Trump, Türkei, Nordkorea, die Krim und viele weitere - Auslandsjournalisten mangelt es derzeit wahrlich nicht an interessanten Themen. Eine Sendung im deutschen Fernsehen, die all das seit mittlerweile 20 Jahren abbildet, ist der "Auslandsreport" bei n-tv. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich ein Nachrichtensender ein so relativ teures und inhaltlich schweres Format über einen so langen Zeitraum leistet. Doch bei n-tv glaubt man an die Sendung und spendiert ihr zum Geburtstag einen neuen, etwas attraktiveren Sendeplatz: Ab sofort sind die rund 40 Folgen pro Jahr immer freitags ab 17:30 Uhr und damit rund zwei Stunden später als bislang zu sehen.

Eine, die seit Anfang an mit dabei ist, ist Nadja Kriewald. Sie moderiert die Sendung, leitet im Hintergrund aber auch die Redaktion. Was sie sich vom neuen Sendeplatz erhofft? "Bessere Quoten und noch einen größeren Zuspruch der Zuschauer", sagt sie im Gespräch mit DWDL.de. Ganz ohne den Blick auf die Quoten geht es nämlich auch beim Nachrichtenfernsehen nicht: Würden die Zuschauer die Sendung nicht schauen, würde sie jetzt vermutlich nicht 20-jähriges Bestehen feiern.


Entstanden ist der "Auslandsreport" 1997 unter Helmut Brandstetter, der heute die österreichische Tageszeitung "Kurier" als Chefredakteur leitet. Brandstetter wollte unbedingt ein Auslandsmagazin haben und Kriewald, immer fasziniert von Auslandsthemen, hatte sich sofort bereit erklärt, daran mitzuwirken. Anfangs sah die Sendung noch sehr spartanisch aus, wurde mit der Zeit aber aufgehübscht, Kriewald selbst drehte immer öfters im Ausland. "Wir haben ganz klein und einfach angefangen. n-tv hatte damals noch kein Korrespondentennetz", sagt sie. Damals war der Sender noch eigenständig, innerhalb der Mediengruppe RTL ist man heute viel besser aufgestellt.

Die Berichte in der Sendung kommen überwiegend von Kriewald und den Auslandskorrespondenten der Gruppe. Würden letztere nicht zuarbeiten - der "Auslandsreport" wäre wohl nicht möglich. Kriewald ist pro Jahr sechs bis acht Mal selbst im Ausland und dreht, eineinhalb Monate sind das insgesamt pro Jahr. Ideen für Beiträge entstehen in der Redaktion oder manchmal auch im Urlaub. Als die Moderatorin mal in Kambodscha Urlaub machte, ist ihr aufgefallen, wie dort Kinder auf der Straße angeboten wurden. Zurück am Arbeitsplatz ist daraus dann ein Beitrag geworden. "Das hat mich damals so geschockt, darüber musste ich dann einfach eine Geschichte machen." Manchmal greift sie auch während ihrer freien Zeit in fremden Ländern zum Smartphone und dreht auf eigene Faust.

Das ist vielleicht nicht immer ganz legal, hat aber einen ernsten Hintergrund: Drehgenehmigungen sind in einigen Ländern nur äußerst schwer zu bekommen. Wichtig sind während der Recherchen vor Ort laut Kriewald aber immer die lokalen Journalisten, die wichtige Unterstützung leisten. "Ohne die lokalen Journalisten könnten wir alle unsere Geschichten nicht machen. Von denen sind wir abhängig, sie beschaffen uns Kontakte, übersetzen und sie wissen auch, wo es gerade gefährlich ist und wo nicht", so Kriewald.

Es gibt noch ganz viele weiße Flecken auf der Landkarte.

Nadja Kriewald

Inzwischen war Nadja Kriewald schon in etlichen Ländern - aber noch längst nicht überall. "Es gibt noch ganz viele weiße Flecken auf der Landkarte", sagt sie schmunzelnd. Man werde künftig verstärkt über die Länder in Nordafrika berichten. Nicht nur wegen der Flüchtlingskrise, sondern auch wegen der gegenwärtigen Terrorangst im Land. Ein Traumziel für die Journalistin ist Nordkorea. "Aber es ist schwer als westlicher Journalist reinzukommen und noch schwerer wieder rauszukommen. Und es ist auch fast unmöglich, sich frei zu bewegen. Aber das würde mich schon reizen".

Und auch die Türkei ist unter Auslandsjournalisten derzeit ein viel diskutiertes Thema. Kriewald war schon oft im Land und hat Beiträge gemacht. Heute sagt sie: "Die Situation für westliche Journalisten ist dort derzeit sehr angespannt, besonders für deutsche. Man weiß nicht, wie Präsident Erdogan reagieren wird und wie es weiter geht. Erdogan ist unberechenbar. Man muss es sich schon sehr gut überlegen, wenn man heute noch in die Türkei reisen will." Dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb ist die n-tv-Journalistin der Meinung, dass der Auslandsjournalismus gerade in einer Blütezeit steckt. "Für Auslandsjournalisten ist es gerade eine viel spannendere Zeit als vor zehn oder fünfzehn Jahren." Auch die Zuschauer würden sich inzwischen viel stärker als früher für entsprechende Themen interessieren.

Überfall mit Kalaschnikows 

Als Auslandsjournalist hat man es auf seinen Reisen aber nicht immer leicht, vor allem wenn man in Kriegsgebiete reist. "Ein gewisses Risiko ist immer da, man muss da immer abwägen", sagt Kriewald, die mit den lokalen Kräfte vor Ort schon im Vorfeld immer alles ganz genau plant. Vor ihren Reisen nach Fukushima hat sich Kriewald aber auch mit Physikern über die drohende Strahlenbelastung ausgetauscht. Und manchmal werden Pläne kurzfristig geändert. Als sie vor drei Jahren zum bislang letzten Mal in Syrien war, wurde eine Fahrt nach Aleppo kurzfristig abgesagt, weil am Tag davor französische Journalisten entführt worden waren.

Das Risiko ganz ausmerzen kann man aber nicht. 2003 geriet Kriewald mit ihrem Team auf der Fahrt von Amman nach Bagdad in der Nähe von Ramadi in einen Überfall. Männer mit Kalaschnikows umstellten die Journalisten, forderten die Wertsachen - und ließen sie dann laufen. Heute geht Kriewald diese Geschichte locker von den Lippen, etwas flapsig fügt sie noch hinzu: "Damals war Kidnapping als Einnahmequelle aber noch nicht so bekannt, da hatten wir Glück." Seit diesem Vorfall spreche sie sich mit den Kollegen aber noch genauer ab und prüfe im Zweifel einmal mehr, ob gewisse Routen sicher sind. "Viele Vorfälle sind vermeidbar, wenn man sich vorher gut abspricht."

Was Kriewald dennoch Sorgen bereitet, sind die vielen freien Journalisten, die zuletzt verstärkt in Kriegsgebiete gereist sind - vor allem nach Syrien. Dort hätten sich viele Kollegen in Gefahr begeben, um ihre Geschichten zu verkaufen. Das Problem: Die Freien können sich meist keine lokale Unterstützung leisten, manchmal nicht einmal Schutzwesten. "Bevor ich irgendwo reingehe, muss ich das alles noch einmal mit der Chefredaktion abstimmen", sagt Kriewald - das fehle bei den jungen Reportern, die frei unterwegs sind, völlig.

Wir wollen die Leute zum Ende der Sendung hin einfach nicht in den großen Frust schicken.

Nadja Kriewald

Inhaltlich hat sich an der Sendung selbst in den vergangenen 20 Jahren nicht viel geändert und dabei wird es wohl auch bleiben. "Es ging von Anfang an darum, auch eigene Schwerpunkte zu setzen", sagt Kriewald. Man wolle nicht nur die aktuellen Auslandsthemen nacherzählen. Und auch der manchmal etwas wild anmutende Themenmix wird erhalten bleiben: Neben vielen "harten" Themen (Missbrauchsopfer in Kambodscha, Obdachlose in Griechenland und Säureopfer in Pakistan) gibt es auch immer wieder skurrile Geschichten von Voodoo-Ritualen in Mexiko oder Roboter-Frauen in Japan. "Wir wollen die Leute zum Ende der Sendung hin einfach nicht in den großen Frust schicken", erklärt die Moderatorin. Dank Trump, Kim, Erdogan & Co. werden aber wohl auch die Frust-Themen in nächster Zeit nicht so schnell ausgehen.

n-tv zeigt die Jubiläumsausgabe des "Auslandsreport" am 15. September um 17:30 Uhr.