem Station in Wiesbaden, Nürnberg, Leipzig, Plauen und Berlin. Weil es jedoch nicht nur um zwölf Städte geht, sondern auch um zwölf Schicksale, die mit ihnen verbunden sind, kommen immer wieder prominente Zeitzeugen zu Wort, darunter Jean Pütz, der von den Luftangriffen auf seine Heimatstadt Köln berichtet, oder Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der Anfang Mai 1945 in Leipzig als Soldat vor der Roten Armee flüchtete.

Tatsächlich sind die Zeitzeugen ein Glücksfall für diese Dokumentation, die man nicht nur ihrer Länge wegen als Event bezeichnen kann. Wenn etwa Schauspieler Hardy Krüger davon erzählt, wie er gegen Ende des Krieges als Kindersoldat einen anderen Menschen erschoss, dann geht das unweigerlich nahe. Gleiches gilt für die Erinnerungen von Krügers Kollegin Ingrid van Bergen an eine Vergewaltigung durch einen Soldaten. Damals war sie 13 Jahre jung. Anhand solch eindrucksvoller Zeitzeugenberichte lässt sich erahnen, welches Leid der Krieg über die Menschen brachte - und wie sehr die Erinnerungen daran bis heute Bestand haben.

1945 - 12 Städte, 12 Schicksale© Vox

Nun hat es freilich schon viele Versuche gegeben, sich diesem Thema zu widmen. Dass sich Vox und Spiegel TV ihm jedoch in einer Breite widmen, die es möglich macht, tief einzutauchen in diese heute oft so fern wirkende Zeit, macht das von "Stern TV"-Moderator Steffen Hallaschka präsentierte Projekt so sehenswert. Anerkennung erntet "1945 - 12 Städte, 12 Schicksale" auch von der "Süddeutschen Zeitung", die zugleich positiv hervorhebt, dass der Film nicht die rein deutsche Opferperspektive hervorhebt. Erstaunlich ist dafür die Verwunderung der SZ darüber, dass die Doku im Programm von Vox einen Platz gefunden hat.

"Gäbe es ein Ranking der Fernsehstationen, deren Sendungen man aus guten Gründen lieber nicht betrachtet hätte, wäre dem Sender Vox einer der vorderen Plätze sicher", ätzt Autor Joachim Käppner, vergisst dabei allerdings, dass Vox ähnliche Projekte auch bereits zu Hitlers Todestag und den Anschlägen vom 11. September 2001 im Programm hatte - ganz zu schweigen von den zahlreichen vierstündigen Samstags-Dokumentation, die an dieser Stelle bereits vor fast genau fünf Jahren lobend erwähnt wurden. So gesehen ist also auch diese Dokumentation über das Kriegsende 1945 bei Vox ganz sicher in besten Händen.