Das Angebot an Streaming-Diensten in Deutschland ist heute schon üppig, Netflix und Prime Video gehören natürlich dazu, Disney+ und Sky, TVNow und Joyn, aber auch spezielle Dienste wie DAZN - und das, wo viele amerikanische Player ja den Sprung auf den deutschen Markt noch gar nicht vollzogen haben. Paramount+ etwa fehlt hierzulande ebenso wie HBO Max oder Discovery+. Die Frage "Wie viele Streamingplattformen verträgt der Markt", mit der der Gipfel überschrieben war, stellt sich also tatsächlich - zumal die US-Riesen ja immer größer werden, wie sich durch die jüngsten Zusammenschlüsse von Discovery und Warner oder Amazon und MGM noch einmal zeigte.

Allgemein zeigten sich die Panel-Teilnehmer auch mit Blick auf die vermutlich in den nächsten Jahren weiter wachsende Konkurrenz aus dem Ausland aber entspannt. Die jüngsten Fusionen würden nur darauf hindeuten, dass der Videomarkt boome, sagte etwa Henning Tewes, Chef von RTL und TVNow. "Es gäbe für uns alle Schlimmeres, als in stark wachsenden Märkten unterwegs zu sein." Christoph Schneider, dessen Unternehmen Amazon ja selbst kräftig bei der Konsolidierung des Marktes mitmischt, kann wachsender Konkurrenz ebenfalls etwas Positives abgewinnen. "Je mehr Player auf den Markt kommen, desto besser für die Kunden und desto mehr Leute werden Streamingdienste ausprobieren".

Derzeit hätten weniger als 40 Prozent der Haushalte in Deutschland Streaming-Dienste abonniert. "Wir haben gute Jahre vor uns, in denen für jeden Platz ist, zu wachsen." Dass Henning Tewes auf dem Panel seine Freude zum Ausdruck bringen konnte, dass Menschen deutlich stärker als vor fünf oder zehn Jahren bereit sind, für die Inhalte zu zahlen, hat eben tatsächlich sicherlich auch damit zu tun, dass nicht zuletzt Netflix in den letzten Jahren dafür gesorgt haben, dass es für viel mehr Leute normal geworden ist, für Video-Inhalte ein Abo abzuschließen.

Die Frage bleibt trotzdem: Für wie viele Bezahl-Anbieter ist Platz? Henrik Pabst, Chief Content Officer der Seven.One Entertainment Group, geht jedenfalls nicht davon aus, dass das Wachstum unendlich sein wird. "Wir glauben nicht, dass ein Haushalt sich sechs oder sieben Streamingdienste leisten wird." ProSiebenSat.1 sieht er in dieser Lage gut positioniert. Mit einem starken linearen Angebote, das man ins Digitale verlängere, sei man "in diesem Markt gesetzt". Bei Joyn setzt man ohnehin verstärkt auch aufs werbefinanzierte Angebot und forciert anders als RTL bei TVNow bzw. künftig RTL+ das Bezahl-Angebot weniger stark.

Trotzdem ist gerade die weitere Entwicklung von Joyn spannend - denn auch wenn man hierzulande vor allem ProSiebenSat.1 mit dem Streamingdienst verbindet, handelt es sich ja um ein Joint-Venture mit Discovery. Discovery hat mit Discovery+ aber gerade einen eigenen eigentlich international angelegten Streaming-Dienst gestartet - und nun auch noch das Zusammengehen mit WarnerMedia verkündet, das mit HBO Max ebenfalls den deutschen Markt schon im Auge hatte. Ob Discovery bzw. künftig dann Warner Bros. Discovery also hierzulande weiter auf Joyn setzen wird, erscheint ziemlich fraglich. "Ich kann nicht sagen, was in einem Jahr sein wird", so Pabst. Joyn gemeinsam mit einem starken internationalen Partner zu gründen, sei aber ein richtiger Schritt gewesen. Ob einer dieser Partner das Angebot später wieder verlasse, könne er nicht beantworten. ProSiebenSat.1 jedenfalls werde das nicht tun und stehe weiter zu Joyn.

Recht entspannt ansehen konnte sich die Diskussion unterdessen Vodafone-Privatkundenchef Andreas Laukenmann. Er utnerstrich die Position des Kabelnetzbetreibers und Telekommunikationsanbieters, weiterhin nicht eigener Anbieter exklusiver Inhalte werden zu wollen, sondern sich vielmehr als Aggregator zu sehen. In einem zunehmend fragmentierten Markt wolle Vodafone "Entertainment wieder einfach machen", etwa mit einer benutzerfreundlichen Oberfläche und der Möglichkeit, die Streaming-Dienste verschiedenster Anbieter über die Vodafone-Box zu nutzen und zu abonnieren. Angst, überflüssig zu werden, weil Sender über die Streaming-Dienste keinen Kabelanbieter mehr bräuchten, hat er nicht. "Wir sind ein wichtiger Vertreibskanal für die neuen Angebote". Es handle sich hier nur um die nächste Stufe der langjährigen Zusammenarbeit.