"Der Dienstagabend gehört uns", tönte Sat.1-Chef Kaspar Pflüger noch im vorigen Jahr, als RTL mit seinen Serien zum Angriff auf die Fiction des Konkurrenten aus Unterföhring blies. Lange hielt die Ankündigung nicht: Schon seit Jahresbeginn ist Sat.1 mit seinen Spielfilmen und Serien auf den Montagabend ausgewichen - und blieb selbst dann dabei, als RTL sein Dienstags-Programm längst auf Promi- und Kuppelshows umgestellt hatte. 

Ein Fehler, wie sich rückblickend herausstellt, denn so wenige Zuschauer wie in diesem Jahr erreichte Sat.1 mit seiner eigenproduzierten Fiction noch nie. Kaum mehr als eineinhalb Millionen Zuschauer schalteten bei den Erstausstrahlungen ein, und die Hoffnung, mit den Krimi- und Thriller-Produktionen eine Antwort auf das sinkende Publikumsinteresse an den Romantic Comedys geben zu können, erfüllte sich in den zurückliegenden Wochen nicht.

Yvonne Weber© Sat.1
"Wir sind mit der Überzeugung in die Herbst-Season gegangen, dass wir mit der Krimi-Vielfalt, der Qualität unserer Filme und nicht zuletzt mit unseren tollen Hauptdarstellern auf diesem Sendeplatz ein krimi- und thrilleraffines Publikum erreichen können. Das ist uns nicht geglückt", räumt Yvonne Weber (Foto), die bei ProSiebenSat.1 die deutsche Fiction verantwortet, gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de ein.

Tatsächlich lesen sich die Zahlen der vergangenen Monate aus Sendersicht verheerend: Der Krimi "Todesfrist - Nemez und Sneijder ermitteln" lief zum Auftakt im Oktober mit einem Marktanteil von 7,4 Prozent noch am besten, "Tot im Wald" markierte zum Finale den Tiefpunkt und kam nicht über miese 4,4 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen hinaus. Dabei konnte man sich bei Sat.1 durchaus berechtigte Hoffnungen machen, schließlich hatten die ersten Filme im Jahr zuvor noch teils deutlich mehr als zwei Millionen Zuschauer erreicht.

Doch damals liefen die Krimis eben noch am Dienstagabend - und damit nicht in Konkurrenz zu den oft von Krimis geprägten Fernsehfilmen des ZDF, deren Wucht man in Unterföhring offenkundig unterschätzte. Die Folge: Während die erste Verfilmung eines "Julia Durant"-Krimis nach Andreas Franz Ende 2018 noch 2,65 Millionen Zuschauer zählte, kamen die beiden Fortsetzung in diesem Herbst auf kaum mehr als die Hälfte. "Das vergessene Dorf", der erste Fall der Ermittlerin Cora Stein, interessierte sogar nicht mal eine Million Zuschauer.

"Keine voreiligen Schlüsse"

Besonders bitter: Nicht nur beim Gesamtpublikum lagen die ZDF-Filme weit vor Sat.1. Selbst beim jungen Publikum war der Mainzer Sender zuletzt durchweg gefragter. Im Schnitt verzeichnete das ZDF im Vergleichszeitraum zwischen Anfang Oktober und Ende November mit seinen Montagsfilmen einen Marktanteil von 7,2 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, während der Privatsender nicht mal sechs Prozent schaffte. Angesprochen auf mögliche Reaktionen auf die Quoten-Misere, will sich Fiction-Chefin Yvonne nicht in die Karten blicken lassen. "Wir befinden uns mitten in der Auswertung der Saison und wollen noch keine voreiligen Schlüsse ziehen", sagt sie.

Für das neue Jahr sieht sie den Sender im Fiktionalen "sehr gut aufgestellt", betont Weber betont gelassen und verweist etwa auf die neuen Comedyserien "Think Big" und "Die Läusemutter". "Mit 'Aus Haut und Knochen', einem Drama über Essstörung, führen wir die Reihe unserer erfolgreichen Themenfilme fort und mit 'Im Schatten das Licht', nach dem gleichnamigen Bestseller von Jojo Moyes bringt Sat.1 den großen Liebesfilm zurück", kündigt Yvonne Weber gegenüber DWDL.de an.

Gleichzeitig sollen es große Gefühle richten - beispielsweise das Crime-Drama "Torn - Zwischen zwei Müttern", das nach dem britischen Original "Torn" verfilmt wird. Und auch Krimireihen sind trotz der jüngsten Rückschläge noch immer geplant. So stehen "Das Lied der toten Mädchen" nach Linus Geschke und die Verfilmung von "Todesurteil" nach Andreas Gruber in den Startlöchern. "Weitere Krimi-Reihen befinden sich in Entwicklung", sagt Weber. Zum Start ins Jahr bleibt der Montagabend in Sat.1 jedoch vorerst frei von Fiction - stattdessen setzt der Sender hier auf ein "Nacktexperiment".