"Bemerkenswert finde ich die Entscheidung der AfD, uns beim Treffen rechtspopulistischer Parteien am 21. Januar in Koblenz von der Berichterstattung auszuschließen mit der Begründung 'Unsere Berichterstattung über die Partei in der Vergangenheit habe nicht journalistischen Grundsätzen genügt', sagt die AfD. Ich finde das offenbart ein merkwürdig undemokratisches Grundverständnis von Öffentlichkeit und wir werden uns alle Schritte vorbehalten und uns mit Sicherheit nicht den Schneid abkaufen lassen", erklärt Volker Herres, Programmdirektor des Ersten, am späten Donnerstagnachmittag bei einer Rede in Hamburg. Geladen hatten ARD und ARD Degeto um die fiktionalen Programmhighlights des Jahres zu präsentieren. Doch der Einstieg widmete sich der politischen Realität.

Zuvor hatten sich schon die Chefredakteurinnen und Chefredakteure der ARD geäußert nachdem Marcus Pretzell, Mitglied der europäischen ENF-Fraktion und Chef der nordrhein-westfälischen AfD, als Organisator der Konferenz mehreren Medien die Akkreditierung für eine Berichterstattung von der Veranstaltung versagte. Sie sehen einen "massiven Eingriff in die Freiheit der Berichterstattung." Den Vorwurf der fehlenden journalistischen Qualität wiesen sie zurück und erklärten: "Den Schaden hat damit unser Publikum, das wir nicht über das Treffen rechtspopulistischer Parteien in Europa informieren können. Diese Zusammenkunft ist für den künftigen politischen Kurs dieser Strömungen von großer Bedeutung."

Auch der DJV schaltete sich bereits ein und forderte die ENF auf, alle interessierten Journalisten zu akkreditieren. Es gehe schließlich nicht um "ein privates Treffen im Wohnzimmer", so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. "Parteien, die zur politischen Willensbildung beitragen sollen, dürfen Journalisten bei ihren Veranstaltungen nicht außen vor lassen." Der Hass von AfD-Mann Pretzell richtet sich besonders gegen die "GEZ-Medien", aber auch das "Handelsblatt", den "Spiegel" oder die "FAZ" will der Rechtspopulist nicht dabei haben. Kritische Berichterstattung ist unerwünscht. Die Aufregung der Journalisten über die Tatsache, dass unabhängige Berichterstattung zensiert werden soll, kommentiert Pretzell bei Twitter mit "Katzenjammer im Journalistenzirkus".

In Hamburg führte Volker Herres zum Ausschluss der Journalisten bei dem Treffen weiter aus: "Es ist für mich so ein Indiz, an dem man merkt, was sich verändert. Die aufgeklärte Gesellschaft erlebt ihre Feinde im Inneren und von außen. Umso wichtiger ist es, in dieser Zeit der auch asozialen Communitys und der Empörungs- und Manipulationsforen professionellen Journalismus zu pflegen, der den Müll von der Wahrhaftigkeit trennt. Ja, die neuen partizipatorischen Kommunikationsmöglichkeiten sind auch ein großer Fortschritt aber manchmal erscheinen mir die Volkssender gefährlicher als die Volksempfänger einst. Umso wichtiger ist eine professionelle Arbeit und ein verlässlicher und unabhängiger Absender. Ein solcher Absender wollen wir sein."

Rückblickend auf 2016 erklärte Herres: "Ein Jahr des Terrors liegt hinter uns. Der Anschlag mitten in Berlin war Schlusspunkt einer Entwicklung, die uns drastisch vor Augen geführt hat, wie grundlegend sich unsere Welt verändert. Wir alle spüren das. Politisch ist vieles in Bewegung und Globalisierung und Digitalisierung verändern alle Lebensbereiche mit allen Chancen, aber allen Risiken, mit Gewinnern aber auch Verlierern. Dieses Strukturwandel unserer Gesellschaft rüttelt am vertrauten System demokratischer Auseinandersetzung ebenso wie an den Grundlagen bürgerlicher Öffentlichkeit. Das ist für uns alle eine enorme Herausforderung und für das öffentlich-rechtliche Fernsehen eine ganz besondere Verantwortung in einer zunehmend, so empfinde ich es, gesinnungsgeprägten Zeit. Wir müssen das öffentlich-rechtliche Versprechen einhalten und Tag für Tag den Dingen professionell, wahrheitsliebend und unabhängig auf den Grund gehen. Das ist die Voraussetzung für die demokratische Meinungsbildung in einer funktionierenden Demokratie."