Wenn ein Fernsehsender oder eine Platttform den Zuschlag für ein Sportrecht erhält, dann ist die Freude darüber meist groß. Daher kommt es auch eher selten vor, dass ein Vertrag vorzeitig beendet wird. Das einjährige Champions-League-Gastspiel des damaligen Frauensenders tm3 vor mehr als 20 Jahren ist das wohl berühmteste Beispiel. Schlagzeilenträchtig war im vorigen Jahr auch der Versuch von Discovery, die für den Eurosport Player erworbenen Bundesliga-Rechte loszuwerden - wenn auch letztlich ohne Erfolg. 

Ende November war es schließlich der Eurosport-Konkurrent Sport1, der plötzlich ein Sportrecht veräußerte, noch dazu eines, das zur einer "Kernsportart" des Senders gehört, wie man sonst gerrne stolz erklärt. Die Rede ist von der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), für die Sport1 einst einen Sublizenz-Deal mit der Deutschen Telekom ausgehandelt hatte. Der plötzliche Ausstieg - ein ungewöhnlicher Schritt, nicht nur, weil der Vertrag noch über zwei Jahre gültig gewesen wäre, sondern auch, weil die aktuelle Spielzeit längst begonnen hat.

Nach außen wirkte das, als habe es Sport1 sehr eilig, zumal der Sportsender nach DWDL.de-Informationen auch für eine Veräußerung der noch bis zum Saisonende laufenden Rechte am DFB-Pokal offen gewesen wäre - sofern sich denn ein Interessent gefunden hätte. Dass es nicht zum Weiterverkauf kam, dürfte auch mit den vergleichsweise unattraktiven Anstoßzeiten am Vorabend zusammenhängen, die es schwieriger machen, die Rechte zu refinanzieren. Und so wird Sport1 in den kommenden Monaten also noch zwei weitere Pokalspiele zeigen, ehe der Vertrag wie geplant ausläuft. In den darauffolgenden Jahren will sich der Sender auf eine Highlight-Berichterstattung rund um den Wettbewerb fokussieren.  

Fast 17 Mio. Euro Verlust in neun Monaten

Und doch drängt sich eine Frage auf: Benötigt Sport1 schnelles Geld und ist deshalb gezwungen, erworbene Sportrechte zu verkaufen? Tatsächlich laufen die Geschäfte nicht gerade berauschend: 17,4 Millionen Schweizer Franken Verlust, umgerechnet etwa 16,7 Millionen Euro, machte die Sendergruppe, zu der auch Pay-TV-Angebote und digitale Plattformen gehören, in den ersten neun Monaten des Jahres. Das geht aus dem Geschäftsbericht des Unternehmens hervor.

An diesem Dienstag steht nun die Hauptversammlung der Sport1 Medien AG an. Und glaubt man den Aussagen des Hauptaktionärs, der Highlight Communications AG mit Bernhard Burgener an der Spitze, dann haben sich die Vorzeichen - etwa mit dem Erwerb neuer Fußball-Rechte - wieder verbessert. Man erwarte "eine Ergebnissteigerung im vierten Quartal, was zu einer deutlichen Ergebnisverbesserung gegenüber dem dritten Quartal führen wird", teilte Highlight auf Anfrage gegenüber DWDL.de mit. Dass Highlight-Präsident Bernhard Burgener ebenso wie seine Kollegen Alexander Studhalter und Peter von Büren in den Aufsichtsrat von Sport1 gewählt werden wollen, könnte man als Zeichen des Misstrauens werten, doch das Schweizer Unternehmen versichert, hinter dem Sport1-Vorstandsvorsitzenden Olaf Schröder zu stehen. Veränderungen im Vorstand soll es auf der Hauptversammlung nicht geben. Burgener war es einst, der Schröder als Sport1-Chef installierte. 

Bernhard Burgener © IMAGO / Pius Koller Bernhard Burgener ist in der Vergangenheit nicht nur als Medienunternehmer in Erscheinung getreten, sondern war fast vier Jahre lang Präsident des Verwaltungsrats und des Vereinsvorstands des FC Basel.

Schröder selbst gibt sich betont entspannt. "Ich habe das gute Gefühl, Rückhalt und Vertrauen zu haben", sagt er im Gespräch mit DWDL.de hinsichtlich der Hauptaktionäre. "Grundsätzlich ist mein Eindruck, dass man zufrieden ist mit der Strategie, der Entwicklung und dem Produktportfolio von Sport1." Doch Schröder weiß auch, dass das Geschäft kein Selbstläufer ist. "Die Pandemie hat, wie für viele andere Unternehmen in Deutschland auch, große Herausforderungen mit sich gebracht. Und diesen Herausforderungen stellen wir uns - mit all unserer kreativen Kraft, unserem Knowhow und unserer Leidenschaft für den Sport."

"Okay bis gut" sei Sport1 durch das Jahr gekommen, bilanziert Olaf Schröder und spricht davon, dass die Corona-Krise auch in seinem Haus "Spuren hinterlassen" habe, etwa mit Blick auf das Verhalten der Werbewirtschaft. Auch die jüngst getroffene Entscheidung, die DEL-Rechte loszuwerden, ist nach Aussagen des Vorstandsvorsitzenden vor diesem Hintergrund zu sehen. Den Knackpunkt sieht Schröder in diesem speziellen Fall beim Corona-bedingten Ausschluss der Fans aus den Hallen. "Ab dem Moment, als die Fans nicht mehr in die Hallen durften, gab es genau eine Alternative – sich ein Abo zu besorgen, das alle Spiele ihrer jeweiligen Klubs umfasst. Die Rückkehr ins Free-TV hat danach leider nicht in der Form wie erhofft stattgefunden."

 

"Wir sind und bleiben ein verlässlicher Partner."
Olaf Schröder, Vorsitzender der Sport1-Vorstands

 

Tatsächlich sagt es schon viel aus, dass vor wenigen Wochen selbst das Topspiel zwischen München und Mannheim, also zwischen dem Ersten und Zweiten der Tabelle, von kaum mehr als 120.000 Zuschauerinnen und Zuschauern bei Sport1 verfolgt wurde. "Die Reichweiten waren immer noch in Ordnung, aber für uns auf diesem Level nicht mehr zufriedenstellend", räumt Olaf Schröder gegenüber DWDL.de ein. Bloß: "Wir haben festgestellt, dass die Rechnung unter diesen Bedingungen einfach nicht mehr in dem Maße funktioniert hat. Daher war unser Schritt konsequent, in Absprache mit unseren Partnern aus dem Vertrag auszusteigen."

In solchen Situationen müsse man "die Größe haben, diese Gespräche zu führen", so Schröder, dessen Sender auch vom DEL-Interesse von ServusTV profitierte. "Hätte sich ServusTV nicht angeboten, würde die DEL nach wie vor auf Sport1 laufen", erklärt er. "Ich hätte nicht versucht, den Vertrag einseitig zu kündigen, nur weil die Fans plötzlich nicht mehr in die Arenen kamen. Stattdessen haben wir partnerschaftlich versucht, eine Lösung zu finden." Aus diesem Grund müssten sich auch andere Vertragspartner keine Sorgen machen, dass Sport1 frühzeitig aus einem Vertrag aussteigen wird. "Wir sind und bleiben ein verlässlicher Partner", betont Schröder.

Darts-WM bleibt Sport1 wohl erhalten

In den kommenden Wochen dürfte der Sport1-Chef ohnehin wieder vermehrt Grund zur Freude haben, schließlich steht die Darts-Weltmeisterschaft an, die dem Sender hohe Quoten verspricht. "Darts hat sich in der Medienlandschaft zu einer Top-Sportart entwickelt. Was Reichweiten, Frequenzen und Emotionen angeht, ist Darts vielleicht sogar schon die Nummer zwei in Deutschland", sagt Schröder, der sich berechtigte Hoffnungen machen kann, die WM auch in den nächsten Jahren durch eine Sublizenzierung durch DAZN zeigen zu können. "Wir sind in einem positiven Austausch mit DAZN über eine mögliche Verlängerung der Darts-Rechte." Gut möglich, dass es hier in den nächsten Tagen Klarheit geben wird.

Anders als viele andere Sportarten hat Darts für Sport1 einen positiven Nebeneffekt: Selbst wenn die deutschen Starter frühzeitig ausscheiden sollten, bleibt das Interesse für gewöhnlich hoch. "Die Fans lieben den Sport, egal wer spielt. Die Topstars sind auch bei uns wahnsinnig populär – Peter Wright zum Beispiel ist ja gemessen an seiner Beliebtheit mittlerweile gefühlt fast ein Deutscher", scherzt Schröder. Ginge es nach ihm, dann könnte sich so mancher Verband anderer Sportarten in Sachen Nahbarkeit die eine oder andere Scheibe vom Darts abschneiden. "Wir müssen dahin zurückzukehren, Sportarten nachhaltig und umfassend ins Rampenlicht zu stellen. Verbände und Klubs sind gut beraten, sich wieder auf ihren Kern zu konzentrieren: Die Fans zufriedenzustellen mit einer optimalen Verbreitung der Wettbewerbe und ihrer Protagonisten über alle Plattformen - und so auch neue Anhänger für ihre Sportart zu gewinnen."

Schröders Forderung: "Eine gute Rechteagentur sollte darauf achten, nachhaltig Werte aufzubauen, um danach Wettbewerb zu schüren. Sich einfach nur auf die kurzfristige Erlösmaximierung zu fokussieren, ist leider kontraproduktiv für die meisten Sportarten." Und damit wohl auch für Sport1.