Vor etwas mehr als einem Jahr hat RTL II weitreichende Änderungen bei seinen "RTL II News" in Aussicht gestellt. Die Sendung solle nur noch um 17 statt um 20 Uhr laufen und auch nicht mehr von der eigenen Berliner Redaktion produziert werden, sondern in Köln von infoNetwork. Im September 2018 folgte der Sendeplatz-Wechsel, der auch eine etwas kürzere Sendezeit zur Folge hatte. Anfang dieses Jahres übernahm schließlich infoNetwork die Produktion. Die Medienanstalten kritisierten die Pläne von RTL II im vergangenen Jahr scharf, es wurde sogar eine Untersuchung eingeleitet, die klären sollte, ob RTL II nun noch als Vollprogramm einzustufen ist. 

Diese Überprüfung ist vor weiteren Änderungen zu sehen, die es in der Vergangenheit beim Sender gab. So fielen im Zuge der Neuaufstellung die Wochenend-Ausgaben der "RTL II News" ersatzlos weg, bereits zum Jahreswechsel 2017/18 hatte man nach 15 Jahren sein wöchentliches "Nachrichtenjournal" eingestellt. Es sah im Herbst 2018 also danach aus, als würde man bei der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) nun schnell handeln. Doch ein Ergebnis der eingeleiteten Untersuchung gibt es bis heute nicht. 

RTL II war zwar immer mal wieder Thema bei den Sitzungen der Medienanstalten, konkret entschieden wurde aber nichts. Im Herbst 2018 hieß es, die LPR Hessen führe als zuständige Landesmedienanstalt die Überprüfung durch. Man bemühe sich, den Fall schnell zu klären, erklärte LPR Hessen-Direktor Joachim Becker damals gegenüber DWDL.de. Daraus ist nun nichts geworden - wieso aber dauert die Überprüfung so lang? Die Fakten liegen schließlich alle auf dem Tisch. 

Entscheidung Ende September

Auf eine entsprechende Anfrage von DWDL.de antworten ZAK und LPR Hessen in einer gemeinsamen Stellungnahme. Darin heißt es, man habe, um die Frage nach dem Vollprogramm-Status von RTL II zu klären, eine Programmstrukturanalyse im letzten Quartal 2018 sowie im ersten Quartal 2019 durchgeführt. Warum die Ergebnisse nicht schon längst ausgewertet und veröffentlicht sind, bleibt unklar. ZAK und LPR Hessen versprechen aber, dass es bald Ergebnisse geben soll. "Im Rahmen einer zweitägigen Klausurtagung der ZAK Ende September wird die Thematik abschließend behandelt werden", heißt es gegenüber DWDL.de. Und: "Die ZAK hat die aufgeworfene Fragestellung zum Anlass genommen, sich grundlegend zu Qualitätsanforderungen an ein Vollprogramm und dem Thema Public Value auszutauschen."

In einigen Wochen wird man also spätestens wissen, ob RTL II sich noch Vollprogramm nennen darf. Beim Sender reagierte man in der Vergangenheit bei dem Thema stets gelassen. Im September 2018 erklärte ein Sendersprecher, dass man davon ausgehe, weiterhin als Vollprogramm auftreten zu dürfen. RTL II verweist auf "eine Vielzahl von Informationsangeboten" beim Sender. Man biete auch weiterhin "Nachrichten aus verschiedenen Themengebieten wie 'Politik', 'Inland',  'Ausland', 'Gesellschaft' und 'Buntes' für eine junge Zielgruppe an".

Welche Vorteile hat es, ein Vollprogramm zu sein? 

Aber selbst wenn RTL II der Status als Vollprogramm aberkannt werden würde, hätte das wohl nur wenige Auswirkungen auf den Sender. Entsprechende Sender sollen bei der Verbreitung über Kabelnetze bevorzugt behandelt werden. In Zeiten immer vielfältiger Verbreitungswege, etwa im Digitalen, nimmt die Bedeutung dieser Tatsache aber ab. Außerdem hat RTL II ein vergleichsweise großes Publikum und es erscheint unwahrscheinlich, dass Kabelnetzbetreiber den Sender plötzlich viel weiter hinten listen, nur weil RTL II auf dem Papier kein Vollprogramm mehr ist. Vollprogramme haben allerdings auch Pflichten und müssen, sofern sie mehr als zehn Prozent Marktanteil erreichen bzw. die Sendergruppe auf mehr als 20 Prozent kommt, Flächen für dritte Anbieter freiräumen. Das trifft derzeit RTL und Sat.1, RTL II ist von den Werten weit entfernt. 

Vielleicht haben die Medienanstalten aber auch einfach nur sehr lange mit der Überprüfung gebraucht, weil im Rundfunkstaatsvertrag selbst nur sehr schwammig festgehalten ist, was ein Vollprogramm ist. In dem Text heißt es, die Bereiche Information, Kultur und Bildung müssten einen "angemessenen Anteil" des Programms ausmachen. Wo das anfängt und aufhört dürfte die LPR Hessen zuletzt besonders bewegt haben. Von täglichen Nachrichtensendungen steht im Rundfunkstaatsvertrag überhaupt nichts. Dafür heißt es unter anderem: "Die bedeutsamen, politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen müssen in den Vollprogrammen angemessen zu Wort kommen."

Reichweite mehr als halbiert

Cornelia Holsten, Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, hatte sich 2018 schon sehr eindeutig über die Pläne von RTL II geäußert. Sie kritisierte den Sender und sagte, RTL II erreichte mit seinen Nachrichten eine Zielgruppe, die sich sonst eher keine Nachrichtensendung ansehen würde. "Ausgerechnet dieses Programmangebot zu beschneiden, bedeutet Sparen am falschen Ende." In jedem Fall hat die Verschiebung den "RTL II News" geschadet, das war schon abzusehen. Im laufenden Jahr schalteten im Schnitt um 17 Uhr nicht einmal 200.000 Zuschauer ein, die Sendung hat ihre Reichweite im Vergleich zum Sendeplatz um 20 Uhr damit mehr als halbiert. Auch bei den 14- bis 49-Jährigen kommen die "RTL II News" oft nicht einmal auf 4,0 Prozent, hier macht sich auch das schwache Umfeld bemerkbar.