Als im März das Land in den ersten "Lockdown" geschickt wurde und damit auch Dreharbeiten kaum noch möglich waren, als Werbekunden ihre Buchungen reihenweise stornierten und somit auch die weitere wirtschaftliche Situation unklar war, da stand auch zu befürchten, dass den Sendern in den darauffolgenden Monaten früher oder später teilweise das Programm ausgehen könnte und verstärkt zu Wiederholungen gegriffen werden muss. Zieht man am Ende des Jahres nun Bilanz, dann lässt sich festhalten: Nicht nur wirtschaftlich kam es nicht ganz so dicke wie befürchtet, auch in Sachen Programm-Nachschub gab es keine größeren Probleme.

Dies zeigt die Jahresauswertung unseres "Frische-Index", für den wir seit mittlerweile neun Jahren Monat für Monat den Anteil an "frischem Programm" - also Erstausstrahlungen oder Free-TV-Premieren - am Abendprogramm (20:15 Uhr bis Mitternacht) der acht großen Sender ermitteln. Am stärksten ging der Frische-Anteil bei Vox zurück, auch hier bewegte sich das Minus mit fünf Prozentpunkten aber auf einem letztlich doch noch überschaubaren Niveau. Beim ZDF stieg der Wiederholungsanteil in der Primetime um vier Prozentpunkte auf nun 22 Prozent. Das war in etwa das gleiche Niveau, das das ZDF auch 2018 erzielt hatte. Den Platz an der Spitze unseres Frische-Rankings mussten die Mainzer aber an Das Erste abgeben, das sich stabil hielt. Der Anteil an frischem Programm am Abend lag erneut bei 79 Prozent. Das Ergebnis ist auch deshalb bemerkenswert, weil ARD und ZDF in diesem Jahr mit Fußball-EM und Olympia gleich zwei Sport-Events abhanden kamen, die kurzfristig ersetzt werden mussten.

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RTL blieb der Privatsender mit dem mit Abstand höchsten Frische-Anteil von nun 72 Prozent, gefolgt von Sat.1, das als einziger Sender im Corona-Jahr 2020 sogar weniger Wiederholungen zeigte als im Jahr zuvor. Der Frische-Anteil kletterte auf 54 Prozent. Generell zeigte sich ProSiebenSat.1 recht unbeeindruckt: ProSieben hielt seinen Frische-Anteil stabil bei 49 Prozent, Kabel Eins gab nur minimal einen Prozentpunkt auf nun 25 Prozent ab - bildet damit aber nach wie vor das Schlusslicht. Bei RTLzwei setzte sich die Bewegung der letzten Jahre weiter fort: Mit einem Frische-Anteil von nur noch 29 Prozent war 2020 seit Erhebung unseres Frische-Index das Jahr mit dem geringsten Anteil an frischem Programm. Insbesondere über den Sommer lief der Sender in der Primetime nur auf absoluter Sparflamme. Blickt man nur auf den Dezember lag RTLzwei hingegen fast gleichauf mit ProSieben und nur leicht hinter Vox.

    FIX-Punkte
Dezember 2020
Vergleich zum
Vormonat
Vergleich zum
Dezember 2019
Jahresschnitt '20
(vs 01-12/19)
Das Erste 90 von 100 +0 +7 79
(+0)
ZDF 90 von 100 -4 +5 78
(-4)
RTL 74 von 100 +5 -7 72
(-2)
Sat.1 41 von 100 -21 +6 54
(+1)
VOX 34 von 100 -28 -15 43
(-5)
ProSieben 31 von 100 -34 -20 49
(+0)
RTLzwei 30 von 100 -7 +2 29
(-4)
kabel eins 19 von 100 -17 +0 25
(-1)

Frische-Index-Verlauf bis Dezember 2020

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale

Zum Schluss wie immer ein paar Anmerkungen zu den Daten: Über die Qualität des Programms sagt der Anteil der Erstausstrahlungen natürlich nicht unbedingt etwas aus, doch es ist trotzdem eines von mehreren Indizien, mit welchem Aufwand ein Programm derzeit betrieben wird. Zu beachten ist zudem: Der Frische-Index gibt einen Trend an, bildet die Situation aber nicht ganz genau ab. So gibt es beispielsweise einen systembedingten "Nachteil" für Das Erste und das ZDF: Aufgrund der Werbefreiheit müssen sie mehr eigenes Programm produzieren, um die Zeit zu füllen, während die Privatsender einen gar nicht so geringen Teil des Abends mit Werbeblöcken füllen. Eine Stunde Erstausstrahlung ohne Werbung im Ersten haben wir aber genauso gewertet wie eine Stunde Erstausstrahlung bei den Privaten mit Werbung. Dazu kommt, dass einige Privatsender tendenziell etwas weniger Werbung zeigen als andere - so etwa Vox, das Serien anders als beispielsweise RTL nicht immer bis zu einer festen Anfangszeit um "viertel nach" streckt.