Während die TV-Reichweiten vieler Sender täglich von jedermann nachlesbar sind, bleiben die immer wichtiger werdenden Streaming-Reichweiten in den meisten Fällen ein Geheimnis. Einmal monatlich blicken wir bei DWDL nun auf die wenigen belastbar erscheinenden Daten, die zur Verfügung stehen. So weist die AGF etwa für Sendungen in den Mediatheken der TV-Sender einmal monatlich eine Hitliste aus, die wir im Folgenden analysieren. (Wobei hier nur Sendungen, die auch im linearen TV liefen).

Dabei ist allerdings folgender Beipackzettel zu beachten: Bei den Zahlen handelt es sich um eine Netto-Reichweite, die nicht mit der "durchschnittlichen Sehbeteiligung", die man landläufig als TV-Quote kennt, vergleichbar ist. Kurz gesagt: In den Online-Zahlen wird jeder mitgezählt, der auch nur eine Sekunde lang den Stream laufen ließ, was natürlich deutlich höhere Zahlen ergibt als wenn man die durchschnittliche Reichweite über die gesamte Laufzeit betrachtet. Also nochmal: Die Zahlen sind nicht mit den TV-Werten, die man aus der sonstigen Berichterstattung kennt, vergleichbar.

Hatte im Februar noch ein ZDF-Trio die Mediatheken-Charts angeführt, so lief der mit Abstand am häufigsten online abgerufene Inhalt der Sender-Angebote im März nun im Ersten und hieß "Bis zum letzten Tropfen". Der Film, der im TV im Rahmen des Themenabends #unserWasser lief, erreichte online insgesamt über 880.000 Personen, die zumindest mal reingeschaut haben. Ein Film aus der ZDF-Reihe "Nächste Ausfahrt Glück", die im linearen TV auf dem Sonntagabendsendeplatz lief, kam auf Platz 2 schon mit deutlichem Rückstand und einer Netto-Reichweite von 0,682 Millionen über die Ziellinie.

Im Februar hätte eine solche Reichweite nur für Rang 14 gereicht - was vor allem zeigt, dass die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen im März augenscheinlich deutlich schwächer genutzt wurden als noch im Februar - das schönere Wetter lässt grüßen. "Der Bergdoktor", der im Februar mit einer Folge noch an der Millionen-Marke kratzte, lag bei der meistabgerufenen März-Folge nur noch bei einer Netto-Reichweite von 0,586 Millionen. Weil die großen Zugpferde der Privaten keinen solchen Abwärtstrend zeigten, spielen sie nun auch in den Mediatheken-Charts eine erheblich größere Rolle.

Mediatheken-Charts März 2022 / Gesamtpublikum

  Sender EA im TV Netto-Rw. (ab3)
Online in Mio.
Bis zum letzten Tropfen Das Erste 16.3. 0,882
Nächste Ausfahrt Glück ZDF 13.3. 0,682
Der Amsterdam-Krimi: Das Mädchen ohne Namen Das Erste 17.3. 0,659
Germany's Next Topmodel ProSieben 3.3. 0,650
Germany's Next Topmodel ProSieben 24.3. 0,649
Sarah Kohr - Geister der Vergangenheit ZDF 14.3. 0,635
Der Bozen-Krimi: Verspieltes Glück Das Erste 3.3. 0,632
heute-show ZDF 25.3. 0,622
Germany's Next Topmodel ProSieben 10.3. 0,614
heute-show ZDF 4.3. 0,609
Germany's Next Topmodel ProSieben 17.3. 0,606
Tatort: Propheteus Das Erste 6.3. 0,604
Germany's Next Topmodel ProSieben 31.3. 0,589
Der Bergdoktor ZDF 3.3. 0,586
Der Feind meines Feindes ZDF 7.3. 0,579
Der Bachelor RTL 16.3. 0,567
Der Bachelor RTL 2.3. 0,561
Blinded - Schatten der Vergangenheit (1) Arte 17.3. 0,556
heute-show ZDF 18.3. 0,545
Styx ARD 13.3. 0,543

Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK, DAP, Nielsen, ANKORDATA VIDEOSCOPE 1.4, 01.03.2022-31.03.2022, Marktstandard: Bewegtbild

"Germany's Next Topmodel" und "Der Bachelor" waren im Februar nur jeweils einmal in den senderübergreifenden Top20 vertreten, im März aber finden sich dort alle fünf "Topmodel"-Folgen mit einer Netto-Reichweite von bis zu 0,65 Millionen Menschen, etwas dahinter außerdem zwei "Bachelor"-Folgen von RTL mit bis zu 0,57 Millionen Personen Netto-Reichweite. Ansonsten sind es überwiegend die Krimis, die auch Linear Schwergewichte sind, die auch in den Mediatheken überzeugen.

Auffällig dabei noch: Mit "Blinded - Schatten der Vergangenheit" schaffte es auch eine Serie aus der Arte-Mediathek in die Top20 mit einer enormen Netto-Reichweite von 0,556 Millionen Menschen, die mal reingeschaltet haben. Hier wäre aber die Durchschnittsreichweite der Folge um so interessanter - denn allzu angetan waren die Zuschauerinnen und Zuschauer anscheinend nicht, kam Folge 2 doch schon nur noch auf eine Netto-Reichweite von 0,22 Millionen.

Knapp hinter der Top20 landete der NDR mit "Sportclub Story: Die Klitschkos – Ihr schwerster Kampf" und einer Netto-Reichweite von ebenfalls über einer halbe Million Menschen. Arte hatte die Doku "Selenskyj - Ein Präsident im Krieg" im Angebot und erzielte damit eine Netto-Reichweite von 0,204 Millionen. Einen Überraschungshit landete auch 3sat mit dem schon elf Jahre alten ZDF-Film "Männer ticken, Frauen anders". Der war am 17.3. nochmal im Nachmittagsprogramm zu sehen und erreichte in der Folge online eine Netto-Reichweite von mehr als 500.000 Personen.

Mediatheken-Charts März 2022 / 14- bis 49-Jährige

  Sender EA im TV Netto-Rw. (14-49)
Online in Mio.
Germany's Next Topmodel ProSieben 3.3. 0,491
Germany's Next Topmodel ProSieben 24.3. 0,472
Germany's Next Topmodel ProSieben 17.3. 0,452
heute-show ZDF 4.3. 0,445
Der Bachelor RTL 16.3. 0,438
Bis zum letzten Tropfen Das Erste 16.3. 0,435
Germany's Next Topmodel ProSieben 10.3. 0,434
Der Bachelor RTL 2.3. 0,427
Der Bachelor RTL 9.3. 0,418
Germany's Next Topmodel ProSieben 31.3. 0,414
heute-show ZDF 25.3. 0,408
Der Bachelor RTL 23.3. 0,405
Prominent getrennt RTL 15.3. 0,375
heute-show ZDF 11.3. 0,363
heute-show ZDF 18.3. 0,349
ZDF Magazin Royale ZDF 4.3. 0,327
Der Bachelor RTL 30.3. 0,319
Nächste Ausfahrt Glück ZDF 13.3. 0,307
Tatort: Propheteus ARD 6.3. 0,303
Sarah Kohr - Geister der Vergangenheit ZDF 14.3. 0,299

Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK, DAP, Nielsen, ANKORDATA VIDEOSCOPE 1.4, 01.02.2022-28.02.2022, Marktstandard: Bewegtbild

Bei RTL war neben "Der Bachelor" vor allem noch das im Linearen gefloppte Format "Prominent getrennt" online erstaunlich stark gefragt, bis zu 375.000 14- bis 49-Jährige wurden hier noch erreicht. Zur Erinnerung: Wegen mieser linearer Quoten lief die Sendung zuletzt nur noch im Nachtprogramm von RTL. Nicht ganz in die Top20 geschafft hat es "Love Island" von RTLzwei - doch auch hier liegen nun einige Daten der ersten Wochen der gerade zu Ende gegangenen Staffel vor. Und die zeigen in der Altersgruppe 14-49 eine Netto-Reichweite von bis zu einer viertel Million. Verglichen mit den inzwischen doch sehr übersichtlichen linearen Werten ist das schon eine ganze Menge.

Blickt man aufs Ranking der 14- bis 49-Jährigen, dann fährt "Germany's Next Topmodel" sogar einen dreifachen Sieg ein, auch alle "Bachelor"-Folgen sind darin vertreten. Es zeigt sich aber auch: Von den Privaten sind es nur ganz wenige Sendungen, die online funktionieren. Bei ProSieben etwa kommt nach "GNTM" lange lange nichts. Eine Show wie "The Masked Singer" funktioniert nur als Live-Event, die Online-Reichweite lag im besten Fall bei 0,144 Millionen 14- bis 49-Jährigen, auf den gleichen Wert brachte es die Serie "Grey's Anatomy".  Bei Sat.1 war der meistabgerufene Inhalt online "The Voice Kids". Mit im höchsten Fall 0,196 Millionen Netto-Reichweite (14-49) war die Top20 aber weit entfernt.

Die Nutzung von Streaming-Diensten am Smart-TV

In ihrem "Smart Meter"-Projekt misst die AGF schon seit längerem auch die Nutzung von Streaming-Diensten am Smart-TV - umfasst ist hier also nicht, wenn man die Streamingdienste am Tablet oder Computer nutzt, sondern tatsächlich nur am großen Fernseher. 3,663 Millionen Deutsche haben demnach an einem durchschnittlichen Tag am großen Fernseher Netflix genutzt (Tagesnettoreichweite), 2,067 Millionen Prime Video, 0,421 Millionen Disney+.

Disney war also weit abgeschlagen, konnte die Zahl im Vergleich zum Februar aber stabil halten, während Netflix und Prime Video deutlich verloren. Ähnlich wie bei den Streaming-Angeboten der TV-Sender lässt sich das maßgeblich aber wohl mit dem schönen Wetter begründen. Bemerkenswert auch: Wer Disney+ erstmal eingeschaltet hatte, ließ es auch deutlich länger laufen als noch im Februar: Die Verweildauer pro Tag schoss von 90 auf 105 Minuten nach oben, während sie bei Prime Video von 89 auf 83 Minuten zurückging. Netflix blieb mit 117 Minuten weit vorn.

Während sich die Verweildauer nur auf jene bezieht, die die Dienste nutzen, wird die durchschnittliche Sehdauer auf die gesamte Bevölkerung über 14 Jahren berechnet. Netflix lag hier pro Tag bei elf Minuten, Prime Video bei vier, Disney+ bei einer. Betrachtet man aber nur die 14- bis 49-Jährigen, dann kommt Netflix schon auf 14 Minuten - und wurde damit pro Tag im Schnitt eine Minute länger genutzt als die gesamte ZDF-Familie. Im Februar waren sie noch gleichauf. Die ARD-Familie lag mit 17 Minuten auch nicht weit entfernt, RTL Deutschland kam auf 32, ProSiebenSat.1 auf 27 Minuten.

Und was war bei Netflix am stärksten gefragt?

Echte Messdaten zur Nutzung der einzelnen Inhalte der Streamingdienste gibt's nur selten, Netflix veröffentlicht inzwischen immerhin wöchentlich eine Top 10 - allerdings wiederum in ganz eigener Metrik der gestreamten Minuten und inklusive dieser Angabe nur auf weltweiter Basis. Aus den vorliegenden Daten haben wir eine Hitliste für die neuesten vier Wochen errechnet (Zeitraum: 21.3. bis 17.4.). Die Datenquelle ist hier Netflix und nicht extern überprüfbar.

Die mit riesigem Abstand erfolgreichste neue Serie war hier in den letzten Wochen ganz klar "Bridgerton" mit fas 630 Millionen gestreamten Minuten der zweiten Staffel - und es lässt sich auch ablesen, dass zur Veröffentlichung der zweiten Staffel offenbar nochmal viele neu in die Serie eingestiegen sind, die sie bislang nicht gesehen hatten - denn auf Platz 2 findet sich direkt auch die erste Staffel der Serie mit 144 Millionen gestreamten Minuten. Weniger sagen dürfte vielen die drittplatzierte Serie: "Business Proposal" ist eine Serie aus Südkorea. Auf Platz 5 ist mit "The Ultimatum: Marry or Move on" ein Reality-Format.

  Gestreamte Minuten
Bridgerton (Staffel 2) 627.120.000
Bridgerton (Staffel 1) 144.360.000
Business Proposal (Staffel 1) 129.110.000
Elite (Staffel 5) 118.770.000
The Ultimatum: Marry or Move on 102.180.000

Quelle: Netflix; Auswertung: DWDL für Zeitraum 21.3. bis 17.4.