Bei dieser Geschichte weiß man gar nicht so genau, wo man anfangen soll. Bereits seit 1987 ist die Funke Mediengruppe im österreichischen Medienmarkt aktiv. Über die WAZ Ausland Holding GmbH hält der Verlag die Hälfte an der "Kronen Zeitung", der größten Tageszeitung Österreichs, sowie knapp 50 Prozent am "Kurier". Die beiden Tageszeitungen sind über die Anzeigen- und Vertriebsholding Mediaprint miteinander verbunden. Ende 2018 verkaufte Funke 49 Prozent der WAZ Ausland Holding an die Signa Holding von Immobilienmogul René Benko (Karstadt Kaufhof). 

Schon vor dem Einstieg Signas bei der Funke-Tochter stritt der deutsche Verlag erbittert mit den anderen Eigentümern der "Kronen Zeitung", der Familie Dichand. Die verschiedenen Familienmitglieder halten zusammen 50 Prozent an der Zeitung, die andere Hälfte liegt bei Funke. 1987 räumte Funke der Familie umfassende Sonderrechte ein, neben der verlegerischen Leitung der Zeitung auch einen jährlichen Garantie-Gewinn. Dieser liegt laut Branchenschätzungen bei rund sieben Millionen Euro. Macht die "Krone" also mal keinen Gewinn, müssen die Gesellschafter (also Funke) das Geld nachschießen. 

Die Sonderrechte der Dichands sind dem deutschen Medienunternehmen schon seit vielen Jahren ein Dorn im Auge, dennoch ist man bislang nicht davon losgekommen. Das Unternehmen kündigte die Sonderrechte seit 2014 mehrfach, seither trifft man sich regelmäßig vor Gerichten und Schiedsgerichten. Nun hat es in der vergangenen Woche eine wichtige Entscheidung gegeben - und die fiel zu Ungunsten Funkes aus. Die Anwältin der Familie Dichand teilte mit, dass das Schiedsgericht die Vorrechte der Dichands "vollinhaltlich" bestätigt habe. Für die Dichands steht fest: Die Kündigung der Verträge durch Funke sei nicht rechtsgültig gewesen. 


Um die Vorrechte (und die millionenschweren Sonderzahlungen) zu kündigen, müsste Funke auch die Gesellschafterverträge kündigen. Das würde dazu führen, dass die Dichands die "Kronen Zeitung"-Anteile der Funke Mediengruppe zu einem relativ günstigen Preis übernehmen könnte. Zuletzt forderten die Österreicher Funke dazu auf, entsprechende Handlungen wiederaufzunehmen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. 

"Schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten"

Funke hat das nun kategorisch abgelehnt und geht auf Angriff über. Sowohl man selbst als auch Signa würden einen Verkauf an den "Krone"-Gesellschaften ablehnen, heißt es am Montag in einer Pressemitteilung der Funke Mediengruppe. Auch ein Verkauf von "Kurier" und/oder Mediaprint-Beteiligungen komme nicht infrage. Man stehe für keine diesbezüglichen Gespräche mit den Dichands zur Verfügung, so Funke. 

Darüber hinaus hat Funke nun außerdem angekündigt, die Entscheidung des Schweizer Schiedsgerichts vor ordentlichen Gerichten anfechten zu wollen. "Grund dafür sind unter anderem die im Schiedsverfahren aufgetretenen schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten." Was genau die Unregelmäßigkeiten aus Sicht von Funke waren, ist nicht klar. Bekannt ist, dass sich einer der drei Juristen des Schiedsgericht im Laufe des Verfahrens zurückgezogen hatte, weil ihm Funke Treffen mit einer Anwältin der Familie Dichand vorgeworfen hatte. Bei dem Juristen handelte es sich um die von den Dichands an das Schiedsgericht entsandte Person. Auch Funke bestellte einen Vertreter, beide einigten sich auf einen Vorsitzenden. Durch den Wechsel wurde das Schiedsverfahren in den vergangenen Monaten bereits verzögert. Gut möglich, dass Funke in ihrer Pressemitteilung auf diesem Vorfall anspielt. 

Außerdem sind vor ordentlichen Gerichten noch einige weitere Verfahren anhängig. Darin geht es um offene Fragen grundsätzlicher Bedeutung zwischen den Gesellschaftern der "Krone", die die Funke Mediengruppe verbindlich klären lassen will. Mit einer schnellen Lösung ist aber eher nicht zu rechnen, es könnten noch viele weitere Jahre vergehen, bis die Machtverhältnisse bei "Krone" bzw. Mediaprint endgültig geklärt sind. 

Öffentlicher Schlagabtausch

Vor etwas mehr als einem Jahr versuchte Funke, "Krone"-Herausgeber Christoph Dichand loszuwerden und führte angeblich falsche Spesenabrechnungen ins Feld. Die Verlegerfamilie bezeichnete Funke damals als "lästigen Gesellschafter", Christoph Dichand ist bis heute Herausgeber. Anfang dieses Jahres meldete Funke überraschend die alleinige Kontrolle über die "Kronen Zeitung" bei den Kartellbehörden an. Dabei bediente man sich einem Taschenspielertrick: Nach dem Tod von "Krone"-Gründer Hans Dichand wurden seine Anteile an der Zeitung zu gleichen Teilen aufgeteilt. Bedacht wurden seine Frau Helga sowie die drei Kinder Michael, Johanna und Christoph. Diese vier halten seither 12,5 Prozent der "Krone"-Anteile, die restlichen 50 Prozent wie beschrieben die Funke-Gruppe über ihre Tochter WAZ Ausland Holding. Funke argumentierte, dass sich laut Gesellschaftervertrag die Stimmrechte nur nach ganzen Prozentpunkten berechnen würden. Die vier Mal 0,5 Prozentpunkte würden damit wertlos und Dichands Erben nur noch die Macht über 48 Prozent der Stimmrechte verfügen. 

Christoph Dichand kritisierte dieses Vorgehen als "kaltblütige Enteignung". Wie Funke am Montag jedoch mitgeteilt hat, hat das Bundeskartellamt die angemeldete Erlangung der Mehrheit an den "Krone"-Gesellschaften im Februar bestätigt und freigegeben. Das Problem: Bei der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde ist man sich da nicht so sicher und hat die Sache nun dem Kartellgericht vorgelegt. Auch hier steht eine Entscheidung noch aus. Bei Funke ist man aber offenbar optimistisch, dass die Gerichte zu Gunsten des Verlags entscheiden werden. "Sobald die bereits erfolgte Erlangung der Stimmenmehrheit [...] auch in Österreich kartellrechtlich genehmigt beziehungsweise nicht untersagt wird, streben die Gesellschafter den weiteren Ausbau ihrer heute schon vorhandenen Stimmenmehrheit an", heißt es von Funke und Signa. Für den Fall, dass die Vorrechte der Dichands doch noch fallen, ist es außerdem sehr wahrscheinlich, dass Signa die restlichen Funke-Anteile an "Krone" und "Kurier" übernimmt. Bis es soweit ist, dürften sich aber wohl noch viele Anwälte lange mit der Sache befassen. Ein schnelles Ende im langjährigen Rechtsstreit ist jedenfalls nicht abzusehen.