Das Coronavirus hält Deutschland weiterhin fest im Griff. Infektionszahlen, Inzidenzwerte, Ausgangssperren, Impfstoffe, Wirtschaftshilfen – die drängenden Themen sind vielfältig und beim Publikum gefragt. Vor allem in den vergangenen Wochen haben daher News-Specials zur besten Sendezeit im deutschen Fernsehen wieder zugenommen. RTL sendete etwa seit November, als der so genannte Lockdown light in Deutschland startete, 15 Folgen von "RTL Aktuell spezial" zur besten Sendezeit. Dass das Interesse der Bundesbürger parallel zur Verschärfung der getroffenen Maßnahmen stieg, belegen die gemessenen Reichweiten.

Maik Meuser © Screenshot RTL Maik Meuser gehört zum Moderatoren-Team von "RTL Aktuell"
Die November-Ausgaben von "RTL Aktuell spezial", die sich entweder mit dem Virus oder der Wahl des neuen US-Präsidenten befassten, kamen allesamt auf weniger als drei Millionen Zuschauer. Erst als am 9. Dezember im RTL-Abendprogramm eine Debatte um einen erneuten echten Lockdown geführt wurde, stieg die Reichweite erstmals wieder über diese Marke. Einen Tag später kam "RTL aktuell spezial: Deutschland vor dem Lockdown" dann sogar auf 3,31 Millionen Zuseher. Stark gefragt war beim Sender Ende Dezember dann auch noch die 15-minütige Sondersendung rund um den Impfstart, die mit 4,49 Millionen Zuschauern sogar die beste Reichweite aller bis dahin zur Corona-Krise ausgestrahlter "RTL aktuell spezial"-Sendungen um diese Zeit erreichte.

Ebenfalls gefragt waren die Einschätzungen im Abendprogramm am 5. Januar 2021, als es um die Lockdown-Verlängerung ging und die präsentierten Informationen auf 3,67 Millionen Zuschauer kamen. Vergangene Woche Donnerstag war es dann nicht das Virus, sondern der Sturm auf das US-Kapitol, der eine Nachrichtensondersendung nötig werden ließ: "RTL Aktuell spezial" lief da zur besten Sendezeit mit 2,76 Millionen Zuschauern. Wie der nochmal härtere Corona-Lockdown in Deutschland umgesetzt und angenommen wird, beschäftigte Moderator Maik Meuser am Montag dieser Woche. Die Wartezeit auf "Wer wird Millionär?" überbrückten an diesem Abend 3,56 Millionen Menschen mit dem News-Special. Für die Extra-Portion Information nimmt der Kölner Sender somit immer öfter Verschiebungen in der Primetime in Kauf. Seit Anfang November liefen 15 Ausgaben von "RTL Aktuell Spezial" zum Primetime-Start. Bei den 14- bis 49-Jährigen, also der Gruppe, die für viele Werbetreibende am Relevantesten ist, sicherten sich diese im Schnitt 14,6 Prozent Marktanteil – und boten den nachfolgenden Hauptabendsendungen somit ein ziemlich gut laufendes Lead-In.

Zuschauer-Trend: RTL aktuell spezial

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale
ab 3 Jahren
14-49 Jahre


Ein Aber gibt es dennoch: An die Werte der Vorabend-Daily "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", die von Montag bis Freitag bis ran an die Primetime läuft, kamen die News-Specials nicht heran. Das komplette Jahr 2020 betrachtet, sicherte sich die in Potsdam hergestellte Drama-Serie im Schnitt 16,8 Prozent bei den jungen Leuten, immerhin noch 15,7 Prozent waren es in dieser Altersklasse in den letzten beiden Monaten des Jahres 2020. Ein besseres Lead-In für die Primetime-Produktionen ist also die Daily.

Noch häufiger als RTL machte derweil Das Erste die Ereignisse rund um das Coronavirus um 20:15 Uhr und somit unmittelbar nach der "Tagesschau" zum Thema. Im Jahr 2020 hat Das Erste 74 Ausgaben von "ARD extra" ausgestrahlt – mit in den allermeisten Fällen sehr starken Zuschauerzahlen und Quoten. Im März 2020, als das Virus in Deutschland noch neu war, kamen vereinzelte Ausstrahlungen auf über acht Millionen Zuschauer. Im Mai, als die Infektionszahlen sanken, ging auch das Interesse im Fernsehen zurück: 14 Specials liefen in diesem Monat noch; rund viereinhalb Millionen Menschen sahen diese im Programm des Ersten.

ARD extra © Screenshot Das Erste 74 Ausgaben von "ARD extra" zeigte die ARD 2020
 Entsprechend wurde die Dosis von "ARD extra" im Sommer reduziert – im Juli etwa lief nur eine Episode (5,02 Millionen Zuschauer). Auch im Ersten also nahm die Häufigkeit dieser Programmspecials erst wieder zu, als das Infektionsgeschehen im Land bedrohlicher wurde. Im November und Dezember zeigte der öffentlich-rechtliche Sender insgesamt 13 Ausgaben – und holte mit dem Special am 13. Dezember, also kurz vor dem zweiten harten Lockdown, sogar den bisherigen Best-Wert: 11,70 Millionen Menschen sahen damals um 20:15 Uhr zu.

Betrachtet man alle 74 Sendungen von "ARD extra" im zurückliegenden Jahr, so ergibt sich eine durchschnittliche Reichweite von 5,37 Millionen Zuschauern im Ersten. Das ARD-Hauptprogramm sicherte sich mit den Nachrichten-Specials 16,2 Prozent Marktanteil. Die Ausgaben wurden parallel zudem von einigen Dritten, aber auch von ARD-alpha und Tagesschau24 gezeigt. Die Konstellationen der Parallel-Ausstrahlungen änderte sich jedoch von Mal zu Mal. Nach ARD-Angaben kamen über diese Ausstrahlungen aber noch einmal fast zweieinhalb Millionen Zuschauer hinzu. 7,71 Millionen Zuseher hätte die durchschnittliche "ARD extra"-Ausgabe über alle Sender verteilt erreicht, heißt es. Der Marktanteil betrug zusammengefasst 23,2 Prozent.

Das Zweite setzte derweil seit Anfang November 2020 auf 14 an seine Hauptnachrichten anschließende "ZDF spezial"-Ausgaben – auch hier war die Sonntagssendung vom 13. Dezember – also kurz vor dem harten Lockdown – die gefragteste. Damals schalteten 5,45 Millionen Menschen ein und bescherten den Mainzern 17,5 Prozent Marktanteil. Bei den 14- bis 49-Jährigen sicherte sich derweil ein anderes Thema den höchsten Marktanteil. Es war ein News-Special zum Ende der US-Wahlwoche, als selbst nach Tagen noch nicht klar war, wer ab Ende Januar 2021 das Sagen in den Vereinigten Staaten hat. "Trump oder Biden? Showdown in den USA" kam seinerzeit auf 12,3 Prozent bei den jungen Leuten.

Festhalten lässt sich: Die allermeisten News-Specials bescheren den ausstrahlenden Sendern in diesen Tagen und Wochen auch zu prominenter TV-Zeit starke Quoten. Ausnahmen gibt es natürlich: Als ProSieben am Montag ein "ProSieben Spezial" zur besten Sendezeit ausstrahlte, wurden in der Zielgruppe lediglich 7,9 Prozent Marktanteil gemessen. Immerhin aber räumte ein Sender der ProSiebenSat.1-Gruppe um 20:15 Uhr Sendezeit frei für aktuelle Berichterstattung rund um Corona. Sat.1 hielt sich in diesem Punkt in den vergangenen Wochen und Monaten merklich zurück; und das, obwohl einst die neu ausgerichtete und inzwischen aus Unterföhring kommende "akte." als Special-taugliches Format auserkoren wurde. Doch "akte"-Specials gab es zuletzt nur spätabends, nicht aber um 20:15 Uhr. 

In jedem Fall sind die nachrichtlichen Sondersendungen gut fürs Image der Sender und dienen der Stärkung der Informationskompetenz. Und so wird es wohl auch in den kommenden Wochen noch ein ums andere Mal heißen: "Die nachfolgenden Sendungen verschieben sich um 15 Minuten".